Kündigungsausschluss – Wie beende ich den Mietvertrag?
Wie beende ich den Mietvertrag, obwohl ein Kündigungsausschluss in dem Vertrag steht? Immer häufiger finden sich in Wohnraummietverträgen – gerade in den begehrten Lagen – Regelungen zum zeitlichen Ausschluss des Rechts zur Kündigung. Mieter werden so für mehrere Jahre an den Mietvertrag gebunden. Solche Regelungen müssen aber nicht zulässig und wirksam sein. Auch bestehen Möglichkeiten, trotz eines wirksamen Kündigungsausschlusses das Mietverhältnis zu beenden.
1. Ist es möglich, das Recht zur Kündigung auszuschließen?
Ja, nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht grundsätzlich die Möglichkeit zum Ausschluss des Rechts zur Kündigung. Dies auch zu Ungunsten des Mieters. Individuell soll eine solche Vereinbarung nahezu immer möglich sein. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (abgekürzt AGB) soll es „regelmäßig“ möglich sein, einen Kündigungsausschluss für bis zu vier Jahre zu vereinbaren, wenn dieser beidseitig ist, also für Mieter und Vermieter gilt. Auch der Vermieter ist daher in der Zeit des Kündigungsausschlusses daran gehindert, eine ordentliche Kündigung (z.B. wegen Eigenbedarf oder Zahlungsverzug) auszusprechen.
2. Wann ist eine Klausel individuell ausgehandelt, wann AGB?
Im Regelfall handelt es sich bei den in Wohnraummietverträgen vereinbarten Klauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies gilt auch dann, wenn der Zeitraum des Kündigungsausschlusses oder sogar die gesamte Klausel durch den Vermieter handschriftlich in den Mietvertrag eingetragen wurde.
Individuell kann eine solche Vereinbarung dann sein, wenn es der Mieter war, der verlangt hat, dass eine solche Klausel in den Vertrag aufgenommen wird oder diese „ausgehandelt“ wurde. Von einem Aushandeln kann man aber nur sprechen, wenn der Mieter Einfluss auf die eigentliche Formulierung hatte. Außerdem muss der Vermieter die Klausel ernsthaft und uneingeschränkt zur Disposition gestellt haben. Ein Aushandeln kommt insbesondere dann in Frage, wenn der Mieter dafür, dass er längere Zeit an den Vertrag gebunden wird, sich bestimmte, auf ihn zugeschnittene Vergünstigungen aushandelt, z.B. bei der Einrichtung einer neuen Küche.
Praxistipp: Man befindet sich als Mieter bei der Frage, ob eine bestimmte Regelung in einem Wohnraummietvertrag ausgehandelt ist oder nicht, grundsätzlich aufgrund der Gesetzeslage in einer günstigeren Position. Während der Vertragsverhandlungen sollte man trotzdem darauf achten, dass der Lauf der Verhandlung nachvollziehbar dokumentiert wird. So sollten E-Mails oder Schreiben, mit denen ein Vertragsentwurf übersandt wurde, einschließlich des Entwurfs gespeichert werden. Außerdem sollte man sich zur Unterschrift des Mietvertrages von einem Zeugen begleiten lassen.
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen können nach den § 305 ff. BGB unwirksam sein
Neben der Tatsache, dass individuell das Recht zur Kündigung für einen noch längeren Zeitraum ausgeschlossen werden kann, ist die Unterscheidung zwischen individuellen Klauseln und Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor allem deshalb von Bedeutung, da Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sein können (§§ 305ff. BGB).
Praxistipp: Unwirksamkeit meint, dass die Klausel vollständig entfällt. Sie wird also nicht umgedeutet und auch nicht auf einen noch zulässigen Inhalt reduziert. Hieran ändern auch die am Ende eines Mietvertrages vorgesehenen salvatorischen Klauseln – also eine Vereinbarung, dass im Falle der Unwirksamkeit einer Vertragsklausel, der noch zulässige Inhalt vereinbart sein soll – nichts.
Bislang wurde durch den BGH in zwei Fallgruppen eine Vereinbarung zum beidseitigen Kündigungsausschluss als unwirksam angesehen. (1.) Der Mieter ist aufgrund seiner Lebenssituation auf Mobilität angewiesen. (2.) Die regelmäßig zulässige Dauer von vier Jahren wird überschritten.
