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Minderung erfolgt anhand Gesamtmiete

  • RA Daryai
  • Gewerberaummietrecht Urteile, Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Bundesgerichtshof // XII ZR 225/03

Immer wieder wird von Seiten Vermietender die Ansicht vertreten, dass sich die Höhe einer Mietminderung auf der Grundlage der Kaltmiete berechnet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2005 entschieden, dass die Berechnung der Minderung stets anhand der Gesamtmiete erfolgt. Das heißt anhand der Grundmiete und aller Nebenkosten.

Der Ausgangsstreit – Mieter mindert die Gesamtmiete aufgrund von Mängeln

Die Parteien sind über einen Mietvertrag für Gewerberäume vom 24.06.1999 miteinander verbunden. Nachdem Mängel in Form von Feuchtigkeitsschäden, Schimmelbefall und einer defekten Regenrinne aufgetreten waren, minderte der Mieter die Miete. Die Vermieterin erkannte die Minderung nicht an und klagte auf Zahlung der Mietrückstände.

Das Landgericht hat die Klage teilweise abgewiesen und den Mieter zur Rückzahlung von Mietrückständen in Höhe von 1.713,46 € verurteilt. Es ist von einer zulässigen Minderung der Gesamtmiete in Höhe von 10 % für die Monate Juni bis August sowie Oktober 2001, und in Höhe von 20 % für die Monate November 2001 bis Juni 2001 ausgegangen. Die Berufung beim Kammergericht blieb ohne Erfolg. Das Kammergericht hat ausgeführt, dass das Landgericht zu Recht bei der Berechnung der Minderung von der Gesamtmiete ausgegangen sei. Denn gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB seien Mietende vollständig von der Entrichtung der Miete befreit, solange die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch infolge des Mangels aufgehoben ist. In diesem Fall müssen Mietende auch keine Nebenkosten bezahlen. Gegen diese Entscheidung ging die Vermieterin in Revision zum BGH.

Minderung erfolgt anhand Gesamtmiete

Die Entscheidung – Erfolgt die Minderung aufgrund von Mängeln anhand der Gesamtmiete?

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Ausführungen des Kammergerichts halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so der BGH. Es habe bereits ausgeführt, dass es sich bei den Feuchtigkeitsschäden um erhebliche Mängel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB handele. Auf den vorgelegten Fotos seien die nach einem Wassereinbruch entstandenen Schäden einschließlich des darauf beruhenden Schimmelbefalls deutlich zu erkennen. Zusammen mit unstreitigen Schäden am Fußboden sei eine Minderung in Höhe von 10 % gerechtfertigt.

Gleiches gelte für den Defekt der Regenrinne Auch hier sei eine Minderung um 10 % angemessen. Der gesamte, auf der Dachfläche angesammelte Regen werde durch die beschädigte Stelle vor den Eingangsbereich der Büroräume geleitet. Es sei an Regentagen nicht möglich gewesen, die Räume zu betreten und zu verlassen, ohne sich die Kleidung erheblich zu verschmutzen.

Die Revision berufe sich außerdem ohne Erfolg darauf, dass der Wassereinbruch im Jalousienbereich die Mietsache nur unerheblich beeinträchtige. Als unerheblich ist ein Fehler insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, sodass die Geltendmachung einer Minderung gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt. Die mit der Revision angegriffene Entscheidung sei danach nicht zu beanstanden, so der BGH. Die Erneuerung von 15 m² Tapete und 3 m² Putz überschreite die Grenze der Unerheblichkeit.

Die Minderung erfolgt anhand der Gesamtmiete, also der Grundmiete und aller Nebenkosten

Dass die Minderung anhand der Gesamtmiete, also anhand des Mietzinses und aller Nebenkosten erfolgt ist, sei laut BGH ebenfalls korrekt. Nach § 536 BGB werden Mietende, wenn ein Mangel die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, von der Entrichtung der Miete befreit. Bei bloßer Minderung der Tauglichkeit haben sie nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Ausgangspunkt für die Berechnung der Minderung ist somit die vom Mieter zu zahlende Miete. Auch wenn das Gesetz hier Interpretationsspielraum zulässt, schließt sich der BGH der Auffassung des Kammergerichts an, dass nach der Systematik des Gesetzes Betriebskosten als Bestandteil der Miete anzusehen seien.

Die Minderung sei ein Ausdruck des das Schuldrecht prägenden Äquivalenzprinzips. Die Vermietenden stellen eine Leistung, also eine vertragsgemäß nutzbare Mietsache, bereit und erhalten im Gegenzug von den Mietenden die Gegenleistung in Form der Mietzahlung. Zwischen Leistung und Gegenleistung besteht damit ein Äquivalenzverhältnis. Bei einer Störung der Leistung, beispielsweise durch Mängel, kann durch die Minderung eben dieses Äquivalenzverhältnis wieder hergestellt werden. Neben der bloßen Überlassung zählen zur Leistung Vermietender auch Nebenleistungen, wie die Versorgung mit Energie, Wasser und Heizung. Die Grundmiete und die Nebenkosten stellen damit eine Gesamtleistung Vermietender dar. Ein Mangel der Haupt- oder einer Nebenleistung sei damit stets ein Mangel der geschuldeten Gesamtleistung. Das habe nach Ansicht des BGH zur Folge, dass die gesamte Gegenleistung (Gesamtmiete) gemindert werden müsse, um das Äquivalenzverhältnis wieder herzustellen.

Praxistipp – Berechnung der Minderung anhand Kaltmiete wird von BGH abgelehnt

Bei einer Zugrundelegung der Kaltmiete für die Berechnung der Minderung ließe sich ein einheitlicher Maßstab für alle Formen der Nebenkostenzahlung nur schwer erreichen. Die Höhe der Minderung hinge letztlich von der vereinbarten Mietstruktur ab. Denn beispielsweise bei der sogenannten Inklusivmiete kann die Kaltmiete gar nicht herangezogen werden. Damit hätten es die Vermietenden in der Hand, durch Vereinbarung einer niedrigeren Grundmiete mit hoher Nebenkostenpauschale die Minderungsmöglichkeit zum Nachteil Mietender zu beeinflussen. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB wollte der Gesetzgeber dies für den Bereich des Wohnraummietrechts ausschließen.

Auch die Ansicht, von der Kaltmiete auszugehen und die Nebenkosten nur dann herabzusetzen, wenn der Mangel einen Bereich der Vermieterleistung betrifft, für den die Nebenkosten zu leisten sind, sei wenig praktikabel, so der BGH. Eine solche Vorgehensweise würde einen erheblichen Darlegungs- und Berechnungsaufwand mit sich ziehen.

Da grundsätzlich die zulässige Höhe einer Minderung für Laien nur schwer zu bestimmen ist, empfehlen wir, sich stets rechtsanwaltlich beraten zu lassen.

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  1. Der BGH hat genauso auch in einem weiteren Urteil für das Wohnraummietrecht entschieden, siehe Minderung berechnet sich anhand Warmmiete.
  2. Was sollten Mietende beachten, wenn sie die Miete mindern möchten? Einen Überblick bietet dieser Beitrag.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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