Baulärm ist regelmäßig kein Mangel
In einem Urteil vom 14.06.2017 folgt die 65. Kammer des Landgerichts Berlin zur Frage der Berechtigung des Mieters zur Minderung der Miete bei Baulärm aus der Nachbarschaft ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach ist Baulärm in der Innenstadt regelmäßig kein Mangel. Der Mieter ist deshalb im Regelfall nicht zur Minderung der Miete berechtigt.
Der Ausgangsstreit – Mieter mindert, Vermieter kündigt
Die Parteien waren über einen Wohnraummietvertrag verbunden. Der Mieter minderte im Zeitraum von September 2015 bis September 2016 die Miete um bis zu 20 %, da vor dem Wohnhaus Straßenbauarbeiten durchgeführt wurden. Im Oktober 2016 leistete der Mieter, wohl aufgrund einer fahrlässigen fehlerhaften Überweisung seiner Großmutter, die Miete erheblich verspätet.
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich. Mit seiner Klage beantragt er, dass das Gericht feststellt, dass der Mieter die Wohnung nach Ablauf der Räumungsfrist zu räumen und herauszugeben hat. Die Klage wurde durch das Amtsgericht abgewiesen.
Die Entscheidung – Baulärm ist regelmäßig kein Mangel
Das Landgericht hebt die erstinstanzliche Entscheidung auf und verurteilt den Mieter zur Räumung. Dabei folgt die 65. Kammer der Rechtsprechung des BGH, dass Baulärm vom Nachbargrundstück regelmäßig kein Mangel der Mietsache ist.
Nach Ansicht des Landgerichts war der Mieter nicht zur Minderung der Miete berechtigt. Das Landgericht verweist auf die die Argumente des Bundesgerichtshofes in seiner Bolzplatzentscheidung (BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14). Eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien, die nach dieser Entscheidung regelmäßig notwendig ist, um ein Minderungsrecht wegen nachträglich entstandenem Umweltlärm zu bejahen, bestand nicht.
Im Folgenden beschäftigt sich das Landgerichtweiter mit der Frage, ob die Pflichtverletzung „Zahlungsverzug“ des Mieters die erforderliche Schwere hat, um ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu begründen (§ 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB). Das Landgericht bejaht diese Frage, da in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr wesentlich unvollständige Zahlungen geleistet wurden. Die Vermieterin hat der Mietminderung ausdrücklich widersprochen, so dass der Mieter wissen musste, dass mit der Minderung kein Einverständnis besteht.
Die Tatsache, dass zumindest in Berlin die Gerichte sehr unterschiedlicher Auffassungen zur Frage der Minderung wegen Bauarbeiten in der Nachbarschaft sind, soll den Mieter nicht privilegieren. Die 65. Kammer weist darauf hin, dass nach ihrer Ansicht die Kammern des Landgerichts, die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichen (s. das Urteil der 18. (64.) Kammer – LG Berlin, Urteil vom 07.06.2017 – 18 S 211/16 – und das Urteil der 67. Kammer – LG Berlin, Urteil vom 16.06.2016, 67 S 76/16), die Revision zum Bundesgerichtshof zulassen sollten. Insgesamt sei, so das Landgericht, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gegeben.
Praxistipp – In Berlin folgen nicht sämtliche Kammern des Landgerichts dem BGH
Als Vermieter sollte man also einer Mietminderung immer ausdrücklich widersprechen, da dies die Pflichtverletzung des Mieters verstärkt. Dies kann bei der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht, berücksichtigt werden.
Ansonsten kann ich mich nur wiederholen: als Mieter sollte man (zumindest erhebliche) Minderungen nicht sofort umsetzen, sondern die Miete in Höhe einer angemessenen Minderung unter dem Vorbehalt der Forderung leisten. Man kann dann die zu viel bezahlte Miete gegebenenfalls einklagen. Die geleistete Miete ist also nicht verloren und man vermeidet das Risiko, falls ein Gericht die eigene Rechtsansicht nicht teilt, die Wohnung räumen zu müssen.
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- In dem Beitrag Richtig mindern erkläre ich, was aus meiner Sicht als Fachanwalt für Mietrecht bei der Umsetzung einer Minderung beachtet werden sollte.
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.
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