Zahlungsverzugskündigung im Gewerberaum
In einer ausführlich begründeten Entscheidung vom 13.05.2015 hat der Bundesgerichtshof zu den Voraussetzungen einer Zahlungsverzugskündigung im Gewerberaum Stellung genommen.
Der Ausgangsstreit – Zahlungsverzugskündigung nach Mietminderung im Gewerberaum
Die Parteien waren seit April 2013 über einen Gewerberaummietvertrag verbunden. Die monatliche Miete betrug zuletzt 19.453,49 EUR.
Seit Juli 2011 minderten die Mieter die Miete wegen Mängeln. Mit Schreiben vom 22.01.2013 kündigte die Vermieterin die Mängelbeseitigung an. Die Mieter erklärten hieraufhin, dass sie die Arbeiten nur dulden würden, wenn vorab Umsatzausfälle, Gewinnverluste und Ähnliches geregelt seien. Die Vermieterin ließ die Mängel daraufhin nicht beseitigen.
Die Mieter zahlten ab März 2013 eine um 7.799,55 EUR geminderte Miete. Mit Schreiben vom 04.07.2013 erklärte die Vermieterin die fristlose Kündigung.
Die Entscheidung – Was gilt für die Zahlungsverzugskündigung im Gewerberaum?
Das Oberlandesgericht Hamburg hatte die Mieter zur Räumung verurteilt. Obwohl der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Wesentlichen bestätigte, hob es die Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das OLG zurück.
Keine Minderung bei unberechtigter Verweigerung der Mängelbeseitigung
Erste zentrale Aussage der Entscheidung des Bundesgerichtshof ist, dass die unberechtigte Verweigerung der Mängelbeseitigung dazu führt, dass der Mieter zur Minderung der Miete nicht berechtigt ist. Vielmehr ist er verpflichtet, die ungeminderte Miete zu entrichten.
Die Ankündigung der Mieter, eine Mängelbeseitigung von nicht bestehenden Forderungen abhängig zu machen, ist eine solche Verhinderung. Der Vermieter darf aber erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Mängelbeseitigung ohne das hindernde Verhalten des Mieters nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich abgeschlossen worden wäre, die volle Miete verlangen.
Mieter durfte nicht die Umsatzeinbußen ersetzt verlangen
Die Mieter hatten insbesondere aus § 536a I Alt. 2 BGB keinen Anspruch auf Ersatz von Umsatzeinbußen. Nach dieser Vorschrift hat der Vermieter dann Schadensersatz zu leisten, wenn er einen Mangel zu vertreten hat.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs würde ein Vermieter, der Erhaltungsmaßnahmen durchführt, die Beeinträchtigung zwar veranlassen. Er handele aber vertragsgerecht, um seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nachzukommen und somit gerade nicht schuldhaft. Ein Schadensersatzanspruch des Mieters für Schäden, die aufgrund der Mängelbeseitigungsarbeiten entstehen, sei deshalb im Regelfall abzulehnen.
§ 555a II BGB schütze die Interessen des Mieters ausreichend. Der Vermieter hat die Erhaltungsmaßnahmen auch rechtzeitig anzukündigen. Im Gewerberaummietverhältnis soll er zusätzlich Rücksicht auf den Mieter nehmen und beispielsweise nicht dringliche Maßnahmen in zeitlicher Abstimmung mit dem Mieter durchführen. So müsse der Vermieter beispielsweise auf saisonale Besonderheiten achten.
Zahlungsverzugskündigung im Gewerberaum nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a Alt. 2 BGB
In dem zweiten Teil der Entscheidung nimmt der BGH dann zur außerordentlichen Kündigung gem. § 543 II 1 Nr. 3a Alt. 2 BGB Stellung. Dies ist ein Fall der Zahlungsverzugskündigung (hier im Gewerberaum). Zu dieser Vorschrift sei fraglich, was ein „nicht unerheblicher Teil der Miete“ ist. Zunächst ist eindeutig, dass der kündigungsrelevante Rückstand innerhalb von zwei aufeinander folgenden Terminen aufgelaufen sein muss. Nicht unerheblich sei der Teil der Miete im Regelfall dann, wenn sich der Mieter mit einer Monatsmiete und einem Cent im Rückstand befindet.
Im vorliegenden Fall betrug der innerhalb von zwei Terminen entstandene Rückstand mit der Miete zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung aber nur 80% einer Monatsmiete. Trotzdem sei es möglich, dass die Zahlungsverzugskündigung wirksam war, da es sich um eine Kündigung im Gewerberaum handele, so der BGH.
Im Gegensatz zum Wohnraummietrecht, wo sich zur notwendigen Höhe des Rückstands eine eindeutige Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB finde, sei es im Gewerberaummietrecht möglich, dass selbst ein geringerer Rückstand als nicht unerheblich anzusehen ist. Möchte der Vermieter bereits bei einem geringeren Rückstand die fristlose Kündigung erklären, müssten dann aber besondere Einzelfallumstände hinzutreten. Diese werden durch den BGH mit der Kreditwürdigkeit des Mieters, der besonderen finanziellen Situation des Vermieters und den Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstandes benannt. Ob solche besonderen Umstände hier vorliegen, solle das Oberlandesgericht noch prüfen.
Praxistipp – Minderung kann zu außerordentlich fristloser Zahlungsverzugskündigung führen
Es ist allgemein bekannt, dass der Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt ist, wenn sich der Mieter mit zumindest zwei Mieten im Verzug befindet (§ 543 II 1 Nr. 3 b) BGB). Recht unbekannt ist aber, dass nach Nr. 3 a) auch bei geringeren Rückständen, wenn sie innerhalb von zwei Terminen aufgelaufen sind, eine außerordentlich fristlose Kündigung möglich ist. Wird die Miete um mehr als 50 % gemindert, kann der zur fristlosen Kündigung berechtigende Rückstand also schon in zwei Monaten zustande kommen.
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- In dem Beitrag Richtig mindern gebe ich Tipps dazu, was aus meiner Sicht als Fachanwalt für Mietrecht bei der Umsetzung einer Minderung beachtet werden sollte.
- Hier finden Sie weitere Links zu dem Urteil.
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