Abbröckelnder Außenputz ist optischer Mangel
Wenn ein Mangel den Geltungswert eines Mietobjekts beeinträchtigt, nicht aber seinen Funktionswert, streiten Vermietende und Mietende regelmäßig darüber, ob bei solchen rein optischen Mängeln überhaupt eine Minderung gerechtfertigt ist. In einem Urteil aus dem Jahr 2007 hat sich das Amtsgericht Köpenick mit folgender Frage beschäftigt: Ist großflächig abbröckelnder Außenputz ein optischer Mangel, welcher einen Anspruch auf Mängelbeseitigung und ein Recht zur Minderung begründet?
Der Ausgangsstreit – Mieter verlangen Mängelbeseitigung aufgrund von stark beschädigtem Außenputz
Die Parteien sind über einen Mietvertrag miteinander verbunden. Die Mieter beklagen, dass der Außenputz der Hausfassade sich in einem optisch nicht mehr ansprechenden Zustand befinde. Der Außenputz würde großflächig von der Fassade bröckeln. Es liege ein optischer Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB vor. Die Parteien sind sich einig darüber, dass sich der Putz zu Beginn des Mietverhältnisses noch in einem einwandfreien Zustand befunden hat, mittlerweile jedoch stark beschädigt ist. Die Vermieterin ist der Meinung, die Mieter müssten sich mit der von ihr bereits in Aussicht gestellten Sanierung, die auch den Außenputz beinhalte, begnügen. Nur der genaue Zeitpunkt sei noch nicht klar. Die Mieter klagen daraufhin auf Mängelbeseitigung.
Die Entscheidung – Abbröckelnder Außenputz beeinträchtigt den Geltungswert und ist ein optischer Mangel, der zur Minderung berechtigt
Das Amtsgericht verurteilt die Vermieterin zur Beseitigung des Mangels und gesteht den Mietern ein Recht auf Minderung zu. Gemäß § 535 Abs. 1 BGB ist die Vermieterin verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies beziehe sich auch auf gemeinschaftliche Hausteile wie Hauseingang oder Fassade, so das Amtsgericht. Während der Außenputz zu Beginn des Mietverhältnisses noch gepflegt war, würde er mittlerweile großflächig abfallen und sei erheblich beschädigt. Eine nicht unerhebliche Minderung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemäß § 536 Abs. 1 BGB liege vor.
Wertschätzung ist relevant für die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung
Hierfür sei nicht erheblich, ob der fehlende Putz auch zu einer mangelnden Isolierung gegen Kälte oder Feuchtigkeitsschäden führe. Das Amtsgericht betont, dass bei der Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit einer Wohnung auch die Wertschätzung eine wichtige Rolle spiele. Dies zeige schon der Berliner Mietspiegel, wo sowohl Wohnumfeld als auch Zustand des Gebäudes bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete einbezogen werden. Der Faktor der Wertschätzung schlägt sich damit direkt bei der vertraglichen Bestimmung der Miethöhe nieder. Gleiches gelte folglich auch für die Frage, ob der vertraglich vereinbarte Zustand vorliege, so das Amtsgericht. Selbst wenn der Funktionswert der Wohnung im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt ist, bestehe ein Recht zur Minderung schon allein deshalb, weil ein optischer Mangel vorliege, der die Wertschätzung verringere und damit den Geltungswert der Wohnung nicht unerheblich mindere.
Schließlich führt das Amtsgericht noch aus, dass es den Mietern auch nicht zuzumuten sei, sich darauf einzulassen, dass der Mangel „irgendwann“ beseitigt werden würde. Die Vermieterin habe den Zeitpunkt der angekündigten Sanierung auch in der Verhandlung nicht eingrenzen wollen. Der Anspruch der Mieter auf Mängelbeseitigung sei jedoch sofort fällig, da es den Mietern nicht zuzumuten sei, auf unbestimmte Zeit zu warten.
Praxistipp – Lassen Sie sich stets anwaltlich beraten, bevor sie die Miete mindern
Das Urteil zeigt, dass Mietende auch bei optischen Mängeln die Möglichkeit haben, die Miete zu mindern und die Beseitigung der Mängel zu fordern. Zu beachten ist aber, dass die Minderungsquote bei optischen Mängeln in der Regel eher gering ausfällt. Wenn Mietende diese zu hoch ansetzen, droht im schlimmsten Fall die Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Daher empfiehlt sich stets die Beratung durch einen Rechtsanwalt.
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- Einen Überblick über das Thema erhalten Sie in dem Beitrag Optische Mängel.
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