(1.) Unwirksamkeit aufgrund eines Bedürfnisses nach Mobilität
Durch den BGH wurde bereits entschieden, dass die Vereinbarung eines beidseitigen Kündigungsausschlusses mit dem Mieter eines Studentenwohnheimzimmers unwirksam ist, sogar wenn der Ausschluss nur für zwei Jahre gilt (BGH, Urteil vom 15.07.2009 – VIII ZR 307/08; AG Saarbrücken, Urteil vom 13.04.2016 – 3 C 313/15). Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass ein Student erkennbar in besonderem Maße mobil und flexibel sein muss und Vermieter, wenn sie trotzdem einen Kündigungsausschluss vereinbaren möchten, ein besonderes Interesse darlegen müssen.
Einen Teil der Argumentation des BGH, zum Interesse des Mieters, von einem langfristigen Kündigungsausschluss verschont zu bleiben, lässt sich auch auf andere Berufsgruppen oder Lebenssituationen übertragen. Zum Beispiel auf Austauschstudenten, Angestellte, die einen befristeten Arbeitsvertrag fernab von ihrem eigentlichen Wohnort angenommen haben oder Expats. Der Fall der Anmietung eines Zimmers in einem Studentenwohnheim durch einen Studierenden ist aber ein Extrembeispiel. Solange Rechtsprechung zu anderen Berufsgruppen fehlt, besteht die Gefahr, dass der entscheidende Richter die Entscheidung nur auf besonders krasse Fälle anwendet.
Praxistipp: Um ihre Rechtsposition zu stärken, sollten Mieter, die aufgrund ihres Berufes/ihrer Lebenssituation ein besonderes Interesse an Mobilität haben, dies im Laufe der Vertragsverhandlungen auch (nachweisbar) mitteilen. Beispielsweise könnte man in dem ersten Anschreiben an den Vermieter seine Lebenssituation kurz darstellen und/oder mitteilen, welchem Beruf man nachgeht.
(2.) Dauer von vier Jahren überschritten
„Regelmäßig“ unwirksam sind Kündigungsausschlüsse, wenn sie den Zeitraum von vier Jahren (auch nur um einen Tag) überschreiten. Regelmäßig meint im Juristendeutsch, dass es von dieser Regel auch in beide Richtungen Ausnahmen gibt. Beispielsweise könnte man für einen Expat darüber nachdenken, ob die Vereinbarung eines Kündigungsausschlusses von vier Jahren angemessen ist. Eventuell kann man mit einem Expat auch nur einen kürzeren Zeitraum wirksam vereinbaren. Hat der Vermieter größere Investitionen in das Mietobjekt getätigt, könnte man ihm ein besonderes Interesse an einem für mehr als vier Jahre gesicherten Vertragsverhältnis zugestehen.
Der BGH hat bereits in Fällen entschieden, in denen keine Ausnahmesituationen vorlagen und in denen die regelmäßig zulässigen vier Jahre überschritten wurden. Wichtig ist, dass der Mieter die Möglichkeit haben muss, das Mietverhältnis spätestens zum Ablauf der vier Jahre nach Abschluss des Mietvertrags zu kündigen. Sieht der Vertrag also vor, dass man erstmals nach vier Jahren die Kündigung erklären darf, ist die Klausel unwirksam. Der Mieter muss in diesem Fall noch die Kündigungsfrist von drei Monaten abwarten (§ 573c Abs. 1 S. 1 BGB). Die feste Vertragslaufzeit beträgt dann vier Jahre und drei Monate.
Ebenfalls unwirksam ist die Klausel, wenn übersehen wurde, dass die vier Jahre ab dem Tag des Vertragsabschlusses gerechnet werden. Wurde der Mietvertrag, wie üblich, vor dem Einzug abgeschlossen (z.B. Mietvertrag vom 25.10.2018, Mietbeginn 01.11.2018), ist ein Kündigungsausschluss bis zum 31.10.2022 unwirksam, denn die maximal mögliche Zeit von vier Jahren ist um 6 Tage überschritten (25.10.2018 bis 31.10.2022).
