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Kann man wirksam eine Reservierungsgebühr vereinbaren?

  • RA Daryai
  • Immobilien, Maklerrecht
Urteil // Bundesgerichtshof // III ZR 21/10

Mit Urteil vom 23.09.2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu der Frage entschieden, ob man wirksam eine Reservierungsgebühr vereinbaren kann oder nicht. Nach der Entscheidung ist die Vereinbarung einer solchen Gebühr jedenfalls als Nebenleistung zu einem Vertrag kaum noch möglich.

Der Ausgangsstreit – Kann man wirksam eine Reservierungsgebühr vereinbaren?

Die Kläger interessierten sich für den Kauf einer von der Beklagten errichteten Eigentumswohnung. Diese hatte die Beklagte im Namen und für Rechnung einer Aktiengesellschaft, für die die Beklagte als Baubetreuerin tätig war, errichtet. Am 08.07.2008 unterzeichneten die Parteien einen Auftrag zur Vorbereitung eines notariellen Kaufvertrages und Finanzierungsbearbeitung. In dem Auftrag war unter anderem Folgendes vereinbart:

Die Beklagte sollte die Beurkundung des Kaufvertrages vorbereiten. Sie sollte die Finanzierungsunterlagen der Kläger bearbeiten. Die Beklagte sollte darauf verzichten, die Wohnung anderweitig anzubieten. Hierfür sollten die Kläger insgesamt 1.500,00 € an die Beklagte leisten. Dabei war ausdrücklich vereinbart, dass ein Betrag von 750,00 € dafür zu zahlen ist, dass die Beklagte das Objekt nicht mehr anbietet.

Mit Schreiben vom 21.07.2008 teilten die Kläger mit, dass sie am Erwerb der Wohnung nicht mehr interessiert seien. Sie verlangten die von ihnen bereits geleisteten 1.500,00 € zurück. Die Beklagte erstattete 750,00 €. Die nicht erstatteten 750,00 € wollte sie ausdrücklich für die Reservierung des Objekts behalten.

Daraufhin erhoben die Kläger Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie die restlichen 750,00 € zu zahlen. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wies das Landgericht zurück.

Kann man wirksam eine Reservierungsgebühr vereinbaren?

Die Entscheidung – Man kann eine Reservierungsgebühr als Allgemeine Geschäftsbedingung kaum noch wirksam vereinbaren

Der BGH weist jetzt auch die Revision zurück. Die Reservierungsvereinbarung war als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht wirksam.

Die Vereinbarung eines Reservierungsentgelts verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie sei als Allgemeine Geschäftsbedingung deshalb nicht wirksam.

Eine Überprüfung nach den Regeln zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei hier möglich. Die Klausel unterliege gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle. Demnach sind nur Bestimmungen über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung einschließlich Vereinbarungen über das zu erbringende Entgelt, soweit sie dessen Höhe betreffen, von der Kontrolle ausgenommen. Hier war die Vereinbarung eines Reservierungsentgeltes aber nur Teil der Vermittlung eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung. Die Vermittlungsdienstleistung stelle die eigentliche Hauptleistung dar. Die Reservierungsvereinbarung sei hierzu eine bloße Nebenabrede.

Die Vereinbarung, dass die Beklagte mit Unterschrift einen Betrag in Höhe von 750,00 € für den Verzicht auf ein weiteres Anbieten des Kaufobjekts in jedem Fall in voller Höhe behalten darf, wenn es nicht zum Abschluss des Kaufvertrages kommt, benachteilige die Kläger unangemessen. Die Vereinbarung ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Hierbei komme es nicht darauf an, welche Rechtsnatur die Vereinbarung habe, also ob sie maklerrechtlicher Natur sei oder nicht. Sie ist in jedem Fall unwirksam.

Die Reservierungsgebühr stellt hier eine unangemessene Benachteiligung dar

Eine unangemessene Benachteiligung ist dann anzunehmen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht. Insbesondere also, wenn der Verwender die Belange des Vertragspartners nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Unangemessenheit liegt dann nicht vor, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist. Eine Verpflichtung zur Zahlung des Reservierungsentgeltes geht aber über die Bewahrung schutzwürdiger Interessen der Beklagten hinaus.

Mit der Klausel unternehme die Beklagte den Versuch, sich für den Fall des Scheiterns ihrer Vermittlungsbemühung eine erfolgsunabhängige Vergütung zu sichern. Dabei sei nicht gewährleistet, dass sich aus der Reservierungsvereinbarung für ihre Kunden nennenswerte Vorteile ergeben. Auch müsse sie keine geldwerte Gegenleistung erbringen.

Es sei nicht einmal gesichert, dass die eigentliche Verkäuferin ihre Verkaufsabsichten nicht aufgibt oder das Objekt an Dritte veräußert. Selbst in einem solchen Fall müssten die Kunden die Reservierungsgebühr leisten. Zusätzlich würden die Kunden durch die Zahlung des Entgelts in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Sie hätten, da sie ja ansonsten die Reservierungsgebühr umsonst gezahlt hätten, ein gesteigertes Interesse, den Kaufvertrag tatsächlich abzuschließen. Der von der Beklagten ausgesprochene Verzicht falle demgegenüber nicht großartig ins Gewicht. In dem hier zu beurteilenden Fall komme hinzu, dass die Reservierungsgebühr selbst dann anfällt, wenn die Beklagte das Scheitern des Kaufs zu verantworten hat. Da die Reservierungsvereinbarung schon gemäß § 307 BGB unwirksam ist, muss der Bundesgerichtshof die Frage, ob diese beurkundungsbedürftig nach § 311b Abs. 1 BGB ist, nicht beantworten.

Praxistipp – Vorsicht bei künstlichem Aufspalten des Reservierungsvertrages

Aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs verzichten viele Makler heutzutage darauf, eine Reservierungsgebühr zu vereinbaren. Teilweise wird aber versucht, durch ein künstliches Aufspalten des Reservierungsvertrages und des Vermittlungsvertrages zu einer Wirksamkeit der Reservierungsvereinbarung zu gelangen. Aus diesem Grund muss man, wenn man eine Reservierungsvereinbarung angreifen möchte, immer den gesamten Sachverhalt betrachten.

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  1. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
  2. Mit Urteil vom 08.11.2016 hat das Landgericht Berlin entschieden: Die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr ist unwirksam. Das Kammergericht hat die Entscheidung aber aufgehoben: Wirksame Vereinbarung einer Reservierungsgebühr.
  3. Wichtige Informationen zur Reform des Maklerrechts 2020 habe ich hier für Sie zusammengefasst.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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