Räumung durch einstweilige Verfügung in Gewerbemiete
Mit Beschluss vom 05.09.2013 wurde durch das Kammergericht entschieden, dass die Vorschrift zur Räumung von Wohnungen durch einstweilige Verfügung nach § 940a ZPO, die im Zuge der Mietrechtsreform in die ZPO eingearbeitet wurde, in der Gewerbemiete nicht anwendbar ist.
Mietrechtsreform 2013 / Einstweilige Verfügung nach § 940a ZPO
Mit der Mietrechtsreform im Jahr 2013 wurden in § 940 a ZPO zwei Möglichkeiten zur kurzfristigen Räumung durch einstweilige Verfügung in die Zivilprozessordnung eingefügt. Zum einen § 940a Abs. 2 ZPO zur Räumung eines Dritten, wenn der Vermieter erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung erfährt, dass dieser auch in der Wohnung wohnt. Zum anderen nach § 940a Abs. 3 ZPO, der auf die Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO Bezug nimmt.
§ 283a ZPO ist für den Fall geschaffen, dass der Mieter die Mietzahlungen vollständig einstellt. Wenn der Vermieter dann gleichzeitig auf Räumung und Zahlung klagt, kann er, wenn die Klage hohe Aussicht auf Erfolg hat und ein überwiegendes Interesse dargelegt werden kann, verlangen, dass der Mieter für die weiter fällig werdenden Mieten Sicherheit leistet. Kommt der Mieter dieser Anordnung des Gerichts nicht nach, kann der Vermieter dann durch einstweilige Verfügung die Räumung verlangen. Diese Vorschriften wurden zur Bekämpfung von Mietnomaden in die ZPO eingefügt.
Analoge Anwendung der Vorschriften im Gewerbe?
Derzeit ist noch umstritten, ob diese Vorschriften nur im Wohnraummietrecht oder auch in der Gewerberaummiete anwendbar sind. In der Praxis besteht aufgrund der recht langen Verfahrensdauern auch in Gewerberaummietsachen ein Bedürfnis, kurzfristig einen Räumungstitel durchzusetzen.
Das Kammergericht lehnt eine analoge Anwendung zumindest des Absatzes 2 aber ab. Eine Räumung durch einstweilige Verfügung ist damit in der Gewerbemiete nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Es begründet dies mit dem Wortlaut und der systematischen Stellung von § 940a ZPO. Dieser trägt die Überschrift „Räumung von Wohnraum“. In den Absätzen 1-3, in denen dann die Voraussetzungen dargelegt werden, die für eine einstweilige Räumung gegeben sein müssen, wird jeweils ausdrücklich von „Räumung von Wohnraum“ gesprochen. Deshalb sei Absatz 2 der Vorschrift, so das Kammergericht, nicht auf Gewerberaum anwendbar.
Anderer Ansicht ist beispielsweise das Landgericht Hamburg, das meint, wenn im Wohnraummietrecht mit seinem sozialen Schutzgedanken eine einstweilige Räumung möglich ist, muss dies im Gewerberaummietrecht erst recht möglich sein (LG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013 – 334 O 104/13).
Konsequenzen der Entscheidung des Kammergerichts
Dies ist für den Gewerberaumvermieter höchst unerfreulich. Der Zeitraum bis zur Räumung kann durch eine spät mitgeteilte „Untervermietung“ so sehr lange hinausgezögert werden. Darüber hinaus treffen die Argumente des Kammergerichts auch auf die einstweilige Räumung nach Absatz 3 zu. Voraussichtlich wird es in Berlin deshalb keine einstweilige Räumung geben, wenn der Mieter einer Anordnung des Gerichts, die Miete als Sicherheit zu leisten, nicht Folge leistet.
Update: Das Kammergericht hat inzwischen seine Rechtsansicht geändert (Kammergericht, Beschluss vom 09.05.2019 – 8 W 28/19).
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