Skip to content

Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete

  • RA Daryai
  • Gewerberaummietrecht Urteile, Mieten Urteile
Urteil // Bundesgerichtshof // XII ZR 29/15

Moderne Gewerberaummietverträge sehen inzwischen häufig Einschränkungen des Rechts zur Minderung, Zurückbehaltung und Aufrechnung vor. In einem Urteil aus dem Jahr 2016 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu der folgenden Frage entschieden: Wann ist ein als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) vereinbartes Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete wirksam?

Der Ausgangsstreit – Gewerberaumietvertrag sieht Aufrechnungsverbot vor

Die Parteien sind über einen Gewerberaummietvertrag miteinander verbunden. Für den Monat August 2019 leistete die Mieterin an den Vermieter nur eine geminderte Miete. Sie machte gegenüber der Miete verschiedene Gegenrechte (Minderungen, streitige Rückzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen) geltend. In § 8 des formularmäßig abgeschlossenen Mietvertrags heißt es unter anderem:

Der Mieter kann gegen die Miete weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben oder die Miete mindern. Hiervon ausgenommen sind Forderungen des Mieters wegen Schadenersatz für Nichterfüllung oder Aufwendungsersatz infolge eines anfänglichen oder nachträglichen Mangels der Mietsache, den der Vermieter wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu vertreten hat, und andere Forderungen aus dem Mietverhältnis, soweit sie unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif sind.  

Die Aufrechnung oder die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist nur zulässig, wenn der Mieter seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat.

Das Amtsgericht hatte die Mieterin zur Zahlung verurteilt. Das Landgericht hatte die Berufung der Mieterin gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Beide Gerichte waren der Ansicht, dass die von der Mieterin vorgenommene Aufrechnung mit Gegenforderungen an § 8 des Mietvertrages scheitert.

Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete

Die Entscheidung – Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete grundsätzlich möglich, diese Klausel ist aber unwirksam

Der BGH hebt die Entscheidung des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurück an das Landgericht. Zwar ist ein Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete grundsätzlich möglich. Die konkrete Klausel benachteiligt die Mieterin aber unangemessen, so der BGH.

Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete sind nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich möglich

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, darf im Gewerberaummietrecht das Recht zur Minderung eingeschränkt werden. Dies folge aus einem Umkehrschluss zu § 536 Abs.4 BGB. Hier ist alleine geregelt, dass das Minderungsrecht in der Wohnraummiete nicht eingeschränkt werden darf. Das Gesetz schützt also ausdrücklich nur den Wohnraummieter. Dann sei aber auch die formularmäßige Einschränkung der Aufrechnung auf unbestrittene, rechtskräftig festgestellte oder entscheidungsreife Gegenforderungen in der Gewerbemiete möglich.

Die konkrete Klausel ist aber nicht wirksam

Im konkreten Fall sei aber die Klausel nicht wirksam. Die Ausgestaltung des Aufrechnungsverbots benachteilige den Mieter gemäß § 307 BGB unangemessen.

Nach der Klausel ist die Minderung der Miete ebenso wie die Aufrechnung und die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber der Miete ausgeschlossen. Ausgenommen hiervon sind Forderungen des Mieters wegen Schadenersatz für Nichterfüllung oder Aufwendungsersatz infolge eines anfänglichen oder nachträglichen Mangels der Mietsache, den der Vermieter wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Weiter ausgenommen sind nach dem Mietvertrag „andere Forderungen des Mieters aus dem Mietverhältnis“, soweit diese unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif sind.

Die Klausel verlangt also nicht nur, dass die Forderung unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif ist. Sie muss zusätzlich aus dem Mietverhältnis stammen. Also sind Forderungen, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, von dem Aufrechnungsverbot weiterhin umfasst sind. Selbst wenn diese zwischen den Parteien vollkommen unstreitig sind oder sogar gerichtlich festgestellt.

Nach § 309 Nr.3 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen. § 309 Nr.3 BGB ist im vorliegenden Fall zwar nicht unmittelbar anwendbar. Denn nach § 310 Abs. 1 BGB ist die Regelung auf Unternehmer nicht anwendbar. Nach dem BGH ist in § 309 Nr. 3 BGB das Benachteiligungsverbot des § 307 BGB konkret ausgestaltet. Der Ausschluss der Aufrechnung, selbst wenn die Forderung oder Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist, sei eine besonders schwerwiegende Verkürzung der Rechte des Vertragspartners. Eine solche Verkürzung könne man auch im Geschäftsverkehr nicht hingenommen.

Praxistipp – Wirksamkeit der Klausel zum Aufrechnungsverbot in der Gewerberaummiete prüfen lassen

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einschränkung des Rechts auf Minderung, Zurückbehaltung und Aufrechnung in einem Gewerberaummietvertrag grundsätzlich möglich. Moderne Mietverträge sehen diese Einschränkungen regelmäßig auch vor. Häufig lassen Vermieter auch nicht die Möglichkeit, über diesen Teil des Mietvertrages zu verhandeln. Mieter sollten in jedem Fall prüfen, ob sie einen Mietvertrag mit einer solchen Einschränkung abschließen wollen.

Nicht selten schießen Klauseln zum Aufrechnungsverbot aber über das Ziel hinaus. Sollte diese Frage streitig werden, lohnt es sich, die Wirksamkeit der Klausel zu prüfen.

– – –

  1. Gewerberaummietverträge sollte man vor Abschluss prüfen lassen. Weshalb, erkläre ich in dem Beitrag Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss.
  2. Tipps zur Umsetzung einer Mietminderung finden Sie in dem Beitrag Richtig die Miete mindern.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

head_nima
Back To Top
Daryai Kuo & Partner Rechtsanwälte hat 4,89 von 5 Sternen 506 Bewertungen auf ProvenExpert.com