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Ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarf

Die Kündigung wegen Eigenbedarf hat in den letzten Jahren insbesondere in Gebieten, in denen die Situation auf dem Wohnungsmarkt angespannt ist, enorme Bedeutung erlangt. Grundsätzlich ist bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf Folgendes zu beachten:

Was sind die Voraussetzungen einer Kündigung wegen Eigenbedarf?

Nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Vermieter einer Wohnung zur Kündigung berechtigt, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Im Anschluss erklärt § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB:

„Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn  

2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“

Die Voraussetzungen einer Kündigung wegen Eigenbedarfs sind daher:

  1. Der Vermieter
  2. benötigt (daher Interesse an der Wohnung)
  3. die Wohnung
  4. für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige.

Die Kündigung wegen Eigenbedarf muss also durch den Vermieter erfolgen. In der Kündigung sind zumindest die Person anzugeben, für die die Wohnung benötigt wird, und das Interesse darzulegen, dass diese Person an der Erlangung der Wohnung hat (BGH, Urteil vom 17. März 2010 – VIII ZR 70/09), denn im Wohnraummietrecht muss der Vermieter die Kündigung begründen (§ 573 Abs. 3 S. 1 BGB). Außerdem ist Voraussetzung, dass die Kündigung schriftlich erfolgen muss (§ 568 Abs. 1 BGB). Die Vermieter müssen also entweder alle die Kündigung unterschreiben oder aber der Kündigung ist eine schriftliche Vollmacht desjenigen beigefügt, der sich vertreten lässt.


Beiträge zum Thema Kündigung wegen Eigenbedarf

Kündigung wegen Eigenbedarf als Vermieter – Mit diesem Beitrag soll Vermietern Praxistipps zur Kündigung wegen Eigenbedarf gegeben werden.

Die Schriftform im Miet- und Pachtrecht – Ist in einem Wohnraummietvertrag der Ausschluss des Rechts zur Kündigung wegen Eigenbedarf vereinbart, muss man die Schriftform des § 550 BGB beachten. Was unter der Schriftform zu verstehen ist, ist Thema dieses Beitrags.


Welche Fristen sind bei der Kündigung wegen Eigenbedarf zu beachten?

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf sind vor allem zwei Fristen von Interesse.

Nach § 573c Abs. 1 BGB gelten für Vermieter nach der Mietdauer gestaffelte Kündigungsfristen. Hierbei handelt es sich um gesetzliche Fristen, von denen man zu Ungunsten des Mieters nicht im Vertrag abweichen darf (§ 573c Abs. 4 BGB). Zugunsten des Mieters ist eine vertragliche Abweichung natürlich möglich. Gerade in älteren Mietverträgen sind solche Abweichungen vorgesehen. Hier sollte man vor der Erklärung der Kündigung genau prüfen, innerhalb welcher Frist man kündigen darf. Ist in dem Mietvertrag der beidseitige Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum vereinbart, darf der Vermieter innerhalb dieses Zeitraums natürlich auch nicht eine Kündigung wegen Eigenbedarf erklären.

Eine weitere bedeutsame Frist ist in § 577a BGB geregelt. Wenn nach Abschluss des Mietvertrages das Haus, in dem die Wohnung liegt, zu Wohnungseigentum umgewandelt wird, besteht zu Gunsten des Mieters ein langjähriger Ausschluss des Rechts zur Kündigung. Diese Einschränkung hat der Gesetzgeber vorgesehen, da sich durch eine Umwandlung zu Wohnungseigentum die Gefahr einer Kündigung für den Mieter erheblich erhöht. Nach § 577a Abs. 1 BGB darf der Vermieter eine Kündigung wegen Eigenbedarf dann erst drei Jahre nach der erstmaligen Veräußerung der Wohnung erklären.

Nach § 577a Abs. 2 BGB kann der Landesgesetzgeber diese Frist auf bis zu zehn Jahre erhöhen. Von dieser Möglichkeit hat das Land Berlin mit der „Verordnung im Sinne des § 577a Absatz 2 BGB über den verlängerten Kündigungsschutz bei Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung (Kündigungsschutzklausel-Verordnung) vom 13. August 2013“ Gebrauch gemacht. In Berlin beträgt die Frist, innerhalb der eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach Umwandlung in Wohnungseigentum ausgeschlossen ist, daher zehn Jahre.

Wann ist ein Härtewiderspruch des Mieters gegen die Kündigung wegen Eigenbedarf möglich?

