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Fahrradabstellmöglichkeit erfordert separate Fläche

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Landgericht Berlin // 67 S 21/19

Die 67. Kammer des Landgerichts Berlin hat am 11.04.2019 zu einem Mieterhöhungsverlangen entschieden. Das Urteil ist vor allen Dingen deshalb in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, da die 67. Kammer ein von der ersten Instanz eingeholtes Sachverständigengutachten verwirft und stattdessen die ortsübliche Vergleichsmiete weiter nach dem Berliner Mietspiegel bestimmt. In dem Urteil erklärt das LG Berlin aber auch, dass eine Fahrradabstellmöglichkeit eine separate Fläche auf dem Grundstück erfordert, auf dem Fahrräder abgestellt werden können. Ansonsten ist das wohnwertmindernde Merkmal nach dem Berliner Mietspiegel erfüllt.

Der Ausgangsstreit – Mieterhöhungsverlangen durch Sachverständigengutachten bestätigt

Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag verbunden. Die Vermieterin verlangte von dem Mieter eine Mieterhöhung von monatlich 23,17 EUR. Sie begründete ihr Mieterhöhungsverlangen mit dem Berliner Mietspiegel.

Das Amtsgericht Spandau ließ zur Beantwortung der Frage der ortsüblichen Vergleichsmiete ein Sachverständigengutachten einholen. Dies bestätigte, dass die Vermieterin zur Erhöhung der Miete berechtigt war. Die Kosten für das Sachverständigengutachten betrugen 2.821,48 EUR.

Zwischen den Parteien war insbesondere das wohnwertmindernde Merkmal der Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld): „keine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück“ streitig.

Fahrradabstellmöglichkeit erfordert separate Fläche

Die Entscheidung – Wohnwertminderndes Merkmal „Fahrradabstellmöglichkeit“ erfordert separate Flächen

Die 67. Kammer hebt das erstinstanzliche Urteil auf und weist die Klage der Vermieterin ab. Die ortsübliche Vergleichsmiete sei hier nicht erreicht. Bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt das Landgericht nach seiner Ansicht, dass das wohnwertmindernde Merkmal „Fahrradabstellmöglichkeit“ separate für Fahrräder zugewiesene Flächen auf dem Grundstück erfordert.

Zunächst legt das Landgericht ausführlich dar, weshalb es sich nicht an das Sachverständigengutachten gebunden fühlt. Die Kammer folgt hier ihrer bekannten Rechtsprechung. Sie weist zum wiederholten Male darauf hin, dass ein Sachverständigengutachten zur Miethöhe bei weitem weniger Daten als der Berliner Mietspiegel berücksichtigt. Aus diesem Grund sei der Berliner Mietspiegel vorzugswürdig. Weiter verweist die 67. Kammer des Landgerichts auf die Unwirtschaftlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die hierdurch verursachten Kosten i.H.v. 2.821,48 EUR stünden in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu der geforderten Mieterhöhung.

Zu der Frage, ob das wohnwertmindernde Merkmal der Merkmalgruppe 5 „keine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück“ erfüllt sei, äußert sich das Landgericht wie folgt: Zunächst wirft es die Frage auf, ob eine Fahrradabstellmöglichkeit nicht sogar voraussetzt, dass man das Fahrrad innerhalb oder außerhalb des Gebäudes anschließen kann. Es muss diese Frage aber nicht beantworten. Nach Ansicht des Landgerichts ist es Mindestvoraussetzung für eine Fahrradabstellmöglichkeit, dass auf dem Grundstück separate Flächen zur Verfügung gestellt werden. In den Worten des Landgerichts:

„Eine „Fahrradabstellmöglichkeit“ erfordert zumindest den Ausweis einer nicht für den allgemeinen Verkehr eröffneten Fläche, auf der Fahrräder abgestellt werden können, ohne Mitmieter oder Dritte zu behindern oder die abgestellten Fahrräder der gesteigerten Gefahr auszusetzen, von anderen Nutzern der Abstellfläche oder angrenzender Flächen entfernt, umgestoßen oder beschädigt zu werden.“

Praxistipp – Merkmal Fahrradabstellmöglichkeit muss beachtet werden, da der Mietspiegel ausschlaggebend bleibt

Die Entscheidung gibt zur Frage der Anwendbarkeit des Berliner Mietspiegels die grundsätzliche Linie fast sämtlicher Berufungskammern für Wohnraummietrecht am Landgericht Berlin wieder. Alleine die 63. Kammer ist Anfang des Jahres von dieser Rechtsprechung abgewichen. Sie hat in einem Parallelverfahren zu einer Wohnung im selben Wohnhaus ein Sachverständigengutachten als Grundlage für die Entscheidung akzeptiert.

Die 63. Kammer ist derzeit Berufungskammer für Wohnraummietsachen für Entscheidungen der Amtsgerichte Köpenick, Schöneberg und Wedding. Mieter, deren Wohnungen in den Bezirken der übrigen Amtsgerichte liegen, können derzeit noch davon ausgehen, dass für Sie weiter der Mietspiegel ausschlaggehend bleibt.

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  1. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
  2. Zur Online-Abfrage der Stadt Berlin zur Einordnung einer Wohnung in den Berliner  Mietspiegel.
  3. Weitere Urteilsbesprechungen zu Merkmalen nach dem Berliner Mietspiegel und einen allgemeinen Überblick zu der Online-Abfrage finden Sie in meinem Beitrag: Wie bestimme ich meine Miete nach dem Berliner Mietspiegel?
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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