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Aufnahme von Flüchtlingen kein berechtigtes Interesse zur Untervermietung

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Endurteil // Amtsgericht München // 411 C 10539/22

Der Gesetzgeber hat in § 553 BGB Mietenden von Wohnraum ein sehr weitreichendes Recht zur Untervermietung eingeräumt. Zweck der Norm ist es, die Mobilität und Flexibilität von Mietenden zu erhöhen und ihnen die Wohnung zu erhalten. In einem vom Amtsgericht (AG) München zu entscheidenden Fall bestand die Frage, ob auch die Aufnahme von Flüchtlingen unter diese Norm fällt. Nach der Entscheidung des Amtsgerichts ist die Aufnahme von Flüchtlingen kein berechtigtes Interesse zur Untervermietung.

Der Ausgangsstreit – Vermieter lehnen Zustimmung zur Untervermietung an Flüchtlinge ab

Die Parteien sind über einen Mietvertrag vom 08.12.2021 miteinander verbunden. Der Mieter zog zusammen mit seinen beiden minderjährigen Kindern und einem Hund in das Haus ein.

Im März 2021 fragte der Mieter bei den Vermietern an, ob diese der Aufnahme von zwei Flüchtlingen mit Kind aus der Ukraine zustimmen. Dabei handele es sich um zwei junge Frauen. Die Vermieter stimmten der Aufnahme befristet bis zum 14.05.2022 zu. Im März 2022 zog dann eine 73-jährige Frau und ihre Enkelin, ebenfalls Flüchtlinge aus der Ukraine, in das angemietete Einfamilienhaus ein. Mit Schreiben vom 15.05.2022 forderte der Mieter die Vermieter auf, der Untervermietung des Dachgeschosses des Einfamilienhauses an die beiden Flüchtlinge zuzustimmen. Er erklärte, dass er aus humanitären Gründen und persönlichem berechtigten Interesse einen Anspruch auf eine solche Zustimmung habe. Die Vermieter lehnten die Aufnahme mit Schreiben vom 21.05.2022 ab und forderten den Mieter auf, dass die Flüchtlinge bis spätestens zum 16.08.2022 das Haus verlassen. In der Folge kam es noch zu einigem Schriftverkehr, ohne dass eine Einigung möglich war.

Schließlich reichte der Mieter Klage beim Amtsgericht ein, mit dem Antrag die Vermieter zu verurteilen, einer Überlassung des Gebrauchs an die beiden Flüchtlinge zuzustimmen.

Aufnahme von Flüchtlingen kein berechtigtes Interesse zur Untervermietung

Die Entscheidung – Ist die Aufnahme von Flüchtlingen kein berechtigtes Interesse zur Untervermietung?

Das Amtsgericht weist die Klage als unbegründet ab. Die Aufnahme von Flüchtlingen sei kein berechtigtes Interesse, das nach dem Abschluss des Mietvertrags entstanden ist und den Mieter zur Untervermietung berechtigt.

Nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter von dem Vermieter verlangen, dass dieser einer Untervermietung zustimmt, wenn ein berechtigtes Interesse zur Untervermietung nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist. Ein berechtigtes Interesse ist jedes, auch höchstpersönliches Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht.

Bei der Aufnahme eines Dritten könne ein solches berechtigtes Interesse dann bestehen, wenn der Mieter nach Auszug eines bisherigen Wohngenossen nicht mehr allein leben möchte. Oder aber, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten senken möchte. Der bloße Wunsch des Mieters zur Aufnahme eines Dritten sei dagegen nicht ausreichend, so das Amtsgericht. Im konkreten Fall sei, selbst nach der Begründung des Mieters, ein solches Interesse nicht nach Abschluss des Mietvertrages entstanden. Ebenso wenig haben sich seit den drei Monaten nach Mietbeginn die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers in einer solchen Art geändert, dass er ein solch berechtigtes Interesse an der Aufnahme habe.

Aufnahme von Flüchtlingen begründet kein berechtigtes Interesse zur Untervermietung, wenn es nicht um die privaten Umstände des Mieters geht

Ziel des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB sei es, dem Mieter die Wohnung als Lebensmittelpunkt zu erhalten, nachdem sich bestimmte private Umstände bei ihm nach Abschluss des Mietvertrags so geändert haben, dass der Erhalt der Wohnung gefährdet ist. Eine solche Änderung der persönlichen Umstände habe es aber nach Abschluss des Mietvertrags nicht gegeben. § 553 BGB habe nicht den Zweck, dem Mieter zu erlauben, Interessen anderer Personen wahrzunehmen. Im Übrigen hätte es auch vor Anmietung durch den Mieter schon Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Ländern gegeben.

Auch ein erlaubnisfreier Besuch sei hier nicht gegeben. Im Falle eines solchen erlaubnisfreien Besuchs wäre eine Klage schon nicht notwendig. Darüber hinaus sei Voraussetzung für einen solchen Besuch, dass der Mieter aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen aufgesucht wird und der Besuch sich in dessen Wohnung für eine vorübergehende Zeit aufhält, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Im vorliegenden Fall bestanden schon keine persönlichen Beziehungen. Der Aufenthalt ist auch nicht nur vorübergehend, sondern es wird ein unbefristeter Aufenthalt von dem Mieter gefordert. Letztlich erhält der Mieter von öffentlichen Stellen eine Vergütung für die Aufnahme.

Der Praxistipp – Mietende sollten genau auf ihre Formulierungen achten, wenn sie eine Zustimmung zur Untervermietung verlangen

Die Entscheidung des Amtsgerichts München zeigt, dass Mietende, die von Vermietenden eine Zustimmung zur Untervermietung verlangen, sehr genau auf die Formulierungen ihres Interesses achten müssen. In dem von dem Amtsgericht entschiedenen Fall war es aber angesichts der sehr kurzen Zeit zwischen Abschluss des Mietvertrags und der Aufnahme der Flüchtlinge kaum möglich zu argumentieren, dass dieses Interesse nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist.

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  1. Hier finden Sie weitere Beiträge zum Thema Untervermietung.
  2. Muss sich ein potenzieller Untermieter persönlich beim Vermieter vorstellen? Hierzu hat das Landgericht Berlin entschieden.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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