Wenn die Kündigung für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist, kann der Mieter der Kündigung des Vermieters widersprechen (§ 574 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Mieter muss den Widerspruch schriftlich (§ 574b Abs. 1 S. 1 BGB) spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklären (§ 574b Abs. 2 S. 1 BGB). Ein späterer Widerspruch ist dann möglich, wenn der Vermieter nicht auf die Möglichkeit zum Widerspruch hingewiesen hat (§ 574b Abs. 2 S. BGB) oder aber der Grund für den Widerspruch erst später, aber noch vor Ende des Mietverhältnisses entstanden ist.

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kündigung wegen Eigenbedarf wirksam ist, zugunsten des Mieters aber Härtegründe bestehen, nimmt es eine Interessensabwägung vor („eine Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist“, § 574 Abs. 1 S. 1 BGB). Überwiegen dabei die Interessen des Mieters an der Fortsetzung, ist das Mietverhältnis so lange fortzusetzen, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (§ 574a Abs. 1 S. 1 BGB).

Wie hoch ist die Nutzungsentschädigung bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf?

Zieht der Mieter zum Ende der Kündigungsfrist nicht aus, ist er zur Zahlung von Nutzungsentschädigung verpflichtet. Die Nutzungsentschädigung fällt zumindest in Höhe der vereinbarten Miete an. Der Vermieter kann aber auch die ortsübliche Miete verlangen, falls diese über der vereinbarten Miete liegt (§ 546a Abs. 1 BGB). Die ortsübliche Miete bestimmt sich nach der Marktmiete (BGH, Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 17/16).

Theoretisch besteht für den Vermieter weiter die Möglichkeit einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen (§ 546a Abs. 2 BGB). Im Wohnraummietrecht schränkt § 571 BGB die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Schadens aber erheblich ein. Insbesondere kann von dem Mieter kein weiterer Schadensersatz verlangt werden, wenn dem Mieter durch das Gericht eine Räumungsfrist gewährt wird (§ 571 Abs. 2 BGB).

Kann der Mieter einen Schadensersatzanspruch bei vorgetäuschtem Eigenbedarf geltend machen?

Stellt sich heraus, dass der Vermieter den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat, kann der Mieter Schadensersatz von dem Vermieter geltend machen. Ist der Mieter aufgrund der Eigenbedarfskündigung bereits ausgezogen, kann ein solcher Schadensersatzanspruch verschiedene Positionen fassen, beispielsweise Umzugskosten, Renovierungskosten, Differenz zwischen alter und neuer Miete, Anschaffung neuer Möbel.

Wie hoch ist der Streitwert der Kündigung wegen Eigenbedarf?

Streiten die Parteien nur über die Wirksamkeit der Kündigung und daher den Anspruch des Vermieters auf Räumung der Wohnung, beträgt der Streitwert (im Regelfall) die Jahresnettokaltmiete, daher die 12-fache Monatsnettokaltmiete (§ 41 Abs. 1 S. 1 GKG).  Es bestehen aber Ausnahmen.

Zunächst einmal ist „das Entgelt“ für ein Jahr der Höchstbetrag. Sind die Parteien darüber einig, dass das Mietverhältnis vor einem Jahr endet, ist der Wert bis zu diesem Zeitpunkt entscheidend.

Beispiel: Der Vermieter verlangt die Räumung zum 30.06. eines Jahres. Der Mieter bestreitet nicht die Wirksamkeit der Kündigung an sich sondern alleine den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist. Nach seiner Ansicht beendet die Kündigung den Mietvertrag zum 30.09.. Streitwert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung ist das Entgelt für die drei Monate Juli bis September.

Das Entgelt berechnet sich im Regelfall nach der Nettokaltmiete, dies meint Fälle, in denen die Parteien Vorauszahlungen auf die Betriebskosten vereinbart haben. Wenn die Parteien eine Betriebskostenpauschale vereinbart haben oder wenn die Betriebskosten in der Miete enthalten sind (Bruttomiete oder Teilinklusivmiete), sind auch die Leistungen auf die Betriebskosten zu berücksichtigen (§ 41 Abs. 1 S. 2 GKG).

Außerdem kann sich der Streitwert dann noch erhöhen, wenn die Parteien nicht nur über die Räumung streiten. Bspw. kann der Vermieter auch den Antrag stellen, die Höhe der Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB gerichtlich feststellen zu lassen.

Beiträge und Urteile zum Thema Eigenbedarf

Alter alleine ist kein Härtegrund

  • 3. Februar 2021
  • RA Daryai
Urteil // Bundesgerichtshof // VIII ZR 68/19

Mit Urteil vom 03.02.2021 hebt der BGH die Entscheidung des Landgerichts Berlin auf und stellt fest, dass bei einer Eigenbedarfskündigung das Alter alleine kein Härtegrund ist.

