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Wann ist Eigenbedarf für Vermieter vorhersehbar?

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Bundesgerichtshof // VIII ZR 154/14

Wenn der Vermieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs relativ kurze Zeit nach dem Abschluss des Mietvertrages ausspricht, besteht häufig die Frage, ob der Eigenbedarf für den Vermieter vorhersehbar war. Bei kurz nach Abschluss des Mietvertrages ausgesprochenen Eigenbedarfskündigungen wurde häufig vertreten, dass diese rechtsmissbräuchlich seien. In einem Urteil aus dem Jahr 2015 beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, wann ein Eigenbedarf für den Vermieter vorhersehbar und eine Kündigung deshalb rechtmissbräuchlich ist.

Der Ausgangsstreit – Vermieter kündigt wegen Eigenbedarf

Die Parteien des Rechtsstreits haben am 14.04.2011 einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen. Nicht einmal zwei Jahre späeter kündigte der Vermieter mit Schreiben vom 08.02.2013 das Mietverhältnis zum 31.05.2013. Als Begründung erklärte er, dass er Eigenbedarf für seines Tochter geltend macht. Diese hatte 2012 ihr Abitur abgelegt und kehrte nach einem Auslandsjahr nach Deutschland zurück.

Das Landgericht wies die Klage des Vermieters auf Räumung ab. Es war der Ansicht, dass die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sei. Dem Vermieter hätten bei Vertragsabschluss hinreichend konkrete Anhaltspunkte vorgelegen, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein würde. Er hätte den Mieter darauf hinweisen müssen, dass er eventuell demnächst Eigenbedarf geltend macht. Der Mieter durften mit Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages ein gewisses Vertrauen entwickeln, dass das Mietverhältnis für einige Zeit Bestand hat.

Wann ist Eigenbedarf für Vermieter vorhersehbar?

Die Entscheidung – Wann ist Eigenbedarf für den Vermieter vorhersehbar?

Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des Landgerichts auf. Wann ein Eigenbedarf für Vermieter vorhersehbar ist, sei nicht schematisch zu beantworten.

Allein der Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages sei noch nicht ausreichend, damit der Mieter darauf vertrauen könne, dass dieser nicht alsbald wegen Eigenbedarfs gekündigt werde. Nur aufgrund der kurzen Dauer zwischen Abschluss des Mietvertrages und Erklärung der Eigenbedarfskündigung ergibt sich noch nicht die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung. Vielmehr soll das Instanzgericht die Gesamtumstände würdigen. Es muss ermitteln, ob es auf äußere objektive Umstände zurückgreifen kann, die tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand des Vermieters bilden.

Praxistipp – Kündigung wegen Eigenbedarf kann ausgeschlossen sein, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist

Die Hürden für die Eigenbedarfskündigung sind äußerst niedrig. Es ist ausreichend, dass der Vermieter für die Kündigung vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat. Eine Kündigung kann aber ausgeschlossen sein, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist.

Die Instanzgerichte haben einen solchen Rechtsmissbrauch häufig angenommen, wenn der Vermieter die Eigenbedarfskündigung zeitnah zu dem Abschluss des Mietvertrages ausgesprochen hat. Dabei haben die Gerichte zum Teil ein Kündigung innerhalb der ersten fünf Jahre als zeitnah angesehen. Dies war nach Ansicht der Instanzgerichte ausreichend, um anzunehmen, dass der Vermieter die notwendige „Bedarfsvorschau“ nicht ausreichend sorgfältig durchgeführt hat.

Dieser Ansicht widerspricht nunmehr der Bundesgerichtshof. Zwar müsse man auch die zeitliche Nähe bei der Beantwortung der Frage berücksichtigen, ob objektive äußere Umstände vorliegen, die für die Kenntnis des Vermieters von einem baldigen Eigenbedarf sprechen. Spricht der Vermieter die Eigenbedarfskündigung unmittelbar nach Abschluss eines Mietvertrages aus, dürfte dies immer noch ausreichend sein, um eine Kenntnis des Vermieters vom baldigen Bedarf an der Wohnung anzunehmen. Je mehr Zeit zwischen Abschluss des Mietvertrages und Eigenbedarfskündigung liegt, um so wichtiger ist es, dass weitere objektive Umstände hinzutreten. Hier muss in Zukunft von Mieterseite umfangreich argumentiert werden.

Will man eine Eigenbedarfskündigung relativ bald nach Abschluss des Mietvertrages aussprechen, sollte man als Vermieter zur Bedarfsvorschau argumentieren können.

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  1. Was aus meiner Sicht als Rechtsanwalt für Mietrecht ein Vermieter im Falle einer Kündigung wegen Eigenbedarfs beachten sollte, erkläre ich in dem Beitrag Kündigung wegen Eigenbedarf als Vermieter.
  2. Hier finden Sie weitere Links zu dem Urteil.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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