Indexmieterhöhung in der Gewerberaummiete
Aufgrund der geringen Inflation der letzten Jahre fristeten die Fragen zur Indexmieterhöhung in der Gewerberaummiete eher ein Nischendasein. Mit dem enormen Anstieg der Lebenshaltungskosten und der Kopplung der Mieterhöhung an den Verbraucherpreisindex bekommt die Überprüfung dieser Indexmietklauseln jetzt aber eine besondere Dringlichkeit.
Bislang besteht hier von Seiten der Vermietenden eine bloße Gewinnmitnahme. Denn die erhöhten Verbraucherpreise wirken sich noch nicht wesentlich auf die Bewirtschaftungskosten aus. So sind bislang die Zinsen noch nicht so wesentlich gestiegen. Für Mietende von Gewerbe besteht dagegen, neben gestiegenen Energiekosten und den Lohnforderungen der Arbeitnehmenden, weiterer Kostendruck.
Nun kann sich für Mietende aber eine Überprüfung ihrer Indexmietklauseln durchaus lohnen, da diese nicht zwangsläufig wirksam sein müssen. Zu beachten ist hier aber, dass dadurch, dass Indexmietklauseln in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten eben nicht im Fokus der Rechtsprechung standen, wesentliche Fragen noch „offen“ sind. Das heißt sie sind noch nicht durch obergerichtliche Rechtsprechung (insbesondere durch den BGH) beantwortet.
Eine Unwirksamkeit der Indexmietklausel kann sich aus zwei Gründen ergeben. Die Regelung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie den Mietenden unangemessen benachteiligt. Oder aber sie verstößt gegen das Preisklauselgesetz.
1. Unwirksamkeit aufgrund unangemessener Benachteiligung
Zunächst ist die Unwirksamkeit aufgrund unangemessener Benachteiligung möglich. Beispiele für eine solche unangemessene Benachteiligung sind die folgenden:
a. Mietvertrag sieht nur Steigerung vor
Unwirksam ist eine Indexmietklausel dann, wenn der Mietvertrag alleine vorsieht, dass die Miete steigt. Wenn also die Indexklausel nur eine Mieterhöhung ermöglichen soll, keine Mietreduzierung (beispielsweise bei Deflation). Die Benachteiligung liegt darin, dass Mietende bei sinkenden Preisen keine Entlastung erfahren.
b. Kombination mit einseitiger Marktmietklausel
Eine Marktmietklausel vereinbart, dass die Miethöhe in bestimmten Abständen auf ihre Marktgerechtigkeit überprüft wird. Grundsätzlich ist die Kombination einer solchen Klausel mit einer Indexmietklausel wirksam. Die Klauselkombination benachteiligt Mietende aber dann (wohl) unangemessen, wenn es sich um eine einseitige Marktmietklausel handelt. Einseitig ist die Marktmietklausel dann, wenn sie nur die Möglichkeit der Erhöhung vorsieht. Auch in diesem Fall ist das Ergebnis eine unangemessene Benachteiligung des Mieters.
c. Überproportionale Erhöhungen
Des Weiteren führen auch überproportionale Erhöhungen zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit der Klausel. Ein Beispiel hierfür: Die Klausel sieht vor, dass die Steigerung des Verbraucherpreisindexes in Punkten in gleicher Höhe als Steigerung in Prozent der Miete weitergegeben wird. Also der Verbraucherpreisindex steigt um 10 Punkte, die Indexmiete sieht eine Steigerung der Miete um 10 Prozent vor.
d. Kombination von Staffelmiete und Indexmiete, bei der die Staffelmiete nur das Mindestmaß festlegt
Eine sukzessive Kombination von Indexmiete mit Staffelmiete ist grundsätzlich zulässig, siehe hierzu ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts. Eine wirksame Kombination liegt vor, wenn sich an den Staffelzeitraum ein Zeitraum anschließt, in dem sich die dann geltende Staffelmiete nach dem Index erhöht oder verringert. Wenn hingegen die Staffelmiete nur das Mindestmaß der Steigerung festlegt, bei höherer Indexsteigerung aber die Indexierung gilt, liegt wieder eine unangemessene Benachteiligung vor.
2. Unwirksamkeit, weil Langfristigkeit nicht eingehalten
Allgemein gilt für die Wirksamkeit einer Indexmietklausel das Erfordernis der Langfristigkeit des Mietvertrages. Das heißt, Vermietende müssen mindestens für die Dauer von zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichten oder Mietende müssen das Recht haben, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu erhöhen. Andernfalls ist die Indexmietklausel nach § 8 Preisklauselgesetz (PreisKlG) unwirksam.
a. Ab wann muss man die zehn Jahre rechnen?
