Zu wenig Fläche im Gewerberaummietvertrag
Mit Urteil vom 04.05.2005 hat der Bundesgerichtshof (BGH) der Klage eines Mieters von Gewerberäumen stattgegeben, der Schadensersatz wegen erheblicher Unterschreitung der Mietfläche für einen Laden geltend gemacht hat. Nach der Entscheidung kann auch im Gewerberaummietvertrag zu wenig Fläche, also eine Abweichung zwischen vertraglich vereinbarter und tatsächlich nutzbarer Fläche, einen Mangel der Mietsache darstellen.
Der Ausgangsstreit – Flächenabweichung zu vertraglich vereinbarter Fläche
Die Parteien waren über einen Mietvertrag für Ladenräume miteinander verbunden.
Die Mietparteien hatten vereinbart, dass der Vermieter diese Räume noch umbauen sollte. Außerdem war in dem Mietvertrag geregelt, dass die Verkaufsfläche ca. 100 m² beträgt. Die Nebenflächen im 1. Obergeschoss wurden mit ca. 20 m² vereinbart. Tatsächlich war aber die Fläche des Verkaufsraums ca. 10 % geringer und die der Nebenräume um ca. 50 % geringer als im Vertrag vereinbart.
Die Mieterin kündigte nach Fristsetzung den Mietvertrag fristlos. Sie fordert von dem Vermieter unter anderem Schadensersatz wegen entgangenem Gewinn, Maklerkosten und den Kosten des Einbaus einer Türanlage. Der Vermieter verlangt widerklagend Miete von der Mieterin.
Die Entscheidung – Schadensersatz wegen zu wenig Fläche im Gewerberaummietvertrag?
Der BGH gibt der Mieterin recht. Auch bei einem Gewerberaummietvertrag kann zu wenig Fläche einen Mangel der Mietsache darstellen.
Bereits in einem früheren Urteil (s. BGH, Urteil vom 24.03.2004 – VIII ZR 295/03) hatte der für das Wohnraummietrecht zuständige 8. Zivilsenat des BGH entschieden, dass bei einer mehr als zehnprozentigen Abweichung der vereinbarten von der tatsächlichen Mietfläche regelmäßig ein erheblicher Mangel der Mietsache vorliegt. Dieser Rechtsprechung hat sich nunmehr der für den Gewerberaum zuständige 12. Zivilsenat angeschlossen.
In seinem Urteil erklärt der 12. Senat, dass eine vertraglich vereinbarte Mietfläche eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Abweichungen von der tatsächlichen Mietfläche sind grundsätzlich ein Mangel der Mietsache. Aus diesem Mangel kann der Mieter aber nur dann Rechte herleiten, wenn er nicht nur unerheblich ist.
Entscheidende Rolle wirtschaftlicher Gesichtspunkte bei Bestimmung der Miethöhe im Gewerberaum
Das Landgericht, das die Klage des Mieters abgewiesen hat, hatte noch erklärt, dass der Mieter zur Darlegung der Erheblichkeit des Mangels eine Beeinträchtigung seines Geschäftsbetriebes nachweisen muss. Dem widerspricht der BGH. Bei einer mehr als zehnprozentigen Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Mietfläche besteht eine tatsächliche Vermutung für die Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit. Der Mieter müsse diese nicht noch gesondert nachweisen.
Der BGH begründet diese Ansicht damit, dass im Gewerberaum wirtschaftliche Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle spielen. Zur Wahrung seiner Konkurrenzfähigkeit würde der Gewerberaummieter besondere Aufmerksamkeit darauf legen, dass die von ihm geleistete Miete ortsüblich ist. Da sich die Miethöhe im Gewerberaum regelmäßig nach der Betriebsfläche richtet, käme einer erheblichen, mehr als zehnprozentigen Abweichung deshalb eine wesentliche Bedeutung zu.
Praxistipp – Fläche ausmessen kann sich lohnen
Schon die Entscheidung des BGH zeigt, dass es sich lohnen kann, die Mietfläche zu vermessen. Aber nicht nur bei so erheblichen, sondern auch bei geringen Abweichungen kann sich die Investition lohnen. Spätestens bei den umzulegenden Betriebskosten ist die tatsächliche Fläche maßgeblich. Dann sind auch kleinere Flächenabweichungen zu berücksichtigen.
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- Ob und wenn ja welche Ansprüche Mieter bei Flächenabweichungen haben, stelle ich in dem Beitrag Flächenabweichungen – Rechte und Ansprüche des Mieters dar.
- Weshalb Mieter und Vermieter Gewerberaummietverträge vor Abschluss prüfen lassen sollten, erkläre ich in dem Beitrag Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss.
- Hier finden Sie weitere Informationen zu der Entscheidung.
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