Minderung des Ladenmieters wegen Baustelle
In einem Urteil vom 11.02.2015 hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt mit der Minderung eines Ladenmieters wegen einer nahe gelegenen Baustelle beschäftigt. Das OLG hat den Mietern des Ladengeschäftes zwar eine Minderung zugesprochen. Gleichzeitig gab es aber der Räumungsklage der Vermieterin statt.
Der Ausgangsstreit – Minderung des Ladenmieters wegen Baustelle in der Nähe
Die Parteien hatten einen befristeten Mietvertrag für ein Ladengeschäft abgeschlossen. Dieser begann im März 2013 und sollte eigentlich bis Ende Februar 2018 laufen.
Bereits im Juni 2013 wurde in der Nähe des Geschäfts eine Großbaustelle eingerichtet. Es kam zu Beeinträchtigungen durch Container, durch Beton-Stahlkonstruktionen zur Stromversorgung sowie durch Baufahrzeuge und Lkws. Die Sicht auf den Laden war erheblich eingeschränkt.
Ab Juni 2013 minderten die Mieter die Miete um monatlich 30 %. Ab Juli 2014 leisteten sie keinerlei Zahlungen mehr. Die Vermieterin erklärte mehrere fristlose Kündigungen wegen Zahlungsverzuges zuletzt im Gerichtsverfahren mit Schriftsatz vom 21.10.2014.
Das Landgericht hatte die Mieter bereits zur Räumung verurteilt.
Die Entscheidung – Wann ist die Minderung des Landemieters wegen einer Baustelle in der Nähe gerechtfertigt?
Das OLG Frankfurt bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Spätestens im Oktober 2014, als die letzte Kündigung ausgesprochen wurde, befanden sich die Mieter mit zumindest 3,4 Monatsmieten im Verzug. Allerdings bestand nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich ein Recht zur Minderung des Ladenmieters wegen der Baustelle.
Im Gegensatz zum Landgericht gesteht das Oberlandesgericht den Mietern eine Minderung von 15 % der Miete zu. Ob der Umweltmangel (s.u.) „Baustelle“ den Mieter zur Minderung berechtigt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Hierbei sind insbesondere die vertraglichen Vereinbarungen, die Kenntnisse der Vertragsparteien, die Art und Intensität der Beeinträchtigungen sowie deren Üblichkeit im Hinblick auf die Lage des Mietobjekts zu berücksichtigen. Stets ist eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erforderlich. Andernfalls käme es zu einer Ausuferung des Mängelbegriffs. Denn es muss beachtet werden, so das OLG, dass das Verwendungs- und Ertragsrisiko des Geschäftsbetriebs grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters fällt.
Da der Ladenbetrieb der Mieter, das Bedienen von Kunden, das Vorführen und gegebenenfalls Erläutern von Bildern, aber auch die Zugänglichkeit und Erkennbarkeit für Laufkundschaft erheblich beeinträchtigt war, war hier ein Mangel gegeben. Weil jedoch im Innenstadtbereich mit gewissen Beeinträchtigungen aufgrund üblicher Bautätigkeiten zu rechnen ist, ist die Höhe der Minderung entsprechend anzupassen. Anhand dieser Erwägungen gelangt das Oberlandesgericht zu einer Minderung von 15%.
Praxistipp – Abwägung beiderseitiger Interessen
Umweltmangel bezeichnet einen Mangel, der durch das Umfeld begründet wird und nicht dem Mietobjekt selbst anhaftet.
Gerade Existenzgründer geraten, wenn kurz nach Eröffnung eines auf Laufkundschaft angewiesenen Ladengeschäftes in unmittelbarer Umgebung eine Baustelle eingerichtet wird, schnell in Existenznot. Dabei ist es sowohl für Mieter als auch Vermieter häufig nicht vorhersehbar, wann und wo im Innenstadtbereich eine Großbaustelle eröffnet werden wird. Vor ähnlichen Problemen stehen Mieter, wenn an dem Mietobjekt „plötzlich“ größere Instandsetzungsarbeiten also Reparaturen notwendig werden (z.B. bei Gerüstaufstellung zur Durchführung von Instandsetzungsarbeiten an dem Dach).
Der für Wohnraummietrecht zuständige achte Senat am BGH hat in einer Entscheidung vom 29.04.2015 (BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14) erklärt, dass ein Vermieter regelmäßig nicht dafür einstehen will, dass während der Mietzeit die Umweltbedingungen gleich bleiben. Man muss den Mietvertrag dann ergänzend auslegen. Dabei soll ermittelt werden, welche Regelung die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als redliche Vertragspartner getroffen hätten, wenn ihnen bei Vertragsschluss die Entwicklung bewusst gewesen wäre. Die Überlegungen des Oberlandesgerichts gehen in eine ähnliche Richtung, wenn es erklärt, dass Verwendungs- und Ertragsrisiko des Geschäftsbetriebs grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters fallen.
Das Risiko, das mit der „Auslegung des Willens der Vertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrages durch das Gericht“ einhergeht, lässt sich nur vermeiden, wenn man bei Abschluss des Vertrages eindeutige Regelungen zur Berechtigung zur Minderung bei Beeinträchtigungen durch Bautätigkeiten Dritter vereinbart. Vor Abschluss des Mietvertrages ist dabei die Verhandlungsbereitschaft von Vermietern meist stärker ausgeprägt, als nach Abschluss und Eintritt des Schadens.
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- In dem Beitrag Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss erkläre ich, weshalb man Gewerberaummietverträge vor Abschluss prüfen lassen sollte.
- Außerdem gebe ich in Richtig die Miete mindern Mietern Tipps dazu, was sie bei einer Minderung der Miete beachten sollten.
- Hier finden Sie weitere Links zu dem Urteil.
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