Praxistipp: Unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen bleiben unwirksam, auch wenn man in Kenntnis der Unwirksamkeit den Vertrag unterschreibt.
4. Vorgehen bei Kündigungsausschluss
Was sollte man tun, wenn einem der Vermieter einen Vertrag mit einem Kündigungsausschluss vorlegt oder aber man einen solchen Vertrag bereits abgeschlossen hat?
a) Bei Vertragsschluss
Bei Vertragsschluss sollte man sich natürlich genau überlegen, ob man einen Vertrag mit Kündigungsausschluss überhaupt abschließen möchte. Zwar gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, den Kündigungsausschluss anzugreifen. Außerdem hat auch der Vermieter im Regelfall kein Interesse an einem Leerstand, wenn man frühzeitig auszieht. Ausgangslage bleibt aber zunächst, dass der Vertrag einen Kündigungsausschluss vorsieht, gegen den man eventuell ankämpfen muss. Kommt es zu einem Rechtsstreit, müssen Sie sich im Regelfall entscheiden. Entweder kommen Sie dem Vermieter wirtschaftlich entgegen oder Sie kämpfen die Angelegenheit bis in die letzte Instanz durch. Die einzige Ausnahme sind Fälle, in denen der Kündigungsausschluss als AGB offensichtlich unwirksam ist.
Möchte man trotzdem einen Vertrag mit Kündigungsausschluss unterschreiben, sollte man – wie bereits erklärt –
- seinen Beruf oder seine Lebenssituation in die Vertragsverhandlungen mit einbringen, wenn man in besonderem Maße auf Mobilität angewiesen ist,
- die Umstände des Vertragsabschlusses nachvollziehbar und nachweisbar dokumentieren (insbesondere die Kommunikation, die vor dem Vertragsabschluss stattfand und übersandte Vertragsentwürfe) und
- zu persönlichen Terminen nach Möglichkeit in Begleitung eines Zeugen erscheinen.
Ist man der Ansicht, dass der Kündigungsausschluss „offensichtlich“ unwirksam ist, sollte man sich vor Abschluss von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen, wenn man mit seiner Meinung falsch liegt, können erheblich sein. Von der Anmietung einer Wohnung, in der vor kurzer Zeit kostspielige Umbauten durchgeführt wurden, sollte man nach Möglichkeit Abstand nehmen. Vor allen Dingen darf man vom Vermieter keine kostspieligen Umbauten verlangen.
b) Während der Vertragslaufzeit, eventuell schon zu Beginn
Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegt auch ein Kündigungsausschluss der Schriftform des § 550 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 04.04.2007 – VIII ZR 223/06). D.h. sämtliche wesentlichen Vereinbarungen der Parteien müssen schriftlich abgeschlossen werden. Außerdem müssen die schriftlichen Nachträge zumindest auf den Hauptvertrag verweisen. Wird gegen diese Schriftform verstoßen, kann der Vertrag erstmalig nach einem Jahr gekündigt werden. Ob durch eine Vereinbarung gegen die Schriftform verstoßen wird oder nicht, muss man inzwischen anhand der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und der Instanzgerichte prüfen. Generell gilt, dass vor allem mündliche oder bloß per E-Mail geschlossene Vereinbarungen zu wesentlichen Fragen des Mietverhältnisses zu einem Schriftformverstoß führen können.
Praxistipp: Auch hier sollte man, wenn es zu einer Vereinbarung kommt, die die Schriftform und damit den Kündigungsausschluss zerstört, darauf achten, dass man den Inhalt und der Abschluss einer solchen mündlichen Vereinbarung nachweisbar dokumentiert (bspw. E-Mailverkehr).
c) Wenn das Mietverhältnis beendet werden soll
Möchte man trotz eines vereinbarten Kündigungsausschlusses frühzeitig die Wohnung verlassen, bestehen verschiedene Optionen: (1.) Man kann versuchen, durch Stellung eines Nachmieters oder (2.) durch eine fristlose Kündigung das Mietverhältnis zu beenden. Als (3.) Option bleibt noch die Möglichkeit, die Wohnung für den Zeitraum des Kündigungsausschlusses unterzuvermieten.
