Kontrolle der Befristung bei über achtjähriger Tätigkeit
Wann ist in einem langjährigen Arbeitsverhältnis eine Befristung unwirksam? Mit Urteil vom 30.08.2019 bestätigt das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg ein Urteil des Arbeitsgerichts, nach dem die Befristung eines Arbeitsverhältnisses unwirksam war. Das Arbeitsgericht war zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einer achtjährigen Beschäftigung eine Missbrauchskontrolle der Befristungsgründe durchzuführen ist.
Der Ausgangsstreit – Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsabrede beendet sei
Die Parteien waren über insgesamt neun befristete Arbeitsverträge beginnend im April 2010 bis einschließlich Dezember 2018 miteinander verbunden. In dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016 kam es zu einer Unterbrechung. In dieser Zeit schlossen die Parteien keinen Vertrag, nachdem die Arbeitnehmerin ein Kind bekam und deshalb Elternzeit beantragte.
Die Arbeitgeberin erklärte in der Präambel der verschiedenen Arbeitsverträge, dass die Einstellung im Rahmen eines durch Fördergelder finanzierten Projektes erfolge.
Nachdem die Arbeitnehmerin zum 01.01.2019 nicht erneut eingestellt wurde, erhob sie Klage beim Arbeitsgericht Berlin und beantragte, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsabrede beendet ist. Das Arbeitsgericht gab der Klage der Arbeitnehmerin statt.
Die Entscheidung – Kontrolle der Befristung ist notwendig bei über achtjähriger Tätigkeit
Das LAG bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Selbst wenn ein Befristungsgrund gemäß § 14 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) vorliegen sollte, wäre das Berufen auf einen solchen Befristungsgrund rechtsmissbräuchlich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist eine Rechtsmissbrauchskontrolle dann notwendig, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung vorgesehene Höchstdauer des Arbeitsverhältnisses und Anzahl der Vertragsverlängerungen um ein Mehrfaches überschritten wird. Grundsätzlich sieht das Bundesarbeitsgericht eine Befristung von insgesamt sechs Jahren und nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen noch als möglich an, wenn entsprechende Befristungsgründe gegeben sind.
Da hier die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses acht Jahre übersteigt, sei eine Rechtsmissbrauchskontrolle veranlasst, so das LAG. Hieran ändere auch die Unterbrechung von sechs Monaten nichts. Es sei nicht von einem neuen Fristlauf auszugehen. Erst ab einer Unterbrechung von zwei Jahren sei eine Missbrauchskontrolle regelmäßig ausgeschlossen. Angesichts der Dauer des Arbeitsverhältnisses vor der Unterbrechung von über fünf Jahren, handelt es sich bei der Unterbrechung von sechs Monaten um einen überschaubaren Überbrückungszeitraum. Zusätzlich sei deutlich, dass es sich um eine zu überbrückende Zwischenzeit handelte.
Wann ist eine Missbrauchskontrolle der Befristungsgründe nun also durchzuführen?
Die Rechtsmissbrauchskontrolle fällt dann zugunsten der Arbeitnehmerin aus. Eine solche Kontrolle sei auch bei Befristungen unter Berufung auf eine Projektfinanzierung notwendig. Gerade in solchen Fällen bestehe ein erhebliches Missbrauchspotenzial. Der Arbeitgeber hätte hier erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten, indem er Arbeiten in temporäre Projekte aufteilt und damit das Unternehmerrisiko auf den Arbeitnehmer überträgt.
Die Dauer der Durchführung der Aufgabe und fehlende Anhaltspunkte für ein anstehendes Ende sprächen für einen langfristigen Bedarf. Das Projekt der Arbeitgeberin würde bereits seit 2007 durchgeführt. Auch gäbe es keine Anhaltspunkte für ein bestimmtes Ziel, mit dessen Erreichung das Projekt abgeschlossen ist. Die Arbeitnehmerin werde seit Beginn ihrer Tätigkeit auf demselben Arbeitsplatz mit im Wesentlichen denselben Aufgaben beschäftigt. Der Einsatz der Arbeitnehmerin erfolge als Daueraufgabe für die Arbeitgeberin. Die Arbeiten überschneiden sich im Ansatz mit Daueraufgaben der Arbeitgeberin. Die Drittmittelfinanzierung finanziert die Stelle der Arbeitnehmerin nur teilweise. Im Ergebnis führe dies dazu, dass die Berufung auf die Befristung sich als institutioneller Rechtsmissbrauch darstellt. Die Befristung ist daher unwirksam.
Praxistipp – Prüfen Sie die Wirksamkeit der Befristung
Die Befristung von Arbeitsverträgen ist nicht unkompliziert. Aus diesem Grund lohnt es sich, spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, prüfen zu lassen, ob die Befristung überhaupt wirksam ist oder nicht.
Wichtig ist, dass Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb von drei Wochen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung einreichen müssen.
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