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Kündigung wegen Eigenbedarf als Vermieter

  • 28. April 2019
  • RA Daryai
Beitrag

Als Fachanwalt für Mietrecht werde ich häufig damit beauftragt, Kündigungen wegen Eigenbedarf durchzusetzen oder aber diese abzuwehren. In Zeiten knappen Wohnraums sind solche Kündigungen hoch umstritten und schwieriger durchzusetzen, als häufig behauptet wird.

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Eigenbedarfskündigung von „alten“ Mietern

  • 12. März 2019
  • RA Daryai
Urteil // Landgericht Berlin // 67 S 345/18

In einem vielbeachteten Urteil vom 12.03.2019 hat die 67. Kammer des Landgerichts Berlin entschieden, dass ein hohes Lebensalter grundsätzlich einen Härtegrund darstellt, der einer Kündigung des Mietverhältnisses entgegensteht.

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Kündigung – muss ich als Mieter eine Wohnung suchen?

  • 17. Februar 2019
  • RA Kuo
Beschluss // Landgericht Berlin // 64 S 160/19

Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass es einem Mieter, der sich guten Glaubens und mit schlüssiger Begründung gegen einen Räumungsanspruch verteidigt, unzumutbar ist, sich noch vor einer Klärung seiner wesentlichen Einwände schon um Ersatzraum zu bemühen.

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„Für sich selbst“ ist kein Eigenbedarfsgrund

  • 2. Januar 2019
  • RA Daryai
Beschluss // Landgericht Hamburg // 316 S 87/18

Mit einem Beschluss vom 02.01.2019 hat das Landgericht Hamburg die Berufung eines Vermieters gegen ein Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen. Das Landgericht erklärt, dass die Begründung des Eigenbedarfs mit „für sich selbst“ Eigenbedarfsgrund nicht ausreichend ist.

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Hinreichende Begründung des Eigenbedarfs

  • 29. November 2018
  • RA Daryai
Urteil // Landgericht Frankfurt/Oder // 15 S 112/17

Das Landgericht Frankfurt/Oder hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein Eigenbedarf hinreichend begründet ist. Dabei muss der Eigenbedarf so begründet sein, dass der Mieter anhand der Begründung die Erfolgsaussichten der Kündigung überschlägig überprüfen kann.

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Eigenbedarfswunsch ist sorgfältig zu prüfen

  • 23. Oktober 2018
  • RA Daryai
Beschluss // Bundesgerichtshof // VIII ZR 61/18

Mit einer Entscheidung aus dem Oktober 2018 weist der Bundesgerichtshof (BGH) die Instanzgerichte zum wiederholten Male an, den behaupteten Eigenbedarfswunsch des Vermieters sorgfältig zu prüfen. In dem entschiedenen Fall hatte das Landgericht München aufgrund der Fallgestaltung Zweifel an dem Eigenbedarfswunsch.

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Verstoß gegen die Schriftform durch Mietanpassung

  • 11. April 2018
  • RA Daryai
Urteil // Bundesgerichtshof // XII ZR 43/17

Der Bundesgerichthof hat mit seinem Urteil vom 11.04.2018 erklärt, dass ein Schriftformverstoß vorliegt, wenn die Parteien eine Mietanpassung vereinbaren diese jedoch nicht im Nachtrag zum Mietvertrag geregelt wird. Bei der Miete handelt es sich um einen vertragswesentlichen Umstand, sodass jegliche Änderungen hierrüber dem Schriftformgebot unterliegen.

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Vortrag zum Härtefall bei Kündigung

  • 9. April 2018
  • RA Daryai
Urteil // Amtsgericht Berlin-Charlottenburg // 237 C 321/17

Wenn einem Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, werden durch Mieter inzwischen regelmäßig eine Vielzahl von Härtegründen geltend gemacht. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat in einem Urteil aus dem April 2018 zu einer Reihe solcher Härtegründe entschieden.

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Härtegrund „fehlender Ersatzwohnraum“ in Berlin

  • 25. Januar 2018
  • RA Daryai
Urteil // Landgericht Berlin // 67 S 272/17

In einer neueren Entscheidung der 67.Kammer des Landgerichts Berlin wird nochmals die Beweislastverteilung zwischen Mietern und Vermietern in einem solchen Verfahren dargelegt, um im Anschluss einige, jedenfalls für Berliner interessante Erwägungen zum Härtegrund „angemessener Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen“ zu formulieren.

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