(1.) Benennung eines Nachmieters
Nach der Rechtsprechung des BGH kann nach Treu und Glauben ein Recht zur Benennung eines Nachmieters bestehen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 – VIII ZR 240/02, unter II. 3. c) bb)). Der große Vorteil der Benennung eines Nachmieters ist, dass dann ein Aufhebungsvertrag mit dem Vermieter geschlossen wird. Das Mietverhältnis wird endgültig beendet. Die großen Nachteile sind die hohen Anforderungen an ein berechtigtes Interesse für die Stellung eines Nachmieters und an den Nachweis der Eignung des Nachmieters.
Ein berechtigtes Interesse zur Stellung eines Nachmieters soll regelmäßig dann bestehen, wenn beruflich ein Ortswechsel notwendig wird. Das berechtigte Interesse wiegt umso schwerer, je länger die restliche Vertragslaufzeit noch dauert.
Es obliegt alleine dem Mieter, einen geeigneten Nachmieter zu finden. Er muss also selber Besichtigungstermine durchführen und selbstständig die Unterlagen zu Bonität und Zuverlässigkeit des Nachmieters anfordern und dem Vermieter übermitteln. Man muss dann die gleichen Unterlagen vorlegen, wie sie der Mieter bei seiner Anmietung vorlegen musste.
(2.) Bei Mängeln der Mietsache die außerordentliche fristlose Kündigung erklären
Eine weitere Option kann sein, bei Mängeln der Mietsache nach vorheriger Abmahnung oder Fristsetzung die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zu erklären. Nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist der Mieter insbesondere dann zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache zum Teil wieder entzogen wird. Ein solcher teilweise-Entzug liegt auch bei Mängeln der Mietsache vor, wenn diese nicht ganz unerheblich sind. Da es nicht ganz selten ist, dass Verwalter und Vermieter auf Mängelanzeigen recht behäbig reagieren, kann so bei bestehenden Mängeln durch fristlose Kündigung der Kündigungsausschluss umgangen werden.
Praxistipp: Nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB muss man vor einer außerordentlichen fristlosen Kündigung regelmäßig eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung einräumen oder eine Abmahnung erklären. Auch hier muss man unbedingt darauf achten, dass sich Abmahnung und Fristsetzung ggf. später nachweisen lassen.
(3.) Recht zur Untervermietung
Nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter von dem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verlangen, wenn nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse entsteht, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch (also zur Untermiete) zu überlassen. Vorteil des Rechts zur Untervermietung ist, dass relativ geringe Anforderungen an das berechtigte Interesse und den Nachweis der Geeignetheit des Untermieters gestellt werden. Für ein berechtigtes Interesse ausreichend ist bereits jedes nachvollziehbare finanzielle Interesse (s. hierzu auch BGH, Urteil vom 11.06.2014 – VIII ZR 349/13). Zu den nachzuweisenden Personalien des Untermieters hat das Landgericht Berlin zuletzt entschieden, dass bereits die Vorlage eines Ausweisdokumentes ausreichen soll (LG Berlin, Beschluss vom 10.01.2018 – 65 S 202/17).
Die Untervermietung hat aber für den Mieter erhebliche Nachteile. Zunächst verbleibt der Mieter im Hauptvertrag und haftet also weiter für Mieten und eventuelle Schäden. Er begibt sich gegenüber seinem Untermieter in die Rolle eines Vermieters, mit denselben Beschränkungen und Pflichten, die ein Vermieter nun einmal nach dem BGB hat. Darüber hinaus muss der Mieter wohl einen Teil des Besitzes an der Wohnung behalten. Letztlich besteht die Möglichkeit, dass der Mieter einen Untermietzuschlag gem. § 553 Abs. 2 BGB an den Vermieter zahlen muss.
Fazit
Ist in einem Wohnraummietvertrag ein befristeter beidseitiger Ausschluss des Rechts zur Kündigung vorgesehen, ist dieser häufig wirksam. Dann ist es nicht einfach, sich von dem Mietverhältnis zu lösen. Möchte man trotzdem das Mietverhältnis beenden, sollte man sich rechtlich beraten und begleiten lassen. Die notwendigen Schritte und Möglichkeiten zur Beendigung des Vertrages erschließen sich nicht auf den ersten Blick.
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