Zu hohe Vorauszahlungen in Betriebskostenabrechnung
Mit Urteil vom 15.02.2013 hat das Landgericht Berlin zu der Frage entschieden, in welchem Umfang nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB eine Berichtigung der Betriebskostenabrechnung möglich ist. In dem Fall hatte die Vermieterin zu hohe Vorauszahlungen in die Betriebskostenabrechnung eingestellt. Das Landgericht erklärt, dass Vermietende die Abrechnung regelmäßig selbst dann nicht zu Lasten Mietender korrigieren dürfen, wenn sie offensichtlich nicht die tatsächlich gezahlten (Ist-), sondern die vertraglich vereinbarten (Soll-)Vorauszahlungen einstellen.
Der Ausgangsstreit – Vermieterin verlangt Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen
Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Der Mietvertrag sieht Vorauszahlungen auf die Betriebskosten vor, über die die Vermieterin jährlich abzurechnen hat.
Die Vermieterin verfolgt gegen den Mieter verschiedene Zahlungsansprüche aus dem Mietvertrag. Unter anderem verlangt sie Nachzahlungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2008 und 2009. Der Mieter hatte in diesem Zeitraum nicht die vollen Vorauszahlungen auf die Betriebskosten geleistet. Die Vermieterin hatte aber in den Betriebskostenabrechnungen statt der tatsächlich von dem Mieter geleisteten Vorauszahlungen die nach dem Mietvertrag geschuldeten Vorauszahlungen eingestellt.
Erst in der Berufung korrigierte die Vermieterin die Abrechnung auf die tatsächlich gezahlten Vorauszahlungen (Ist-Zahlungen). Hierdurch erhöhte sich nachträglich der von der Vermieterin geltend gemachte Nachzahlungsbetrag. Das Amtsgericht hatte die Klage der Vermieterin abgewiesen.
Die Entscheidung – Was gilt, wenn Vermietende zu hohe Vorauszahlungen in die Betriebskostenabrechnung einstellen?
Das Landgericht weist die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung der Vermieterin zurück. Die Vermieterin war nach Ablauf der Jahresfrist nicht berechtigt, zu hohe Vorauszahlungen in der Betriebskostenabrechnung nachträglich zu berichtigen.
Nach § 556 Abs. 3 S. 1 BGB muss der Vermieter über die Betriebskosten spätestens ein Jahr nach Ende des Abrechnungszeitraums abrechnen. Verpasst er diese Frist, ist der Vermieter nach Satz 3 der Vorschrift, mit weiteren Nachforderungen ausgeschlossen. Ausnahmsweise kann er die Abrechnung nach Ablauf der Jahresfrist korrigieren, wenn er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat. Ist die Jahresfrist abgelaufen, ist deshalb im Normalfall eine nachträgliche Verschlechterung zuungunsten des Mieters nicht mehr möglich.
Die nachträgliche Korrektur von fehlerhaft eingestellten Vorauszahlungen ist aber eine solche Verschlechterung nach Ablauf der Jahresfrist nicht mehr mögliche Verschlechterung, so das Landgericht.
Praxistipp – Prüfen Sie nach einer Minderung, ob diese in der Betriebskostenabrechnung berücksichtigt wurde
Gerade wenn Mietende während eines Jahres die Miete mindern, verrechnen Vermietende nicht selten die Zahlungen zunächst in voller Höhe auf die Betriebskosten. Der Rückstand soll dann vollständig dem Nettokaltmietanteil zugeschlagen werden. Das ist aber nicht korrekt. Wenn Mietende die Miete um 10 % mindern, möchten sie jeden Mietanteil um jeweils 10 % mindern. Haben Vermietende bereits über die Betriebskosten abgerechnet, scheitert dann eine Nachzahlungsklage auf die Betriebskosten an der Abrechnungsreife. Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung ist im Regelfall nicht möglich.
Mietende sollten, wenn sie die Miete im Abrechnungszeitraum gemindert hatten, immer die Betriebs- und Heizkostenabrechnung daraufhin prüfen, ob die Minderung in der Abrechnung berücksichtigt wurde. Dies geschieht nur in den seltensten Fällen.
– – –
- Umgekehrt müssen Mieter innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB einwenden, falls der Vermieter ihre Zahlung nicht in voller Höhe berücksichtigt hat (vgl. Landgericht München, Urteil vom 06.02.2016 – 31 S 1387/16).
- Zu dem Thema Betriebskostenabrechnung kann Ihnen auch der Beitrag des Kollegen Kuo helfen – Die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung – so geht´s!
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.
Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.