Ausschluss des Konkurrenzschutzes bei Betriebspflicht?
Mit Urteil vom 26.02.2020 hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu der Frage Stellung genommen, ob es durch Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich ist, einen Ausschluss des Konkurrenzschutzes gleichzeitig bei Festlegung einer Betriebspflicht mit Sortimentsbindung zu vereinbaren. Der BGH entscheidet, dass es den Mieter unangemessen benachteiligt, gleichzeitig den Konkurrenzschutz auszuschließen und eine Betriebspflicht aufzuerlegen.
Der Ausgangsstreit – Mietvertrag über Ladenlokal in Einkaufszentrum
Die Parteien sind über einen Mietvertrag aus Januar 2009 miteinander verbunden. Der ursprüngliche Mietvertrag war über zehn Jahre abgeschlossen. Mietzweck war der Betrieb eines Ladenlokals in einem Einkaufszentrum zum Betrieb eines hochwertigen Fast Food Restaurants im Bereich Kartoffelspeisen. Die Vermieterin hatte in Ihrem Mietvertrag der Mieterin einerseits eine Betriebspflicht mit Sortimentsbindung auferlegt und andererseits einen Ausschluss des Konkurrenzschutzes vereinbart.
Ende 2014 erfolgte eine Kündigung aus wichtigem Grund. Die Parteien vereinbarten danach eine Fortsetzung beziehungsweise Neubegründung des Mietverhältnisses mit Nachtrag vom 29.10.2015. Zu diesem Zeitpunkt trat auch eine zweite Mieterin in den Mietvertrag ein.
Die Mieter kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 23.12.2016 zum 30.06.2017 ordentlich. Sie waren der Ansicht, dass die Schriftform des § 550 BGB nicht eingehalten sei. Am 15.05.2017 erklärten Sie eine weitere, diesmal fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Sie seien durch die Betriebspflicht mit Sortimentsbindung ohne Konkurrenzschutz unangemessen benachteiligt.
Mit der Klage verlangt die Vermieterin die Feststellung, dass der Mietvertrag ungekündigt fortbesteht. Das Landgericht hat der Klage der Vermieterin stattgegeben. Das Kammergericht hat die Berufung der Mieter zurückgewiesen.
Die Entscheidung – Kein Ausschluss des Konkurrenzschutzes bei Betriebspflicht
Auf die Berufung der Mieter hebt der BGH die Urteile des Kammergerichts sowie des Landgerichts Berlin auf. Das Mietverhältnis ist durch die Kündigungen der Mieter in jedem Fall beendet. Fraglich ist allein noch, welche der Kündigungen das Mietverhältnis beendet hat. Insbesondere entscheidet der BGH, dass ein formularmäßiger Ausschluss des Konkurrenzschutzes bei gleichzeitiger Festlegung einer Betriebspflicht mit Sortimentsbindung unwirksam ist. Dies gilt auch für Mieter eines Einkaufszentrums.
Kündigung wegen Verstoß gegen die Schriftform
Zunächst stellt der BGH fest, dass die ordentliche Kündigung der Mieter zum 30.06.2017 das Mietverhältnis beendet hat. Die Befristung des Mietverhältnisses war unwirksam, da der Mietvertrag und seine Nachträge das Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht mehr eingehalten hat. Der Nachtrag war für die Altmieterin durch einen von zwei Geschäftsführern unterschrieben worden. Im Rubrum waren aber zwei gesamtvertretungsberechtigte GmbH-Geschäftsführer angegeben. Im Unterschriftsfeld waren zwei Felder für die Unterschriften der Geschäftsführer der Altmieterin vorgesehen. Unterschrieben hatte dann aber nur einer der beiden Geschäftsführer. Auch wenn noch ein Firmenstempel angebracht war, war deshalb für einen zukünftigen Vermieter nicht nachvollziehbar, ob für die Mieterin ordnungsgemäß unterschrieben worden ist.
Keine Vereinbarung einer Betriebspflicht bei Ausschluss des Konkurrenzschutzes
Weiterhin sei es auch möglich, so der BGH, dass die Kündigung der Mieter vom 15.05.2017 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos beendet hat.
