Bundesverfassungsgericht bestätigt Mietpreisbremse
Sind die Regelungen zur Mietpreisbremse gemäß §§ 556d ff. BGB verfassungswidrig oder nicht? Mit Beschluss vom 18.07.2019 bestätigt das Bundesverfassungsgericht, dass die Mietpreisbremse verfassungskonform ist. Diese Besprechung soll einige Aspekte der Entscheidung wiedergeben, die auch für die Zukunft von Bedeutung sein können.
Der Ausgangsstreit – Drei Verfahren von Berliner Gerichten zur Mietpreisbremse
Ausgangsstreitigkeiten der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind drei Verfahren, die Berliner Gerichte beschäftigt haben. In sämtlichen Rechtsstreitigkeiten hatten Mieter die bei Mietbeginn vereinbarte Miete angegriffen und verlangt, dass die Gerichte die zulässige Miethöhe feststellen.
In zwei der Verfahren hat die 67. Kammer des Landgerichts Berlin als Berufungsgericht den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Kammer des Landgerichts war der Auffassung, dass die Regelungen zur Mietpreisbremse verfassungswidrig sind. Sie sah sich deshalb außerstande, das Verfahren fortzuführen und zu entscheiden.
Außerdem hat eine Berliner Vermieterin Verfassungsbeschwerde eingelegt, nachdem das Amtsgericht Charlottenburg und die 64. Kammer des Landgerichts Berlin die bei Mietbeginn vereinbarte Miete für teilweise nicht zulässig erklärt hat.
Die Entscheidung – Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Wirksamkeit der Mietpreisbremse
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Wirksamkeit der Mietpreisbremse. Die Regelungen zur Mietpreisbremse verstoßen nicht gegen das Grundgesetz.
Vorlagen der 67. Kammer des Landgerichts Berlin
Die Vorlagen der 67. Kammer des Landgerichts Berlin werden durch das Bundesverfassungsgericht verworfen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts sind die Vorlagen unzulässig, da das vorlegende Gericht diese nicht hinreichend begründet hat.
Verfassungsbeschwerde
Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde der Berliner Vermieterin führt das Bundesverfassungsgericht aber eine umfassende Prüfung der Regelungen zur Mietpreisbremse durch und bestätigt, dass diese verfassungskonform ist.
Zwar ist das Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG erklärt aber auch, dass Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden. Ein Eingriff in das Eigentum ist daher möglich, wenn dieser Eingriff im öffentlichen Interesse liegt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. „Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die Freiheitssphäre des Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.“ Diesen Anforderungen werden die Regelungen zur Mietpreisbremse nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts gerecht.
Ziel der Regelungen zur Mietpreisbremse ist es, durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken.
Erforderlichkeit der Mietpreisbremse
Die Regelungen der Mietpreisbremse sind erforderlich, um dieses angestrebte Ziel zu erreichen, so das Bundesverfassungsgericht.
Die Gegner der Mietpreisbremse hatten argumentiert, dass dem Gesetzgeber eine Reihe von anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, um eine Verdrängung von einkommensschwachen Mietern aus bestimmten Stadtteilen zu verhindern. Als Beispiele wurden die Förderung des Wohnungsbaus oder die Erhöhung des Wohngeldes genannt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Erforderlichkeit aber erst dann zu verneinen, wenn ein sachlich gleichwertiges, zweifelsfrei gleich wirksames, die Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht, um den mit dem Gesetz verfolgten Zweck zu erreichen. Die von den Gegnern der Mietpreisbremse genannten Mittel sind aber nicht offenkundig milder und nicht zweifelsfrei – auch kurzfristig – vergleichbar wirksam.
Zumutbarkeit der Mietpreisbremse
Weiterhin bejaht das Bundesverfassungsgericht die Zumutbarkeit der Regelungen der Mietpreisbindung für Vermieter. Es weist aber darauf hin, dass eine Miethöhenregulierung, die auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zu einer Substanzgefährdung der Mietsache führt, wohl verfassungswidrig wäre. Diese Grenze werde durch die Mietpreisbremse aber noch nicht überschritten.
Darüber hinaus erklärt das Bundesverfassungsgericht, dass auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts Vermieterinnen und Vermieter mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen müssen. Sie können deshalb nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen. Ein Vertrauen, mit einer Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte zu erzielen, sei nicht durch die Eigentumsgarantie geschützt. Ein solches Interesse sei bereits nicht vom grundrechtlich geschützten Eigentum umfasst.
Praxistipp – Regelungen der Mietpreisbremse sind zu beachten
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war lange erwartet worden. Zunächst haben eine Reihe von Mietern – insbesondere im Gerichtsbezirk der 67. Kammer des Landgerichts Berlin – abgewartet, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Insofern herrscht jetzt Rechtssicherheit. Zumindest in Berlin sind die Regelungen der Mietpreisbremse zu beachten.
Außerdem beantwortet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Reihe von Fragen, die die Möglichkeit einer Regulierung der Mieten durch den Berliner Gesetzgeber (sogenannter Mietendeckel) beeinflussen.
Für die Zukunft kann man der Entscheidung des Bundesfassungsgerichts entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Regulierung des Mietmarktes einen weiten Ermessensspielraum hat. Er muss sich nur in engen Grenzen darauf verweisen lassen, dass ihm andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Versorgung der Wohnbevölkerung und insbesondere von einkommensschwachen Bevölkerungsteilen mit Wohnraum zu gewährleisten. Da das Mietrecht einen besonderen Sozialbezug aufweist, sollen Vermieter auch im Hinblick auf spätere Regelungen nur begrenzt schutzwürdig sein. Die Grenze, die das Bundesverfassungsgericht vorgibt, ist die Gefahr von dauerhaften Verlusten oder einer Substanzgefährdung. Diese Grundsätze lassen zunächst einige Gestaltungsmöglichkeit bei der Einführung eines Mietendeckels.
Für die Frage, ob durch den Berliner Gesetzgeber ein Mietendeckel erlassen werden kann, ist aber noch eine weitere, hochstrittige verfassungsrechtliche Frage zu beantworten. Bislang ist noch nicht geklärt, ob das Grundgesetz dem Berliner Gesetzgeber die Kompetenz einräumt, Regelungen zur Regulierung der Miethöhe einzuführen.
– – –
- Aktuelle Informationen zum geplanten Mietendeckel finden Sie auch auf unserem Mietendeckel Blog.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.
Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.