Befristung bei Neugründung einer Tochtergesellschaft
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bei Neugründung einer Tochtergesellschaft möglich? Mit Urteil vom 12.06.2019 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über diese Frage entschieden. Das Bundesarbeitsgericht gelangt zu dem Ergebnis, dass eine solche Neugründung dann privilegiert ist, wenn die Tochtergesellschaft neue, bislang im Konzern nicht wahrgenommene wirtschaftliche Aktivitäten verfolgen soll.
Der Ausgangsstreit – Arbeitnehmerin verlangt Feststellung, dass die Befristung unwirksam ist
Die Parteien streiten über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung am 31.07.2015 geendet hat. Die Arbeitgeberin ist Teil einer Unternehmensgruppe. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 24.06.2011. Sie nahm ihre Geschäftstätigkeit am 01.09.2011 auf und zwar um in Bremen einen neuen Verkaufsstandort für den Handel mit Möbeln und Ähnlichem für die Unternehmensgruppe zu erschließen.
Die Klägerin war zunächst vom 26.03.2013 bis zum 31.03.2014 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde zweimal verlängert, zuletzt bis zum 31.07.2015.
Mit ihrer Klage verlangt die Arbeitnehmerin die Feststellung, dass die Befristung zum 31.07.2015 unwirksam ist. Das Arbeitsgericht hatte ihrer Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Arbeitgeberin das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung – Die Voraussetzungen einer wirksamen Befristung liegen hier bei Neugründung einer Tochtergesellschaft vor
Das BAG bestätigt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Die Voraussetzungen einer wirksamen Befristung bei Neugründung einer Tochtergesellschaft liegen hier vor.
Gesetzliche Ausgangslage
§ 14 Abs. 2a Satz 1 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne sachlichen Grund. Die Befristung ist innerhalb der ersten vier Jahre nach Gründung des Unternehmens möglich. Eine Befristung kann dann bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren auch mehrfach vereinbart werden. Der Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens bestimmt sich nach der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 AO der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist (§ 14 Abs. 2a Satz 3 TzBfG). Nach § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG ist eine solche Befristung aber dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine Neugründung im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen handelt.
Voraussetzungen einer wirksamen Befristung bei Neugründung einer Tochtergesellschaft
Das BAG stellt fest, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2a Satz 1 TzBfG grundsätzlich vorliegen. Fraglich war alleine, ob eine sachgrundlose Befristung aber an § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG scheitert.
Hierzu erklärt das BAG, dass Zweck der Regelung der Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung bei neugegründeten Unternehmen war, solchen Unternehmen in der schwierigen Aufbauphase die Entscheidung zur Einstellung zu erleichtern, da für Existenzgründer der wirtschaftliche Erfolg besonders ungewiss ist. Deshalb sei aber in § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG die Einschränkung für den Fall vorgesehen, dass es sich nicht um eine Neugründung, sondern um eine rechtliche Umstrukturierung von Unternehmen und Konzern handelt. § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG ist dabei § 112a Abs. 2 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nachgebildet. Zu § 112a Abs. 2 BetrVG hatte der Gesetzgeber in der Begründung des Gesetzesentwurfs eine Reihe von Beispielen für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen genannt. Hierzu gehören:
- Die Verschmelzung bestehender auf ein neu gegründetes Unternehmen,
- die Auflösung eines bestehenden Unternehmens unter Übertragung seines Vermögens auf ein neu gegründetes Unternehmen,
- die Aufspaltung eines Unternehmens auf mehrere neu gegründete Unternehmen und
- die Abspaltung von Teilen bestehender Unternehmen auf neu gegründete Tochtergesellschaften.
Um eine Neugründung im Sinne dieser Regelung handelt es sich daher nicht, wenn abgrenzbare unternehmerische Aktivitäten von einer rechtlichen Einheit auf eine andere verlagert werden. Wenn aber die Gründung einer Tochtergesellschaft ohne Änderung der rechtlichen Struktur schon bestehender Unternehmen erfolgt, um bislang im Konzern nicht wahrgenommene neue wirtschaftliche Aktivitäten zu verfolgen, handelt es sich dann eben doch um eine Neugründung im Sinne dieser Vorschriften.
Im konkreten Fall wirksame Befristung
Auf den Fall angewendet, kommt das Bundesarbeitsgericht dann zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Neugründung handelt. Die Arbeitgeberin hat unternehmerische Tätigkeiten wahrgenommen, die bislang von der Unternehmensgruppe nicht verfolgt wurden. Kein anderes Unternehmen der Gruppe hat in der Region einen Möbeleinzelhandel betrieben oder andere unternehmerische Aktivitäten entfaltet. Die Arbeitsplätze sind sämtlich neu entstanden. Da es sich um ein neues Unternehmen handelt, bestand eine Unsicherheit darüber, ob das unternehmerische neue Engagement erfolgreich sein wird.
Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil das wirtschaftliche Risiko der Tochtergesellschaft von der Unternehmensgruppe getragen wird.
Praxistipp – Schriftform wird häufig nicht eingehalten
Die Befristung eines Arbeitsvertrages kann an verschiedenen Problemen scheitern. Nicht selten ist die für die Befristung notwendige Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG nicht eingehalten.
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