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Flächenabweichung im Mieterhöhungsverfahren

  • RA Kuo
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Bundesgerichtshof // VII ZR 255/17

Die Wohnfläche spielt im Mietrecht erstaunlicherweise eine immer noch untergeordnete Rolle.  Dies, obwohl der Bundesgerichtshof hier nun schon seit längerer Zeit die sogenannte 10% Grenze gekippt hat. Daraus können sich für den Mieter, wenn die tatsächliche Wohnfläche kleiner ist als die im Mietvertrag angegebene, positive Auswirkungen auf folgende Faktoren ergeben: auf die Höhe der Miete, auf die Höhe der Betriebskosten und deren Vorauszahlung; sowie auch auf die Kaution. Ich darf hierzu auf die Aufsätze des Kollegen Daryai verweisen, der zur Wohnflächenabweichung ja schon umfassende Beiträge geschrieben hat („Auch kleinere Flächenabweichungen sind bei Mieterhöhungen zu beachten“ und „Flächenabweichung – Rechte und Ansprüche des Mieters“).

Aber auch im Mieterhöhungsrecht stellt sich regelmäßig folgende Frage: Wie verhält es sich denn, wenn der Vermieter eine bestimmte Größe behauptet und der Mieter dagegen einwendet, die Wohnung sei tatsächlich kleiner? Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast bei Flächenabweichung im Mieterhöhungsverfahren und muss das Gericht sogar von Amts wegen tätig werden?

Der BGH hat sich jetzt in einem Urteil vom 27.02.2019 (AZ: VIII ZR 255/17) zu diesem Thema umfassend geäußert.

Der Ausgangsstreit

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in Mainz. Die Klägerin verlangte eine Mieterhöhung und zwar wurde vorgetragen, die Wohnung sei 92,54 m2 groß. Die Beklagte hingegen trug vor, die Wohnung sei nur 80,67 m2 groß.

Flächenabweichung im Mieterhöhungsverfahren

Die Entscheidung

Der Bundesgerichthof hat nunmehr Folgendes entschieden. Das Berufungsgericht habe zu Recht die Klägerin für die tatsächliche Wohnungsgröße als beweisbelastet angesehen. Denn nachdem die Beklagte die behauptete Wohnungsgröße unter Vorlage von Messergebnissen der einzelnen Räume und der sich daraus ergebenden Grundfläche von 80,674 m2 substantiiert gestritten hat, hätte es der Klägerin oblegen, Beweis für die Richtigkeit der von ihr behaupteten Größe der Wohnung anzutreten.

Abgesehen davon, dies ist auch sehr interessant, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Sachverständigengutachten ohne Antrag der Beweispflicht von Amts wegen einholt, auch wenn dies die Parteien nicht grundsätzlich von ihrer Darlegungsbeweislast befreit.

Es sei daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn das erkennende Gericht trotz entsprechenden Hinweises auf den Beweisantritt und Beweisantritt, kein Sachverständigengutachten einholt.

Praxistipp

Insofern sollte insbesondere vor Einleitung eines entsprechenden Mieterhöhungsverfahrens vor Gericht sachkundige Hilfe eingeholt werden, ob denn die bisher behaupteten Tatsachen auch entsprechend bewiesen werden können. Des Weiteren ist immer auch zu überlegen, ob man mit dem Mieter beziehungsweise dem Vermieter hier nicht eine gütliche Einigung erzielen kann. Meist geht es ja um eine Größenordnung zwischen 20-100 EUR im Monat. Dies ist sicherlich auf das Jahr und das Mietverhältnis gesehen viel Geld, dennoch ist es meistens sachdienlich, sich hier auf einen Teilbetrag zu einigen. Man befindet sich hier ja in einem laufenden Mietverhältnis und ich habe es schon des Öfteren erlebt, dass die Streitigkeit um einen letztlich im Verhältnis zu dem dann entstandenen Ärger geringen Betrages nur zu einer Eskalation des Mietverhältnisses führt.

Der Mieter fängt auf einmal an, zahlreiche Mängel in seiner Wohnung zu entdecken, der Vermieter schaut dann doch nochmal genau hin, ob der Besuch nicht doch ein Mitbewohner ist oder wie es mit der Tierhaltung aussieht etc. Auch über die Betriebskostenabrechnung kann man dann jedes Jahr streiten. Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen, aber gerade in einem laufenden Mietverhältnis ist es oft sinnvoll die Ansprüche möglicherweise etwas zu reduzieren und dafür dann ein ruhiges und laufendes Mietverhältnis zu haben. Ein Mieter, der pünktlich und vollständig seine Miete zahlt und sich auch ansonsten ordnungsgemäß verhält, ist auch sehr viel wert. Dies merkt man oft aber erst, wenn dies dann nicht mehr der Fall ist.

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Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.

Simon Guang-Ming Kuo

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Kuo berät Sie zu den Themen Wohnraummietrecht, Immobilienrecht und Wohnungseigentumsrecht.

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