Minderung bei Gerüstaufstellung und Fassadenarbeiten
Mit Urteil vom 06.07.2017 hat das Amtsgericht Pankow-Weißensee über eine Klage von Vermietern auf Zahlung nicht geleisteter Miete entschieden, nachdem der Mieter (nachträglich) Rückzahlungsansprüche mit der laufenden Miete verrechnet hatte. Nach Ansicht des Amtsgerichts ist ein Mieter bei Gerüstaufstellung und Fassadenarbeiten zu einer Minderung von 11,4 % der Miete berechtigt.
Der Ausgangsstreit – Vermieter lässt Fassade des Wohnhauses sanieren
Die Parteien sind über einen Mietvertrag aus dem Jahre 2000 miteinander verbunden. Ab dem 06.07.2016 ließ die Vermieterin an der Vorderfassade des Wohnhauses ein Gerüst aufgestellen. Der Mieter überwies die Miete bis Dezember 2016, ohne einen Vorbehalt der Leistung zu erklären.
Mit E-Mail vom 15.11.2016 erklärte er dann gegenüber der Vermieterin, dass er ab Oktober 2016 die Miete um 15 % der Nettokaltmiete mindern werde. Die künftigen Mietzahlungen „seien als Vorbehaltszahlungen zu verstehen“.
Die Vermieterin wies die verlangte Mietminderung zurück. Der Mieter rechnete daraufhin über die zu viel geleistete Miete ab. Insgesamt behielt er für den Zeitraum Juli 2016 bis einschließlich Dezember 2016 einen Betrag in Höhe von 396,08 € von der Miete ein.
Mit der Klage verlangt die Vermieterin von dem Mieter die Nachzahlung der einbehaltenen Miete.
Die Entscheidung – Höhe einer angemessenen Minderung bei Gerüstaufstellung und Fassadenarbeiten
Das Amtsgericht Pankow-Weißensee verurteilt den Mieter zur Rückzahlung der Miete für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2016. Für die Monate November 2016 und Dezember 2016 war der Mieter nach Ansicht des Amtsgerichts zur Minderung berechtigt. Der Mieter könne bei Gerüstaufstellung und Fassadenarbeiten eine Minderung von 11,4 % der Miete verlangen.
Dabei geht das Amtsgericht zunächst einmal davon aus, dass ein Mangel der Mietsache bestand. Dies hatte die Vermieterin bestritten. Nach Ansicht der Vermieterin sei der Mieter durch das Gerüst nicht beeinträchtigt.
Das Amtsgericht erklärt, dass es gerichtsbekannt sei, dass ein Gerüstaufbau mit erheblichem Lärm verbunden ist, frische Farbe immer wahrnehmbar rieche und Bauarbeiter, die ein Gerüst betreten und Fassaden- beziehungsweise Klempnerarbeiten auszuführen, Lärm und Dreck verursachen. Darüber hinaus habe auch die grüne Gaze den Ausblick gestört. Letztlich sei durch die Arbeiter auf dem Gerüst auch die Privatsphäre des Mieters gestört gewesen. Da ein Mangel bestand, war die Miete zunächst einmal nach dem Gesetz gemindert (§ 536 BGB).
Für den Zeitraum bis Oktober 2016 könne der Mieter die zu viel geleistete Miete aber nicht zurückverlangen. Seine Verrechnung mit den aktuellen Mietzahlungen war deshalb nicht wirksam. Denn der Mieter hatte die Mieten bis einschließlich Oktober 2016 vorbehaltslos geleistet. Nach § 814 BGB kann man eine Zahlung, die man in Kenntnis der Nichtschuld leistet, nicht zurückverlangen. Dies sei hier der Fall, so das Amtsgericht, da der Mieter zumindest wissen musste, dass er zur Minderung berechtigt war.
Die Minderungsquote in Höhe von 11,4% der Bruttomiete hält das Amtsgericht aufgrund der offensichtlichen Beeinträchtigungen pauschal für angemessen.
Praxistipp – Vorbehalt der Rückforderung in Höhe einer angemessenen Minderung erklären
Mieter sollten, selbst wenn sie den Rechtsfrieden wahren möchten, bei einem Mangel dem Vermieter gegenüber erklären, dass sie die Miete in Höhe einer angemessenen Minderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlen. Ansonsten kann es einem so ergehen, wie dem Mieter in dem hier entschiedenen Fall, dass die nachträglich durchgeführte Minderung an § 814 BGB scheitert. Bei größeren Mängeln über längere Zeit kann dann sogar die Gefahr einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs bestehen. Allerdings hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Vorbehalt nicht stets notwendig sein soll (Vorbehalt der Minderung nicht immer notwendig).
Die Minderung der Miete erfolgt immer anhand der Bruttowarmmiete (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 225/03).
Generell empfehle ich, bei nicht ganz unerheblichen Minderungen immer zunächst Rücksprache mit einem spezialisierten Rechtsanwalt zu halten, da das Rechtsempfinden der Bevölkerung und die Rechtsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches teilweise doch recht weit auseinanderliegen.
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- In meinem Beitrag Richtig mindern habe ich aus der Perspektive eines Rechtsanwaltes für Mietrecht erklärt, was man als Mieter bei der Durchsetzung einer Minderung beachten sollte.
- Wichtig ist es auch, nachweisen zu können, dass man den Vorbehalt dem Vermieter mitgeteilt hat. Wie Sie ein solches Schreiben zustellen sollten, erkläre ich in dem Beitrag: Wie stelle ich Schreiben beweissicher zu?
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dieser Entscheidung.
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