Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug
In einem Urteil vom 03.12.2020 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zu der Frage entschieden, wann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung gemäß § 626 I BGB wegen Arbeitszeitbetrug erklären kann. Der Arbeitnehmer hatte versucht, sich damit zu rechtfertigen, dass er befürchtet habe, auch bei bloßem Zuspätkommen gekündigt zu werden.
Der Ausgangsstreit – Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug?
Der Arbeitnehmer ist 30 Jahre alt. Er war seit dem 29.06.2017 bei der Arbeitgeberin als Zerspanungsmechaniker / Betriebsmittelbauer beschäftigt. Bei der Arbeitgeberin sind 200 Beschäftigte tätig, ein Betriebsrat ist gewählt.
Der Arbeitnehmer war am 21.03.2019 zur Frühschicht eingeteilt. Diese beginnt um 6:00 Uhr. Er betrat erst um 6:40 Uhr das Betriebsgelände. In einem Formular zur Arbeitszeitkorrektur gab er an, von 6:00 Uhr bis 14:45 Uhr gearbeitet zu haben. Nachdem die Arbeitgeberin hiervon Kenntnis erlangte, mahnte sie den Arbeitnehmer ab.
Am 31.10.2019 und 04.11.2019 stellte der Arbeitnehmer erneut fehlerhafte Anträge auf Arbeitszeitkorrekturen. Er begründete diese mit „Karte vergessen“ bzw. „Stempelfehler“. Die Arbeitgeberin hörte den Arbeitnehmer am 11.11.2019 zu dem Vorwurf der fehlerhaften Korrekturanträge an. Am 12.11.2019 beantragte sie bei dem Betriebsrat die Zustimmung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung. Nachdem diese erfolgte, erklärte sie mit Schreiben 18.11.2019 die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Arbeitnehmer reichte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Aachen ein. Das Arbeitsgericht wies die Klage insgesamt ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass eine fehlerhafte Arbeitszeiteintragung nach vorheriger Abmahnung einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellt. Schwerpunkt des Vorwurfs sei, dass der Arbeitnehmer versucht habe, zu vertuschen, dass er zu spät gekommen sei. Aufgrund des geringen Lebensalters und der nur kurzen Betriebszugehörigkeit falle die Interessensabwägung angesichts des vertieften Vertrauensverstoßes zugunsten des Arbeitnehmers aus. Die Kündigung sei auch verhältnismäßig, da keine gleich geeignete und erforderliche Maßnahme ersichtlich sei.
Die Entscheidung – Wesentlich ist die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses
Die Entscheidung des LAG bestätigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug ist möglich.
Hierbei sei es auch unerheblich, dass die falsch aufgeschriebene Arbeitszeit nur wenige Minuten von der real geleisteten Arbeitszeit abweicht. Für die Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ist die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses wesentlich. Für die Arbeitgeberin sei die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses unzumutbar, wenn der Arbeitnehmer wegen eines gleich gelagerten Verschleierungsversuches bereits abgemahnt wurde.
Das Argument des Klägers, er habe sein verspätetes Erscheinen verschleiern müssen, da er bereits bei einer Verspätung mit einer Kündigung rechnen musste, kann sein Verhalten nicht rechtfertigen. Hierbei handle es sich um einen unzulässigen Zirkelschluss. Die Androhung einer Kündigung bei wiederholter Verspätung war rechtmäßig. Würde man der Argumentation des Arbeitnehmers folgen, könnte jede Abmahnung einer konkreten Pflichtverletzung den Versuch der Verschleierung der Wiederholung der Pflichtverletzung rechtfertigen.
Praxistipp – Kündigen Sie innerhalb angemessener Zeit nach Kenntnis von der Pflichtverletzung
Die Kündigung wegen Pflichtverletzung setzt voraus, dass innerhalb angemessener Zeit nach Kenntnis von der Pflichtverletzung gekündigt werden muss. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund muss gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie von der Pflichtverletzung Kenntnis erlangt haben erfolgen.
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