Mietoption wirksam ausüben
Gewerbemietverträge werden oftmals befristet abgeschlossen und enden dann nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums. Häufig vereinbaren die Parteien dann noch ein oder mehrere Optionen, die den Mietenden die Möglichkeit geben, das Mietverhältnis für eine längere, wiederum bestimmte Zeit fortzusetzen. Zur wirksamen Ausübung der Mietoption muss diese im Regelfall einige Zeit vor Vertragsablauf ausgeübt werden. Doch was sollten Mietende beachten, wenn sie die Mietoption wirksam ausüben möchten? Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburgs gibt Aufschluss.
Der Ausgangsstreit – Mieter will Mietoption zur Verlängerung des Mietverhältnisses ausüben, Vermieterin kündigt das Mietverhältnis
Die Parteien sind über einen Mietvertrag für Gewerberäume miteinander verbunden. Diese werden zum Betrieb einer Anwaltssozietät genutzt. Der Mietvertrag wurde mit zwei der Anwälte geschlossen. Die Anwaltssozietät selbst war keine Mietpartei. Sie war gemeinsam mit zwei weiteren Partnern Dritte, denen der Gebrauch der Mietsache von den beiden Mietern überlassen wurde.
Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Nachträge zum Mietvertrag vereinbart. Unter anderem die Änderung des Vertragszwecks 1991, bei der der Mietzweck von „Betrieb einer Rechtsanwaltssozietät“ in „Betrieb einer Rechtsanwaltssozietät und verwandter Berufsausübung wie Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Vermögensberatung“ geändert wurde.
Einer der beiden Mieter übte mit Schreiben vom 13.06.2022 die Mietoption zur Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses um fünf Jahre aus. Er übte diese aus in Vertretung der „Rechtsanwälte PartG mbB“. Das gab er so in der Unterschriftenzeile an. Er formulierte die Erklärung nach dem Wortlaut und auch dem tatsächlichen Willen nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Anwaltssozietät.
Die Vermieterin kündigte 01.09.2022 den Gewerbemietvertrag gemäß § 580a Abs. 2 BGB ordentlich mit Wirkung zum 31.03.2023 und verlangte schließlich nach Beendigung des Mietverhältnisses die Herausgabe der Räume.
Das Landgericht wies die Klage der Vermieterin auf Räumung ab. Der Beendigung des Mietvertrages stehe entgegen, dass der Mieter die Mietoption wirksam ausgeübt habe. Die Auslegung seines Schreibens ergebe, dass der Mieter die Erklärung im eigenen Namen und nicht im Namen der Anwaltssozietät abgegeben habe.
Die Entscheidung – Was sollten die Vertragsparteien beachten, wenn sie die Mietoption wirksam ausüben möchten?
Die Berufung der Vermieterin hat Erfolg, so das OLG. Die Vermieterin habe von den Mietern einen Anspruch auf Herausgabe der Mietsache aus § 546 BGB. Für die Pflicht zur Rückgabe haften neben den Mietern auch die beiden weiteren Partner gemäß § 8 Abs. 1 PartGG (Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften) als Gesamtschuldner. Die Befristung des Vertrages stehe der Kündigung nicht entgegen, weil die ursprüngliche Vertragslaufzeit abgelaufen war.
Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind grundsätzlich danach auszulegen, wie der Empfänger sie verstehen musste
Die Mieter haben ihre Mietoption auf Verlängerung der Vertragslaufzeit nicht fristgerecht bis zum 30.06.2022 ausgeübt. Dem Schreiben des Mieters sei nur eine Erklärung im Namen der Anwaltssozietät zu entnehmen.
Gemäß §§ 133, 157 BGB sind empfangsbedürftige Willenserklärungen, wie hier die Ausübung der Mietoption, so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Ist der tatsächliche Wille des Erklärenden festgestellt und hat der Empfänger die Willenserklärung ebenfalls so verstanden, bestimmt allein der tatsächliche Wille den Inhalt der Erklärung.
Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Mieter mit seinem Schreiben nur eine Erklärung namens und in Vollmacht der Anwaltssozietät abgegeben habe, so das OLG. Das „Rechtsanwälte PartG mbB“ in der Unterschriftenzeile belege, dass der Mieter nach dem Wortlaut und nach seinem tatsächlichen Willen nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Anwaltssozietät formulierte. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er nicht zwischen dem Handeln im eigenen Namen und dem Handeln im Namen seiner Anwaltssozietät hätte unterscheiden können. Frühere Mietoptionen wurden von den beiden Mietern im eigenen Namen ausgeübt.
Zudem habe er den Briefbogen der Anwaltssozietät verwendet und formulierte mit „wir“, nicht mit „ich“. Man müsse laut OLG davon ausgehen, dass ein Irrtum des Mieters vorlag. Er wollte die Mietoption im Namen der Anwaltssozietät ausüben. Ein mutmaßlicher Irrtum bei der Willensbildung des Erklärenden erlaube jedoch nicht, einer Willenserklärung, deren Wortlaut den wahren Willen des Erklärenden zutreffend wiedergibt, im Wege der Auslegung nachträglich einen anderen Erklärungsinhalt beizumessen. Davon könne nicht ausgegangen werden, nur weil ein anderer Erklärungsinhalt der Interessenlage des Erklärenden besser entsprochen hätte.
Auch die Vermieterin musste nicht davon ausgehen, dass der Mieter nicht in der Lage wäre, die Mietoption korrekt auszuüben. Für sie war eindeutig, dass der Mieter eine Erklärung für die Anwaltssozietät abgab.
Vermieterin muss Mieter nicht entgegen eigenen Interessen so beraten, dass dieser seine Mietoption wirksam ausüben kann
Nach Treu und Glauben, §§ 241 Abs. 2, 242 BGB sei zudem nicht ersichtlich, wieso die Mieter so gestellt werden müssten, als ob sie ihre Mietoption wirksam ausgeübt hätten. Die Vermieterin darf ihre vertraglichen Rechte auf Rückgabe der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit durchsetzen.
Auch wenn das Schuldverhältnis auf Dauer angelegt und eine wesentliche Grundlage die berufliche Betätigung bilde, reiche die Nebenpflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Unterstützung nicht so weit, dass die Vermieterin die Mieter entgegen eigenen Interessen hätte rechtlich dazu beraten müssen, wie sie ihre Mietoption ausüben können. Aus § 242 BGB sei keine Fürsorgepflicht des einen Vertragspartners abzuleiten, gleichrangige eigene Interessen gegenüber denen der anderen Vertragspartner zurückzustellen, so das OLG. Die Vermieterin habe sich nicht widersprüchlich verhalten, einen Irrtum erweckt oder gefördert oder einen Vertrauenstatbestand begründet, dass sie nicht auf eine wirksame Ausübung der Mietoption bestehen würde. Es sei zudem ein legitimes Interesse der Vermieterin, ihre Immobilie einer anderen wirtschaftlich gewinnbringenderen Nutzung zuzuführen. Dieses Interesse müsse nicht hinter dem Interesse der Mieter auf Fortbestand zurückstehen.
Wenn Schriftform nicht eingehalten wird, gilt ein Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen
Die Kündigung sei außerdem noch aus einem anderen Grund wirksam. Mangels Einhaltung der Schriftform gelte das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es sei damit gem. § 550 BGB jederzeit ordentlich kündbar, so das OLG.
Denn die Vertragsänderung 1991, mit der der Mietzweck geändert worden war, war weder körperlich noch sonst durch Inbezugnahme mit dem Ursprungsvertrag oder späteren Nachträgen verbunden worden. Die Änderung des Mietzwecks gehöre aber zu wesentlichen Vertragsinhalten, die stets der Schriftform bedürfen. Wie die Mietsache genutzt werden darf, ist von erheblicher Bedeutung. Es kann Auswirkungen auf die Anforderungen haben, die die Mieträume erfüllen müssen, beispielsweise in Bezug auf Nutzungsintensität, Verkehrssicherungspflichten oder vertragsimmanenten Konkurrentenschutz.
Selbst wenn die Vermieterin die vereinbarte Erweiterung des Mietzwecks auf einer Ausfertigung der Vertragsurkunde notiert hätte, wahre dies die Schriftform nicht. Hierfür seien laut OLG stets die Unterschriften beider Vertragsparteien erforderlich.
