Kosten der Bewachung sind Betriebskosten
Im Gewerberaummietverhältnis ist es möglich, auch einen erweiterten Betriebskostenkatalog auf Mietende umzulegen. Teilweise ergeben sich hieraus hohe (weitere) Kosten der Anmietung. Das Kammergericht hatte nun über folgende Frage zu entscheiden: Sind die Kosten der Bewachung des Gebäudes Betriebskosten, die Vermietende auf Mietende umlegen können?
Der Ausgangstreit – Vermieterin legt Kosten der Bewachung auf Mieterin um
Die Parteien sind über einen Mietvertrag für eine Orthopädie-Praxis verbunden. Das Mietobjekt befindet sich in einem Ärztehaus. In dem Mietvertrag war vereinbart, dass die Kosten der Überwachung des Gebäudes als Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden dürfen.
Die Vermieterin hatte über die Betriebskosten für die Jahre 2014-2016 abgerechnet. Auf diese Abrechnung hat die Mieterin zunächst geleistet. Sie war aber der Ansicht, dass die Kosten der Bewachung i.H.v. 73.505,87 € für die drei streitigen Jahre nicht auf sie umgelegt werden dürfen. Die Kosten der Bewachung des Ärztehauses rund um die Uhr betragen jährlich 200.248,44 €.
Das Landgericht hatte die Klage der Mieterin auf Rückzahlung der zu viel geleisteten Betriebskosten abgewiesen.
Die Entscheidung – Kosten der Bewachung können als Betriebskosten auf Mietende umgelegt werden
Das Kammergericht bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Kosten der Bewachung des Gebäudes sind im Gewerberaummietvertrag als Betriebskosten auf Mietende umlegbar. Dies kann auch Allgemeine Geschäftsbedingung geschehen. Die Umlage scheitere auch nicht aus anderen Gründen.
Umlagevereinbarung zu Kosten der Bewachung sind Allgemeine Geschäftsbedingungen
Nach dem Mietvertrag sind die Kosten der Bewachung von dem Mieter als Betriebskosten zu tragen. Die Vermieterin hatte eingewandt, dass es sich aber nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele. Sie war der Ansicht, dass die Verhandlung der Parteien über eine Modifikation der Klausel zu anteiligen Kosten zur Reparatur, Instandhaltung und Instandsetzung dazu führe, dass die vertragliche Vereinbarung zu den Betriebskosten als individuell ausgehandelt gilt. Sie wäre dann nicht gemäß § 305 ff. BGB überprüfbar. Dieser Ansicht folgt das Kammergericht nicht. Eine Klausel sei nicht schon dann ausgehandelt, wenn nach Verhandlung über verschiedene andere Teilaspekte eines Vertrags Änderungen erfolgen. Das Aushandeln müsse sich auf die jeweilige bestimmte Vertragsbedingung beziehen.
Klausel aber auch als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam
Also handele es sich bei der Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Allerdings benachteilige diese die Mieterin nicht unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 BGB und verstoße auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 305 Abs. 1 S. 2 BGB.
Klausel nicht unangemessen
Kosten der Bewachung des Gebäudes sind Betriebskosten im Sinne von § 1 Abs. 1 Betriebskostenverordnung (BetrKV). Die Ansicht, die in solchen Bewachungskosten Verwaltungskosten sieht, lehnt das Kammergericht ab. Eine Bewachung des Gebäudes betreffe eine allgemeine Kontrolle und Überwachungstätigkeiten, die grundsätzlich als Betriebskosten auf Mietende umlegbar sind.
Die Umlage der Kosten der Bewachung ist auch nicht unangemessen. Unangemessen ist eine Klausel dann, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich ein Interesse auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
Ein Wachschutz sei darauf ausgerichtet, unbefugtes Betreten des Grundstücks zu verhindern. Hierdurch sollen Mietende, Mitarbeitende und Kunden vor Kriminalität und Belästigung geschützt werden. Deshalb sei der Wachschutz auch im Interesse der Mietenden. Eine höhenmäßige Begrenzung sei nicht notwendig. Auch Verwaltungskosten könnten als Allgemeine Geschäftsbedingung auf Mietende umgelegt werden, ohne dass es einer höhenmäßigen Begrenzung oder einer Bezifferung bedürfe. Die Mietenden seien durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend geschützt.
Kein Verstoß gegen Transparenzgebot
Auch im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 305 Abs. 1 S. 2 BGB sei es nicht notwendig, die umlegbaren Kosten der Höhe nach zu begrenzen. Eine solche Begrenzung ist dann notwendig, wenn Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung auf den allgemein genutzten Flächen und Anlagen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf Mietende umgelegt werden. Die Begrenzung im Falle der Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung hat ihren Grund darin, dass nach dem gesetzlichen Leitbild diese Kosten eigentlich durch Vermietende zu tragen sind. Aus diesem Grund sei eine Begrenzung notwendig.
Die Regelung sei auch nicht intransparent. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus den besonderen Umständen des Falles. Die Mieterin konnte sich bei Vertragsschluss ein grobes Bild davon machen, was an Beratungskosten anfallen wird. Für sie war als Gewerbemieterin, die bei den Vertragsverhandlungen anwaltlich unterstützt war, zu erkennen, welche Kosten eine Bewachung des Gebäudes nach sich ziehen kann. Da das Gebäude rund um die Uhr bewacht wird, fallen mindestens 8.560 Stunden im Jahr für einen Wachmann an. Alleine die Lohnkosten samt Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung betragen daher offen erkennbar einen sechsstelligen Betrag pro Jahr.
Kein Verstoß gegen Wirtschaftlichkeitsgebot
Letztlich sei auch ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht ersichtlich. Vermietende trifft eine vertragliche Nebenpflicht, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die ein Plus auf die Höhe der letztlich von diesen zu tragenden Nebenkosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen. Sie haben dabei aber einen gewissen Ermessensspielraum. Dabei müsse man beachten, dass es sich bei dem Objekt um ein Ärztehaus handelt. Die hier vorhandenen Arztpraxen sind regelmäßig mit wertvollen medizinischen Geräten sowie EDV-Anlagen ausgestattet. Eine Bewachung rund um die Uhr verstoße daher nicht gegen die vertragliche Nebenpflicht der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes.
Praxistipp – Lassen Sie Ihre Betriebskostenabrechnung durch einen Rechtsanwalt überprüfen
Die Entscheidung verdeutlicht, welch hohen Stellenwert Betriebskosten im Gewerberaum haben können. Gewerberaummieter sollten bei Abschluss eines Mietvertrages genau überlegen, welche Kosten voraussichtlich anfallen. Auf Grund der Lage der Orthopädiepraxis in einem Ärztehaus musste mit den Kosten für den Wachschutz in dieser Höhe gerechnet werden.
In der Gewerberaummiete bestehen aber zahlreiche andere Möglichkeiten der Unwirksamkeit der Umlage von Betriebskosten auf Mietende. Es bietet sich für Gewerbemietende daher an, die Wirksamkeit der Regelungen anhand einer Betriebskostenabrechnung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen.
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- Was ist bei der Betriebskostenabrechnung in der Gewerbemiete zu beachten? Mein Beitrag bietet Ihnen einen Überblick.
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