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Gefahr von Schimmel ist kein Mangel

  • RA Daryai
  • Gewerberaummietrecht Urteile, Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil/Kurzmitteilung // Bundesgerichtshof // VIII ZR 67/18

Stellt bereits die Gefahr einer Bildung von Schimmel einen Mangel dar? Mit Pressemitteilung vom 05.12.2018 teilt der Bundesgerichtshof mit, dass er zu dieser Frage entschieden hat. Zumindest für Gebäude, die vor dem Jahr 2003 errichtet (und nicht modernisiert) wurden, ist die Gefahr von Schimmel kein Mangel.

Der Ausgangsstreit – Nach Ansicht des Landgerichts Lübeck begründete bereits die Gefahr von Schimmel einen Mangel

Der Bundesgerichtshof hebt mit dieser Entscheidung eine Entscheidung des Landgerichts Lübeck auf. Nach der Entscheidung des Landgerichts begründete bereits die Gefahr einer Schimmelbildung einen Mangel der Mietsache.

Das Gebäude war in den 70er Jahren nach den seinerzeit geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben errichtet worden und wies eine Reihe von Wärmebrücken auf. Aufgrund dieser Wärmebrücken bestand eine stark erhöhte Gefahr der Schimmelbildung.

Das Landgericht hatte einen Mangel bejaht, da „ein Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ nicht eingehalten werde. Weiterhin vertrat das Landgericht die Ansicht, dass Mietern regelmäßig lediglich ein zweimaliges Stoßlüften von bis zu 10 min. pro Tag zumutbar sei.

Gefahr von Schimmel ist kein Mangel

Die Entscheidung – Bei älteren Gebäuden ist die bloße Gefahr von Schimmel kein von dem Vermieter zu behebender Mangel

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Vermieterin hin das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach der Entscheidung ist die Gefahr von Schimmel ist kein von dem Vermieter zu behebender Mangel.

Ein Mangel ist die nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vereinbarten Zustand. Haben die Parteien keine konkrete Vereinbarung getroffen, ist der Wohnstandard geschuldet, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Gibt es hierzu technische Normen, sind grundsätzlich – also mit Ausnahmen – die bei Errichtung des Gebäudes geltenden Maßstäbe anzulegen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist im Falle der Gefahr einer Schimmelbildung keine Ausnahme von diesen Grundsätzen notwendig. Da die Wohnung den Standards zum Zeitpunkt ihrer Errichtung entspricht, ist die bloße Gefahr einer Schimmelbildung kein Mangel.

Weiter lehnt der Bundesgerichtshof die Ansicht ab, nach der Mieter grundsätzlich alleine zweimal am Tag 10 min. lang Stoßlüften müssen. Der BGH meint, dass diese Verpflichtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ist. Anschließend erklärt er, dass täglich ein zweimaliges Stoßlüften von rund 15 min. beziehungsweise ein täglich dreimaliges Stoßlüften von 10 min. Mietern im Regelfall zumutbar sei.

Praxistipp – Gefahr der Schimmelbildung wird auf den Mieter abgewälzt

Natürlich muss man abwarten, bis die vollständig begründete Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliegt. Wichtig ist aber, dass es in der Entscheidung alleine darum geht, ob die „Gefahr“ einer Schimmelbildung einen Mangel darstellt oder nicht. Spätestens dann, wenn sich Feuchtigkeit oder Schimmel tatsächlich bildet, ist aber ein Mangel gegeben. Nach der Gefahrkreistheorie ist ein solcher Mangel durch den Vermieter zu beseitigen, wenn der Mieter nachweisen kann, dass er ausreichend geheizt und gelüftet hat. Dies gilt auch, wenn die Baustandards zum Zeitpunkt der Errichtung eingehalten wurden.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wälzt die Gefahr der Schimmelbildung in der Praxis auf den Mieter ab. Es sei denn, die Mieter sind bereit, immer wieder darauf zu warten, dass sich Schimmel bildet. Dies ist für eine Vielzahl von Mietern aber nicht praktikabel. Zum Teil müssen sie aus gesundheitlichen Gründen eine Schimmelbildung vermeiden. Sie haben wahrscheinlich auch wenig Freude daran, sich einmal jährlich mit dem Vermieter zu streiten und Handwerker zur Beseitigung des Schimmels in die Wohnung zu lassen. Aus diesem Grund werden sie ihr Wohnverhalten an die Gefahr der Schimmelbildung anpassen. Sie sind dann zum überobligatorischen Heizen und Lüften gezwungen, um nach Möglichkeit einer Schimmelbildung vorzubeugen.

Der Ausgangsentscheidung des Landgerichts ist zu entnehmen, dass in der Wohnung etwa im Jahr 1990 neue wärmedämmende Fenster eingebaut wurden. Da auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht die modernen Regelungen der DIN 4108-2 zur Vermeidung von Schimmelpilz im Neubau galten, wird diese Modernisierung keinen Einfluss auf die Entscheidung haben. Wurden die Fenster einer Wohnung erst ab 2003 modernisiert (oder die Fassade gedämmt), kann man sich als Mieter darauf berufen, dass durch die Modernisierung moderne Baustandards im Hinblick auf die Vermeidung von Schimmel einzuhalten sind.

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  1. In dem Beitrag Schimmel – Ansprüche und Rechte des Mieters erkläre ich, welche Möglichkeiten Sie bei Schimmel in einem Mietobjekt als Mieter haben.
  2. Weiterhin gebe ich in dem Beitrag Richtig mindern Tipps dazu, was aus meiner Sicht als Fachanwalt für Mietrecht bei der Umsetzung einer Minderung beachtet werden sollte.
  3. Hier finden Sie weitere Informationen zu der Entscheidung.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

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