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Kein Anspruch auf Mieterwechsel der WG

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Landgericht Berlin // 64 S 261/20

Wohngemeinschaften in Großstädten wechseln, jedenfalls als studentische Wohngemeinschaften, häufig ihre Mitglieder. Mietrechtlich stellt sich dabei das Problem, dass der Mietvertrag im Regelfall mit den Mitgliedern der WG zu Stande gekommen ist. Besteht daher ein Anspruch auf Mieterwechsel der WG? Eine Reihe von Gerichten haben den Mitgliedern einer WG zuerkannt, dass sie gegen den Vermieter einen Anspruch auf Wechsel der Mieter haben. Nunmehr hat die 64. Kammer des Landgerichts Berlin entschieden, dass kein Anspruch auf Mieterwechsel der WG bestehen soll.

Der Ausgangsstreit – Mieter verlangen Entlassung aus dem Mietvertrag und Eintritt der bisherigen Untermieter ins Mietverhältnis

Die Parteien sind über einen Mietvertrag aus August 2003 verbunden. Bei Beginn des Mietverhältnisses schlossen sechs Mieter den Mietvertrag ab. Zum 01.03.2017 schieden fünf der sechs Mieter aus dem Mietvertrag aus. Sie wurden durch neue Mieter ersetzt. Gleichzeitig ist noch ein siebtes WG-Mitglied in den Mietvertrag eingetreten.

Mit einem zweiten Mietvertragsnachtrag zum 01.06.2017 wurde einer der zum 01.03.2017 hinzugetretenen Mitmieter wieder aus dem Mietvertrag entlassen.

Inzwischen sind erneut vier der Mieter aus der Wohnung ausgezogen. Sie haben ihre Zimmer untervermietet. Die Mieter verlangen von der Vermieterin, dass diese die ausgezogenen Hauptmieter aus dem Mietvertrag entlässt. Gleichzeitig verlangen sie die Zustimmung der Vermieterin zu dem Eintritt der Untermieter in das Mietverhältnis.

Das Amtsgericht hatte der Klage der Mieter stattgegeben.

Kein Anspruch auf Mieterwechsel der WG

Die Entscheidung – Kein grundsätzlicher Anspruch auf Mieterwechsel der WG

Die 64. Kammer des Landgerichts Berlin erklärt, dass kein Anspruch auf Mieterwechsel der WG besteht. Aus diesem Grund hebt das Landgericht das erstinstanzliche Urteil auf, lässt aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Das Landgericht stellt zunächst fest, dass sich die Mieter einer WG als Innen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts (sogenannte GbR) organisieren. Zweck der GbR ist die gemeinsame Anmietung einer Wohnung. Nach einer verbreiteten Ansicht hat die WG dann einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zur Auswechslung einzelner WG-Mitglieder, wenn für den Vermieter bei Mietvertragsabschluss offensichtlich war, dass die Wohnung als Wohngemeinschaft genutzt wird und er davon ausgehen muss, dass es im Laufe der Mietzeit zu einer Fluktuation der WG-Mitglieder kommen werde. Dies sei für den Vermieter jedenfalls dann offensichtlich, wenn mehrere junge Studenten eine Wohnung als WG anmieten. Oder wenn die Anmietung durch Personen erfolgt, die offensichtlich weder verwandt noch als Lebenspartner verbunden sind.

Die Interessen der WG-Mitglieder sind dadurch gewahrt, dass sie freie Zimmer untervermieten können

Nach Ansicht der 64. Kammer des Landgerichts haben Mieter einer WG keinen grundsätzlichen Anspruch darauf, dass der Vermieter einem Mieterwechsel zustimmt. Dem stehen Gründe der Vertragsautonomie entgegen. Für den Vermieter besteht die Gefahr, dass eine einmal als WG-Wohnung vermietete Wohnung nicht mehr an ihn zurückfällt. Die WG-Mitglieder könnten den Mietvertrag an immer neue Generationen von WG-Bewohnern übertragen. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Mietverhältnis würde dieses nicht einmal durch Auszug oder Tod der Mieter enden. Die WG-Mitglieder könnten aber durch Untervermietung gemäß § 553 Abs. 1 BGB freie Zimmer neu vermieten. Damit wären ihre Interessen ausreichend gewahrt, so das Landgericht.

Auch eine langjährige Übung konnte das Gericht im zu entscheidenden Fall nicht sehen. Da mit dem Nachtrag zum 01.03.2017 auch eine Mieterhöhung verbunden war, könne man diesen Nachtrag nicht so auslegen, dass sich der Vermieter zur weiteren Aufnahme von WG-Mitgliedern in der Zukunft verpflichtet.

Praxistipp – Überlegen Sie sich als WG bereits bei Abschluss des Mietvertrages, was Sie bei Mieterwechseln tun wollen

Die Entscheidung verdeutlicht, dass sich die Mietvertragsparteien einer WG bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gedanken darüber machen sollten, wie man mit dem Austausch von Mitgliedern umgehen möchte. Dem Gericht ist sicherlich zuzustimmen, dass es Vermietern nicht zuzumuten ist, auf Ewigkeiten an eine Wohngemeinschaft gebunden zu sein. Auf der anderen Seite sind die Argumente, mit denen das Gericht die Interessen der WG-Mitglieder gewichtet, doch sehr realitätsfern.

Eine Reihe von Vermietern wird das Verlangen der WG-Mitglieder auf Zustimmung zum Mieterwechsel von Mieterhöhungen abhängig machen. Die Untermietlösung ist für die in dem Mietvertrag verbleibenden Hauptmieter mit erheblichen Risiken verbunden. Dies kann ich eigentlich keinem Mieter empfehlen, da er ohne Kontrolle über das Mietobjekt für sämtliche Forderungen haftet.

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  1. Weitere hilfreiche Beiträge für Wohngemeinschaften finden Sie hier.
  2. Hier finden Sie weitere Informationen zu der Entscheidung.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

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