Diskutiert wird hier allerdings die Frage, ob das ab Vertragsschluss oder ab Mietvertragsbeginn gilt. Die Parteien eines Mietvertrages sollten diesen zur Sicherheit also so vereinbaren, dass er ab Vertragsbeginn für mindestens zehn Jahre läuft.
b. Einfluss von Vertragsänderungen auf die Wirksamkeit von Indexmietklauseln
Grundsätzlich gilt, dass Vertragsänderungen nicht zur Unwirksamkeit von Indexmietklauseln führen, wenn durch eine spätere Vereinbarung eine Vertragslaufzeit von weniger als zehn Jahren besteht. Das ist jedoch streitig. Die Anmietung größerer Flächen während der Mietzeit kann zur Unwirksamkeit führen, wenn im Anschluss die notwendigen zehn Jahre nicht mehr erreicht werden.
c. Sonderkündigungsrecht
Die Langfristigkeit ist auch nicht eingehalten, wenn ein Sonderkündigungsrecht zugunsten der Vermietenden besteht, womit diese zu bestimmten Terminen (vergleichbar mit einem ordentlichen Kündigungsrecht) kündigen können. Denn dann liegt es nicht mehr in der Entscheidung der Mietenden, ob die zehn Jahre zu erreichen sind oder nicht.
d. Gesetzliche Schriftform
Auch wenn der Mietvertrag gegen die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB verstößt, ist das Erfordernis der Langfristigkeit nicht erfüllt. In dem Fall gilt dieser als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Mietvertrag kann somit aber von beiden Seiten ordentlich mit Frist aus § 580a Abs. 2 BGB gekündigt werden. Die Einwendung der Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform kann man Mietenden nur dann anraten, wenn sie bereit sind, das Risiko der Beendigung des Mietvertrages einzugehen.
3. Folgen Verstoß
a. Bei individuell ausgehandelten Klauseln
Gemäß § 8 PreisKlG ist zur Unwirksamkeit einer Individualvereinbarung eine gerichtliche Feststellung notwendig. Was bis dahin gezahlt wurde, bleibt bei den Vermietenden und kann nicht von den Mietenden nachgefordert werden. Voraussetzung für eine solche gerichtliche Feststellung kann im Einzelfall sein, dass Mietende zunächst eine Einigung gesucht haben. Ansonsten besteht keine Veranlassung für eine Feststellungsklage (s. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.06.2010 – 2 W 35/10).
b. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Umstritten ist hingegen das Verhältnis von § 8 PreisKlG und § 307 Abs. 1 BGB bei Mietindexklauseln, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart sind. Dabei ist es zunächst wichtig zu wissen, dass dies der absolute Regelfall ist. Die Frage ist von größter Bedeutung, da unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen von Beginn an unwirksam sind. Mietende können dann nicht nur die Anpassung der Miete verweigern, sondern sogar zu viel geleistete Miete zurückverlangen. Dagegen sieht das Preisklauselgesetz als Rechtsfolge „nur“ vor, dass Mietende die Unwirksamkeit der Klausel durch ein Gericht feststellen lassen müssen und ab der Feststellung die erhöhte Miete nicht mehr geschuldet wird.
Es sind drei Konstellationen zu unterscheiden: (1.) die Klausel ist unwirksam, da sie den Mietenden unangemessen benachteiligt, (2.) die Klausel verstößt gegen § 8 PreisKlG oder (3.) sie ist unangemessen benachteiligend und verstößt gegen das Preisklauselgesetz. Für Mietende wichtig zu wissen ist derzeit alleine, dass für sämtliche Konstellationen die Rechtsfolge entweder „Unwirksamkeit von Beginn an“ oder „Unwirksamkeit nach gerichtlicher Feststellung“ umstritten ist. Das heißt für Mietende, dass sie so schnell wie möglich in Verhandlung mit den Vermietenden über eine Anpassung der Klausel treten sollten und im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen.
4. Beratung durch einen Rechtsanwalt
Da, wie geschildert, das gesamte Thema von der Rechtsprechung noch nicht umfassend beurteilt wurde und hier noch einiges offen ist, sollten sich Mietende wie Vermietende unbedingt rechtsanwaltlich über ihre Möglichkeiten beraten lassen. Des Weiteren ist Mietenden, wie dargelegt, dringend anzuraten, mit ihrem Fall dann auch möglichst schnell zu Gericht zu gehen, sollte sich die vereinbarte Indexmietklausel als möglicherweise unwirksam herausstellen.
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- In diesem Beitrag gebe ich Ihnen nützliche Tipps an die Hand, was Sie bei der Prüfung des Gewerbemietvertrages vor Abschluss beachten sollten.
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