Nur dann Vollstreckungsschutz der Mietenden, wenn Vollstreckung für diese zu nicht zu ersetzendem Nachteil führen würde
Schließlich bestehe kein weitergehender Vollstreckungsschutz für die Mieter. Diese haben nicht dargelegt, warum die Vollstreckung des Räumungstitels zu einem nicht zu ersetzenden Nachteil i.S.d. § 712 Abs. 1 ZPO führen würde.
Ein nicht zu ersetzender Nachteil läge nur vor, wenn die Mieter den Nachteil selbst nicht hätten vermeiden können und dieser auch nachträglich nicht hätte wiedergutgemacht werden können. Dies liegt nur ausnahmsweise vor, da in diesem Fall in der Regel ein Ersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO besteht.
Im vorliegenden Fall können sich die Mieter Ersatzräume suchen, um dort ihre Berufstätigkeit fortzuführen. Warum dies nicht möglich gewesen sein sollte, wurde nicht glaubhaft gemacht. Es sei laut OLG nicht ausreichend, in einem Satz vorzutragen, es sei keine „vergleichbare Immobilie, die zudem behindertengerecht ist“ auf dem Markt verfügbar. Dies bedürfe näherer Erläuterungen.
Dass der Mieter bis zum Ende seiner Berufsausübung in den Räumen bleiben wolle, weil er dort investiert und den Standort etabliert habe, sei nachvollziehbar, rechtfertige aber nicht die Annahme eines unvermeidbaren, nicht zu ersetzenden betrieblichen Nachteils.
Praxistipp – Bei befristeten Gewerbemietverträgen immer die Schriftform beachten
Eine Willenserklärung ist juristisch eine Äußerung, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist (Bspw. Kündigung, Ausübung Mietoption etc.). Mietende wie Vermietende sollten darauf achten, Willenserklärungen im richtigen Namen und gegen die richtige Person zu richten.
Mietende sollten sich schon bei Abschluss des Mietvertrages mit den Bedingungen der Optionsausübung auseinandersetzen. Die Frist zur Ausübung der Option verlängert sich zusehends. Nicht selten beträgt diese inzwischen 9 bis 12 Monate. Hier kann man versuchen, durch Verhandlungen diese auf einen normalen Zeitraum von 6 Monaten zu senken. Im Regelfall muss die Option schriftlich ausgeübt werden. Dann muss das Schreiben, mit dem die Option ausgeübt wird, mit Originalunterschrift eines Vertretungsberechtigten innerhalb der Frist eingehen.
Am wichtigsten ist es aber, sich mit der Höhe der Miete nach Optionsausübung auseinanderzusetzen. Häufig sehen Gewerberaummietverträge vor, dass die Höhe der Miete bei Optionsausübung neu festzusetzen ist. Übt man die Option aus, verpflichtet man sich also für mehrere Jahre Mietzeit, ohne die Höhe der Miete zu kennen. Aus diesem Grund sollte man mit ausreichend Vorlauf vor der Ausübung der Option schon mit den Vermietenden Kontakt aufnehmen und die neue Miete aushandeln.
Außerdem sollten Mietende wie Vermietende auch bei Nachträgen zu einem Mietvertrag, der für über ein Jahr geschlossen ist, stets § 550 BGB beachten. Denn auch bei Nachträgen zum Mietvertrag muss die Schriftform eingehalten werden.
Ein Schriftformverstoß führt dazu, dass eigentlich befristete Mietverhältnisse für unbestimmte Zeit, also unbefristet, gelten. Diese können dann im Gewerberaummietrecht ohne Grund mit einer Frist von sechs bis neun Monaten ordentlich gekündigt werden. Wenn Mietenden und Vermietenden also an der Fortsetzung des Mietverhältnisses gelegen ist, sollten sie sehr genau darauf achten, dass sämtliche wesentliche Bestandteile eines Vertrages in der Mietvertragsurkunde sowie den Nachtragsurkunden enthalten sind.
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- Ein Beschluss des OLG Hamburg zeigt, dass eine Mietoption zwingend innerhalb der Ausübungsfrist wahrgenommen werden muss.
- Wann ist eine Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss notwendig? Dieser Beitrag gibt einen Überblick.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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