Fristlose Kündigung wegen Schimmel
Mit Urteil vom 12.03.2013 hat das Landgericht Siegen die Klage von Vermietern auf Leistung von Miete abgewiesen. Der Mieter hatte die außerordentlich fristlose Kündigung des Mievertrags wegen Schimmel in der Wohnung erklärt.
Der Ausgangsstreit – Mieter erklärt fristlose Kündigung wegen Schimmel
Die Parteien waren über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden.
In dieser war es im Jahr 2009 zu einem Schimmelbefall gekommen. Nachdem der Mieter mit Schreiben vom 15.10.2009 und 05.12.2009 die Vermieter auf den Schimmelbefall hingewiesen und um Abhilfe gebeten hatte, kündigte er mit Schreiben vom 11.01.2010 das Mietverhältnis außerordentlich fristlos zum 28.02.2010.
Die Vermieter akzeptierten die Kündigung allein als ordentliche Kündigung zum 30.04.2010. Sie verlangten mit der Klage die Miete für die Monate März und April 2010.
Das Amtsgericht hatte den Mieter zur Zahlung der Miete verurteilt.
Die Entscheidung – Ist eine außerordentlich fristlose Kündigung wegen Schimmel möglich?
Das Landgericht Siegen hebt das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts auf und weist die Klage der Vermieter ab. Der Mieter war berechtigt, die fristlose Kündigung wegen Schimmel zu erklären.
Gesetzliche Regelungen zur außerordentlich fristlosen Kündigung
Nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB besteht für den Mieter u.a. dann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder entzogen wird. Ein Entzug liegt nach der Rechtsprechung auch dann vor, wenn ein Mangel nicht behoben wird. Regelmäßig ist es aber notwendig, vor der Kündigung den Vertragspartner abzumahnen oder ihn in Verzug zu setzen (§ 543 Abs. 3 S. 1 BGB).
Gefahrkreistheorie des BGH
Streiten die Parteien über die Verantwortung für Schimmel- oder Feuchtigkeitsschäden, trägt zunächst der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt. Hierzu muss der Vermieter sämtliche in seinen Verantwortungsbereich fallende Schadensursachen ausräumen. Ist der Beweis gelungen, muss der Mieter beweisen, dass der Schaden nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Gelingt auch dem Mieter der Beweis, geht dies zu Lasten des Vermieters (sogenannte Gefahrkreistheorie).
Baumangel im zu entscheidenden Fall
Im zu entscheidenden Fall hatten die Vermieter moderne Isolierglasfenster in einen Altbau einbauen lassen. Hierdurch verlagerte sich der Taupunkt von den Fenstern auf die nicht modernisierten Wände. Feuchtigkeit bildete sich deshalb schwerpunktmäßig nicht mehr sichtbar an den Fenstern, sondern eben an den Wänden. Dies erhöhte die Schimmelgefahr.
Nach Ansicht des Landgerichts Siegen hätte der Vermieter hierauf reagieren müssen, entweder durch gezielte Dämmmaßnahmen oder aber durch Hinweis an den Mieter bereits bei Vertragsschluss auf ein erforderliches gesteigertes Heiz- und Lüftungsverhalten. Da dies nicht geschah, lag die Verantwortung für die Schimmelbildung, so das Landgericht, bei den Vermietern.
Ausnahmsweise scheitert die Kündigung des Mieters nicht daran, dass dieser keine Frist zur Abhilfe gesetzt hat. Eine solche Abhilfefrist ist dann entbehrlich, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB). Nach Ansicht des Gerichts war dies hier der Fall, da die Vermieter auf die mehrfachen Anfragen des Mieters auf Beseitigung des Mangels nicht reagiert haben.
Praxistipp – Frist zur Mängelbeseitigung setzen
Bei Mangel der Mietsache stehen dem Mieter verschiedene Gewährleistungsansprüche und -rechte zur Seite. Neben der bekannten Minderung und dem Anspruch auf Beseitigung des Mangels besteht auch ein Recht zur Zurückbehaltung der Miete, und darüber hinaus zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses, wenn der Vermieter trotz Fristsetzung den Mangel nicht beseitigt (s. hierzu ausführlich meinen Beitrag: Schimmel: Ansprüche und Rechte des Mieters).
Als Mieter sollte man immer eine solche Frist zur Mängelbeseitigung setzen („… darf ich mir für die Beseitigung des Mangels eine Frist bis zum …. notieren“) und sich nicht darauf verlassen, dass ausnahmsweise eine Kündigung auch ohne Fristsetzung möglich ist. Ist man als Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, kann man nicht nur früher aus dem Mietvertrag ausscheiden, sondern auch noch den Kündigungsfolgeschaden (beispielsweise Umzugskosten, erhöhte Miete usw.) geltend machen.
„Außerordentlich fristlos“ bedeutet nicht notwendig zum nächsten Tag. Benötigt man noch Zeit, um eine neue Wohnung zu suchen oder den Umzug zu organisieren, kann, wie hier geschehen, die Kündigung auch zu einem späteren Termin erklärt werden.
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- Will man mit seinem Schreiben die fristlose Kündigung wegen Schimmel vorbereiten, ist es wichtig, dass man dessen Zugang später vor Gericht auch nachweisen kann. Hinweise hierzu finden Sie in meinem Beitrag: Wie stelle ich Schreiben beweissicher zu?
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.
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