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Mietspiegel 2021 unwirksam?

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Landgericht Berlin // 67 S 50/22

Der Berliner Mietspiegel 2021 sorgt bereits seit seinem Bestehen für Verwirrung und einander widersprechende Gerichtsentscheidungen. Ein neues Urteil des Landgericht Berlins wirft erneut die Diskussion auf, ob der Mietspiegel 2021 unwirksam ist. Außerdem hat das Landgericht zu folgender Frage entschieden: Eignet sich der Mietspiegel 2021, obwohl er unwirksam sein könnte, als Begründungsmittel für ein Mieterhöhungsverlangen?

Der Ausgangsstreit – Mieterhöhungsverlangen nach dem Mietspiegel 2021

Die Parteien waren durch einen Mietvertrag über eine Wohnung miteinander verbunden. Die Vermieterin verlangte von dem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 BGB und erhob schließlich Klage beim Amtsgericht Spandau. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die Vermieterin legte daraufhin Berufung beim Landgericht Berlin ein.

Mietspiegel 2021 unwirksam?

Die Entscheidung – Mietspiegel 2021 genügt, auch wenn er unwirksam sein sollte, als formales Begründungsmittel

Das Landgericht verurteilt den Mieter, der Erhöhung der Miete für die Wohnung zuzustimmen. Das Erhöhungsverlangen könne mit dem Mietspiegel 2021 begründet werden. Außerdem sei hier, unabhängig davon, ob der Mietspiegel 2021 unwirksam ist oder nicht, die verlangte Mieterhöhung auch in der Sache gerechtfertigt.

Zum einen sei das mit dem Berliner Mietspiegel 2021 begründete Mieterhöhungsverlangen formwirksam. Es genüge es der gesetzlichen Begründungspflicht, so das Landgericht. Diese verfolge den Zweck, Mietenden erste Hinweise auf die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu geben.

Zum anderen überschreite die von der Vermieterin verlangte Miete auch die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 BGB nicht. Das Erhöhungsverlangen sei also auch materiell begründet. Ob der Mietspiegel 2021 den Mietspiegel 2019 nur linear fortschreibt und damit einen kürzeren als den in der seit 2020 geltenden Fassung des § 558 Abs. 2 BGB vorgegebenen Bezugszeitraum zu Grunde legt, sei in diesem Fall unerheblich. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB fordere zwar in seiner neuesten Fassung einen Bezugszeitraum von sechs Jahren, während dieser im Mietspiegel 2019 vier Jahre beträgt. Aufgrund des allgemeinen Preisanstiegs sei jedoch nicht davon auszugehen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete vom 1. September 2018 bis Juni 2021 von 8,03 €/qm auf die von der Vermieterin verlangten 7,64 €/qm gesunken ist. Damit lag die ortsübliche Vergleichsmiete so deutlich unter der von der Vermieterin verlangten Miete, dass der zu kurze Bezugszeitraum vernachlässigt werden könne, so das Landgericht. Die Schätzung gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) auf Grundlage des Vorgängermietspiegels 2019 sei hier berechtigt.

Nach dem Urteil genügt der Mietspiegel 2021 zwar als formales Begründungsmittel. Das Landgericht betont allerdings, dass es in diesem Fall nicht darüber entscheiden musste, ob er auch geeignet ist, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Denn es handele sich möglicherweise weder um einen einfachen noch einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne der §§ 558c, 558d BGB. Schließlich legt das Landgericht auch seiner Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete den Mietspiegel 2019 und eben nicht den Mietspiegel 2021 zu Grunde. Es spricht also einiges dafür, dass der Mietspiegel 2021 aus Sicht der 67. Kammer des Landgerichts Berlin unwirksam ist!

Praxistipp – Lassen Sie sich rechtsanwaltlich beraten

Der Berliner Mietspiegel sowie seine Anwendbarkeit für die Mietpreisbremse beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Durch unterschiedliche Gerichtsentscheidungen besteht hier viel Verwirrung auf Seiten der Mietparteien. Daher lohnt es sich für Mietende und Vermietende, sich rechtsanwaltlich beraten zu lassen, wenn sie ein Mieterhöhungsverlangen vorhaben oder erhalten, welches mit dem Mietspiegel 2021 begründet ist.

Die Konsequenzen, die eine Unwirksamkeit des Mietspiegels 2021 für die Wohnraummiete in Berlin hätten, wären gewaltig. Insbesondere da die Unwirksamkeit nicht nur Mieterhöhungsverlangen in laufenden Mietverhältnissen betrifft. Außerdem muss dann gefragt werden, wie sich die für die Mietpreisbremse wichtige Vergleichsmiete bestimmt.

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  1. Einen Überblick zum Thema Mietpreisbremse erhalten Sie hier.
  2. Weitere Urteile zum Berliner Mietspiegel finden Sie auf dieser Seite.
  3. Hier finden Sie weitere Informationen zu der Entscheidung.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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