Die gleichzeitige Vereinbarung einer Betriebspflicht des Mieters mit einer Sortimentsbindung kombiniert mit einem Ausschluss des Konkurrenzschutzes sei als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, so der BGH.
Unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 BGB
Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach Abs. 2 ist eine solch unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Kann man einen Ausschluss des Konkurrenzschutzes vereinbaren, wenn gleichzeitig eine Betriebspflicht besteht?
Der BGH hat bereits entschieden, dass es sowohl möglich ist, eine Betriebspflicht zu vereinbaren, als auch den Konkurrenzschutz auszuschließen. Die Frage war, ob man beides zusammen vereinbaren kann. Dies verneint der BGH.
Zur Beantwortung dieser Frage sei wesentlich auf den Ausschluss des Konkurrenzschutzes abzustellen. Gemäß § 535 BGB gehört die ungestörte Gebrauchsüberlassung der Mietsache zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters. Diese Pflicht beinhaltet grundsätzlich auch einen vertragsimmanenten Konkurrenzschutz. Demnach ist der Vermieter grundsätzlich gehalten, in der näheren Nachbarschaft des Mieters keine Räume an Konkurrenten zu vermieten oder selber in Konkurrenz zum Mieter zu treten. Dabei muss der Vermieter den Mieter nicht vor jedem fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb schützen. Es ist nach den Umständen des Einzelfalls abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist.
Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch für Mietverträge von Einkaufszentren. Dabei wird man aber je nach Größe des Einkaufszentrums den Umfang des Konkurrenzschutzes abzustufen haben.
Besteht ein Konkurrenzschutz, verletzt der Vermieter seine vertraglichen Pflichten, wenn er trotzdem eine solche Konkurrenz zulässt. Daraus entstehen die üblichen Gewährleistungsansprüche und Rechte des Mieters. Er kann den Vermieter auf Verhinderung oder Beseitigung der Konkurrenzsituation verklagen, eine Mietminderung geltend machen oder einen Schadensersatz von dem Vermieter verlangen. Schließlich kann der Mangel, wenn er nicht behoben wird, einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen.
Anwendung auf den konkreten Sachverhalt
Im konkreten Fall führt deshalb der Ausschluss des Konkurrenzschutzes bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Betriebspflicht mit Sortimentsbindung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters. Beide Klauseln sind demzufolge unwirksam. Der Vermieter verschafft sich mit den Regelungen die Möglichkeit, Konkurrenzunternehmen mit gleichem oder ähnlichem Sortiment in unmittelbarer Nachbarschaft der Mieter anzusiedeln. Dadurch geraten der Umsatz und die Geschäftskalkulation des Mieters in Gefahr. Der Mieter hat durch die Betriebspflicht mit Sortimentsbindung dann aber nicht einmal die Möglichkeit, sich durch die Veränderung des eigenen Angebots an die entstandene Konkurrenzsituation anzupassen oder zumindest durch Verkürzung seiner Betriebszeiten seine Kosten zu reduzieren.
Entsprechend besteht die Möglichkeit, dass durch die Kündigung der Mieter das Mietverhältnis bereits zum 17.05.2017 beendet wurde. Hierzu müsse das Kammergericht aber zunächst noch prüfen, ob denn im konkreten Fall tatsächlich eine Konkurrenzsituation bestand.
Praxistipp – Gewerberaummietverträge vor Abschluss prüfen
Moderne Gewerberaummietverträge sind darauf ausgerichtet, die Rechte von Gewerberaummietern soweit als möglich einzuschränken und gleichzeitig die Pflichten der Vermieter so weit wie möglich zu vermindern. Dies kann zu sehr erheblichen Problemen führen, die für Nichtjuristen auf den ersten Blick nicht immer erkennbar sind. Aus diesem Grund rate ich dringend dazu, Mietverträge vor Abschluss zu prüfen. Siehe hierzu auch den Beitrag Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss.
Zu den großen Problemen der im Gewerberaummietrecht einzuhaltenden Schriftform bei längerfristigen Verträgen weise ich in dem Beitrag Die Schriftform im Miet- und Pachtrecht hin.
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Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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