Minderung und fristlose Kündigung wegen Baugerüst
Mit Urteil vom 15.05.2014 hat das Kammergericht zu Gunsten von Mietern entschieden. Der Mieter war zur Minderung der Miete berechtigt und durfte die fristlose Kündigung des Mietvertrages erklären, weil der Vermieter vor dem gemieteten Café ein Baugerüst aufstellen ließ.
Der Ausgangsstreit – Vermieter lässt Baugerüst aufstellen
Die Parteien waren über einen Gewerberaummietvertrag verbunden. Im Mai 2010 ließ der Vermieter vor dem Haus ein Baugerüst aufgestellen.
Mit Schreiben vom 17.07.2010 erklärten die Mieter, dass hierdurch der Geschäftsbetrieb beeinträchtigt wird und setzten eine Frist zur Abhilfe bis einschließlich zum 31.07.2010. Dies wiederholten sie mit Schreiben vom 10.03.2011 mit einer erneuten Abhilfefrist bis zum 23.03.2011.
In dem Mietvertrag war aufgeführt, dass für Arbeiten an der Fassade ein Gerüst aufgestellt werden wird. Tatsächlich ließ der Vermieter innerhalb der Aufstellungszeit des Gerüsts kaum Arbeiten an der Fassade durchgeführen. Das Gerüst hatte vielmehr die Funktion einer Schutzvorrichtung für Passanten.
Nach Ansicht des Landgerichts Berlin war der Mieter zur Kündigung nicht berechtigt.
Die Entscheidung – Ist die Minderung und fristlose Kündigung wegen eines Baugerüsts möglich?
Das Kammergericht entscheidet jetzt zugunsten des Mieters.
In dem Urteil wird durch das Kammergericht allgemein dargestellt, dass auch ohne weitere Darlegung des Mieters ein vor dem Geschäftsbetrieb aufgestelltes Gerüst zu erheblichen Beeinträchtigungen führt. Diese sind in jedem Fall nicht unerheblich, so dass eine Kündigung des Mietverhältnisses gemäß §§ 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB möglich ist. Da das aufgestellte Gerüst entgegen der Vereinbarung des Mietvertrags nicht die Funktion hatte, dass Arbeiten an der Fassade durchgeführt werden konnten, sondern vielmehr eine dauerhafte Schutzvorrichtung darstellte, war der Vermieter auch nicht durch die Vereinbarung in dem Mietvertrag geschützt.
Weiter hat das Kammergericht zur Höhe einer angemessenen Minderung wegen der Gerüstaufstellung vor dem Café entschieden.
Auch hier gibt das Kammergericht weit überwiegend den Mietern Recht. Eine angemessene Minderung nimmt das Kammergericht für den Zeitraum, in dem Tische und Stühle vor dem Café aufgestellt werden könnten (April bis Oktober eines Jahres) mit 45% und für die restliche Zeit mit 30% der Miete an. Das Gericht ist auch der Meinung, dass der Mieter im Fall einer Gerüstaufstellung noch nicht einmal konkrete Gebrauchsbeeinträchtigungen darlegen muss. Folgende Beeinträchtigungen seien gerichtsbekannt. Der Mieter muss sie also nicht beweisen:
- Herabsetzung des Gesamterscheinungsbildes des Hauses und damit des Ladengeschäfts,
- geringere Anziehungskraft auf Laufkundschaft,
- Verdunkelung des Mietraums,
- Herabtropfen von Regenwasser,
- sowie fehlende Nutzbarkeit des Bürgersteigs zum Aufstellen von Tischen und Stühlen für den Cafébetrieb.
Praxistipp – Im Gewerberaummietrecht kann eine fristlose Kündigung zu Schadensersatzansprüchen führen
Gerade im Gewerberaummietvertrag, in dem eine fristlose Kündigung zu sehr erheblichen Schadensersatzansprüchen für beide Seiten führen kann, sollte Mieter wie Vermieter daran gelegen sein, mögliche Arbeiten an dem Haus im Vorhinein genau miteinander abzusprechen und eine angemessene Vereinbarung für beide Seiten zu finden. Arbeiten zur Instandhaltung, Instandsetzung oder zur Modernisierung sind regelmäßig mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden, z.B. für den laufenden Café-Betrieb. Ist vertraglich hierzu nichts geregelt, ist der Mieter regelmäßig zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.
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- Hier finden Sie weitere Links zu dem Urteil.
- In dem Beitrag Richtig mindern erkläre ich, was aus meiner Sicht als Fachanwalt für Mietrecht bei der Umsetzung einer Minderung beachtet werden sollte.
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