Eine Nische ist keine Abstellkammer
Ein zwischen Mietern und Vermietern besonders umstrittenes Merkmal des Berliner Mietspiegels ist das wohnwerterhöhende Merkmal „Einbauschrank oder Abstellraum innerhalb der Wohnung“ in der Merkmalgruppe 3: Wohnung. Die 3. Abteilung des Amtsgerichts Lichtenberg meint, dass eine Nische keine Abstellkammer ist. Das wohnwerterhöhende Merkmal ist nicht erfüllt.
Der Ausgangsstreit – Parteien streiten über Zustimmung zu Mieterhöhung
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Mieter zur Zustimmung zu der von der Vermieterin verlangten Mieterhöhung. In der Wohnung ist eine Nische von etwa 1 m x 1 m vorhanden. Die Nische wurde durch die Mieterin mit einem Sichtschutz von dem Flur abgetrennt. Die Vermieterin ist der Ansicht, dass die Nische das wohnwerthöhende Merkmal „Einbauschrank oder Abstellraum innerhalb der Wohnung“ erfüllt.
Die Entscheidung – Eine Nische ist keine Abstellkammer
Das Amtsgericht gibt hier der Mieterin recht. Eine Nische erfülle nicht das wohnwerterhöhende Merkmal „Einbauschrank oder Abstellraum innerhalb der Wohnung“. Da der Sichtschutz von der Mieterin eingebracht wurde, muss das Amtsgericht nicht entschieden, ob zusätzlich zwingend eine Tür notwendig ist, damit das wohnwerterhöhende Merkmal erfüllt wird.
Da die Entscheidung nicht veröffentlicht ist, hier der wesentliche Teil der Entscheidung:
(…) denn das dritte herangezogene Merkmal „Einbauschrank oder Abstellraum innerhalb der Wohnung“ ist nicht gegeben. Unstreitig befindet sich im Flur der Wohnung eine Nische, welche von der Beklagten mit einem Sichtschutz versehen wurde. Da die Abtrennung nicht durch die Klägerin vorgenommen wurde, fehlt es an der erforderlichen Abgeschlossenheit der Nische, denn ein „Abstellraum“ muss, wie sich aus der Wortbedeutung von Raum ergibt, allseitig geschlossen sein, da es sich ansonsten nicht um einen separaten Raum handelt.
Praxistipp – Keine einheitliche Linie bei den Berliner Gerichten zum wohnwerterhöhenden Merkmal Abstellkammer
Zu der Frage, ob eine Nische das wohnwerterhöhende Merkmal erfüllt, vertreten die Berliner Amtsgerichten verschiedene Ansichten:
1. ja, immer / 2. nur wenn zumindest durch einen Sichtschutz abgetrennt / 3. nein, es ist eine Tür notwendig.
Solange die für das Mietrecht zuständigen Berufungskammern des Berliner Landgerichts hierzu noch nicht entschieden haben, ist es für Mieter und Vermieter nicht absehbar, ob sie in diesem Punkt von dem angerufenen Gericht Recht bekommen oder nicht.
Ich empfehle Mietern, dass sie, wenn sie der Mieterhöhung (teilweise) nicht zustimmen möchten, eine Liste der nach ihrer Ansicht zutreffenden wohnwerterhöhenden / wohnwertmindernden Merkmale zu erstellen. Diese Liste können sie der Verwalterin mit der Bitte um Stellungnahme übersenden. Aus der Antwort der Verwalterin kann man dann erkennen, ob man eventuell Merkmale übersehen hat. Zum Beispiel weiß nicht jeder Mieter, ob die Vermieterin in der Nähe Stellplätze vermietet. Man kann so einschätzen, ob sich der Versuch einer Einigung mit der Verwalterin lohnt, um einen eventuell unnötigen Prozess zu vermeiden.
– – –
- Anderer Ansicht ist beispielsweise die 17. Abteilung des Amtsgerichts Schöneberg – AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 13.04.2018 – 17 C 188/17
- Zur Online-Abfrage der Stadt Berlin zur Einordnung einer Wohnung in den Berliner Mietspiegel.
- Weitere Urteilsbesprechungen zu Merkmalen nach dem Berliner Mietspiegel und einen allgemeinen Überblick zu der Online-Abfrage finden Sie in meinem Beitrag:
Wie bestimme ich meine Miete nach dem Berliner Mietspiegel?
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.
Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.