Konkludente Vereinbarung der Wohnfläche
Mit Urteil vom 23.06.2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) über verschiedene Fragen im Zusammenhang mit Abweichungen der Wohnfläche entschieden. Insbesondere ist nach der Entscheidung auch eine konkludente Vereinbarung der Parteien der Wohnfläche möglich.
Der Ausgangsstreit – Vermieter behauptet konkludente Vereinbarung der Wohnfläche
Die Mieterin verlangt von dem Vermieter Rückzahlung überzahlter Miete wegen Wohnflächenunterschreitung. Außerdem soll das Gericht feststellen, dass sie auch in Zukunft nur eine geminderte Miete zahlen müsse. In dem Mietvertrag selber war keine Angabe zur Größe der Wohnung enthalten. Das Vertragsformular sah hierzu auch keine Angabe vor. In der Annonce des von dem Vermieter beauftragten Maklers hieß es aber, dass die Wohnung ca. 76 m² groß sei. Dann wurde der Mieterin vor Abschluss des Mietvertrages, wohl durch den Makler, noch eine Wohnflächenberechnung nach der 2. Berechnungsverordnung übersandt, die die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 m² auswies.
Das von dem Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten kam zu einer Größe der Wohnung von alleine 51,44 m². Bei der Berechnung der Größe ließ es nach § 34 Landesbauordnung das Kinderzimmer unberücksichtigt. Das Amtsgericht verurteilte den Vermieter entsprechend der Klage der Mieterin. Das Landgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage der Mieterin ab.
Die Entscheidung – Wohnfläche kann man auch konkludent vereinbaren
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts teilweise auf. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs liegt ein zur Minderung berechtigender Mangel der Mietsache vor. Die Parteien haben eine onkludente Vereinbarung der Wohnfläche getroffen, so der BGH.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt die Wohnflächenangabe in einem Mietvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Weicht die tatsächliche Fläche von dieser vereinbarten Fläche ab, ist dies ein Mangel der Mietsache, wenn die Unterschreitung mehr als 10% der vertraglich vereinbarten Fläche beträgt. Der Mieter ist dann zur Minderung der Miete berechtigt.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs soll im vorliegenden Fall, obwohl eine Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag nicht vorhanden war, eine konkludente Vereinbarung der Parteien zustande gekommen sein. Der Mieterin kam es nach eigenem Bekunden auf die Größe der Wohnfläche an. Das Mietvertragsformular sah eine Angabe der Wohnfläche nicht vor. Der BGH geht deshalb icht davon aus, dass die Wohnfläche von den Parteien absichtlich offengelassen wurde. Vielmehr haben die Parteien aufgrund der Angaben vor Abschluss des Mietvertrages im Inserat und durch die übersandte Grundrissskizze bereits vor Abschluss des Mietvertrages die Wohnfläche vereinbart. Dies sei eine konkludente Vereinbarung der Parteien zur Wohnfläche.
Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts ist aber nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs die Fläche des Kinderzimmers bei der Berechnung der Wohnfläche zu berücksichtigen. Die Flächenberechnung erfolgt nach der Wohnflächenverordnung. Die gesetzlichen Bestimmungen der landesrechtlichen Wohnbauverordnung fließen in die Berechnung der Wohnfläche nicht ein.
Die Hilfsüberlegungen des Vermieters, wenn die Wohnung kleiner ist, falle sie in ein Mietspiegelfeld für kleinere Wohnungen, deren durchschnittliche Quadratmetermiete höher sei, wies der Bundesgerichtshof zurück. Das Risiko eines Mangels trägt der Vermieter. Ein Risikoausgleich durch Vertragsanpassung sei nicht möglich.
Praxistipp – Vertragsverhandlungen dokumentieren
Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt insbesondere, dass trotz fehlender Angaben im Mietvertrag die Parteien sich auf eine bestimmte Wohnfläche einigen können. Allerdings muss hier konkret zur Vertragsanbahnung vorgetragen werden. Hierzu werden bei längerer Mietzeit eher selten Unterlagen vorliegen. Das Verhalten des Maklers wird durch den Bundesgerichtshof ohne große Erklärungen dem Vermieter zugerechnet. Dies wird durch den Bundesgerichtshof – leider – nicht weiter begründet. Überlegung wird aber wohl sein, dass der Vermieter den Makler auf eine Unverbindlichkeit der Größenangaben in der Wohnflächenberechnung hätte hinweisen müssen.
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- Zum Beitrag: Flächenabweichungen – Rechte und Ansprüche des Mieters
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.
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