Optionsrecht muss innerhalb der Ausübungsfrist wahrgenommen werden
Der Großteil aller Gewerberaummietverträge sieht zugunsten der Mietenden ein Optionsrecht vor. Vermietende bieten ein solches Optionsrecht nicht selten deswegen an, um die Mindestdauer von zehn Jahren Mietzeit zu erreichen, die zu einer wirksamen Vereinbarung einer Indexmiete notwendig ist. Ebenfalls nicht selten vergessen dann aber die Mietenden, das Optionsrecht auszuüben. Dass man in diesem Fall zur Verlängerung der Mietzeit einen schriftlichen Nachtrag abschließen sollte, verdeutlicht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg aus dem Jahr 2022. Danach muss das Optionsrecht innerhalb der Ausübungsfrist wahrgenommen werden.
Der Ausgangsstreit – Parteien streiten über Ausübung des Optionsrechts zur Verlängerung des Mietverhältnisses
Die Parteien sind über einen Mietvertrag für Gewerberäume ab dem 01.10.2014 miteinander verbunden. Das Mietverhältnis war bis zum 01.10.2019 befristet. Zugunsten der Mieterin war eine Verlängerungsoption bis zum 01.10.2024 vorgesehen. Diese musste spätestens sechs Monate vor Ablauf der Festlaufzeit schriftlich ausgeübt werden. Der Geschäftsführer der Mieterin erklärte mit E-Mail vom 10.04.2019, dass er die Option ausüben möchte. Er fragte an, ob der Vermieterin die Ausübung der Option auf diesem Wege ausreiche. Dies bestätigte die Vermieterin wiederum per E-Mail.
Mit Schreiben vom 18.06.2021 erklärte dann die Vermieterin die Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2021. Da die Mieterin das Mietobjekt nicht herausgab, erhob die Vermieterin Räumungsklage. Schließlich gab die Mieterin die Mietflächen am 31.03.2022 heraus. Die Parteien streiten in dem Rechtsstreit jetzt noch über die Kosten des Verfahrens, nachdem die Klage beidseitig für erledigt erklärt wurde.
Das Landgericht hat die Kosten der Vermieterin auferlegt. Gegen diese Entscheidung legte die Vermieterin sofortige Beschwerde zum OLG Hamburg ein.
Die Entscheidung – Muss das Optionsrecht innerhalb der Ausübungsfrist wahrgenommen werden?
Das OLG hilft der sofortigen Beschwerde der Vermieterin ab. Die Kosten des Verfahrens seien durch die Mieterin zu tragen. Das Optionsrecht hätte innerhalb der Ausübungsfrist wahrgenommen werden müssen. Die danach erfolgte Einigung über die Verlängerung der Mietzeit hätte als Nachtrag zum Mietvertrag abgeschlossen werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, sei die Vermieterin zur ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen.
Die Verteilung der Kosten nach beidseitiger Erledigungserklärung erfolgt nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO nach billigem Ermessen unter der Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Grundlage der Entscheidung ist eine summarische Prüfung, bei der das Gericht davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln. Das OLG Hamburg kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem Stand des Rechtsstreits die Mieterin voraussichtlich unterlegen gewesen wäre.
Ein vertraglich eingeräumtes Optionsrecht erlischt nach Ablauf der Optionsausübungsfrist. Durch das Optionsrecht erhalten Mietende die Befugnis durch einseitige rechtsgestaltene Erklärung das bestehende Miet- oder Pachtverhältnis um die Optionszeit zu verlängern. Ein wahrgenommenes Optionsrecht stellt keinen neuen Vertragsschluss dar. Vielmehr handelt es sich um ein bereits vom Ausgangsvertrag eingeräumtes Gestaltungrecht. Durch Ausübung dieses Gestaltungsrechts verlängert sich die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit. Die vertraglichen Beziehungen ändern sich hierdurch aber nicht.
Eine den Mietvertrag abändernde Vereinbarung unterliegt dem Formerfordernis des § 550 S. 1 BGB
Sieht ein Optionsrecht vor, dass es innerhalb einer bestimmten Frist wahrzunehmen ist, müsse es auch innerhalb dieser Frist ausgeübt werden, so das OLG. Dabei sei die Vorschrift des § 550 S. 1 BGB entgegen der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts nicht einschränkend auszulegen. Lediglich die Ausübung der Option durch einseitige Gestaltungserklärung unterliege dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB. Denn dieser gelte eben nur für Verträge und nicht für einseitige Erklärungen.
Die E-Mail, mit der der Geschäftsführer der Mieterin die Option ausüben wollte und die Bestätigung durch die Vermieterin stellen eine, entgegen einem Optionsrecht, den ursprünglichen Mietvertrag abändernde Vereinbarung dar. Da diese Vereinbarung einen wesentlichen Vertragsinhalt des Mietverhältnisses betraf, die Mietzeit, unterliege sie dem Formerfordernis des § 550 S. 1 BGB. Es hätte also ein formwirksamer Nachtrag zum Mietvertrag geschlossen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, habe sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert. Es konnte daher mit den Fristen des § 580 Abs. 2 BGB gekündigt werden, so das OLG. Ein Grund zur Kündigung war nicht notwendig.
Praxistipp – Verhandeln Sie bereits vor Ausübung des Optionsrechts über die neue Miethöhe
Mietende sollten immer im Blick haben, bis wann sie die Option zur Verlängerung des Mietvertrages ausüben können. Ist die Frist erst einmal abgelaufen, benötigen Mietende die Zustimmung der Vermietenden zum Abschluss eines Nachtrags.
Dabei sollten Mietende unbedingt Folgendes beachten: viele Gewerberaummietverträge sehen vor, dass bei Ausübung der Option die Miete neu zu bestimmen ist. Dabei gibt es noch eine Reihe von Variationen, wer die Miete nach welchem Maßstab bestimmen kann (im Regelfall die Vermietenden). Wenn man also die Option beispielsweise zur Verlängerung von fünf Jahren ausübt, weiß man in einem solchen Fall noch überhaupt nicht, auf welche Miethöhe man sich für die Vertragslaufzeit einstellen muss. Dies stellt eine für Mietende, auch bei den Verhandlungen über die Höhe der zukünftigen Miete mit den Vermietenden nach Optionsausübung, unmögliche Situation dar in der sie sich unter dem enormen Druck befinden, eine halbwegs wirtschaftliche Lösung zu finden.
Aus diesem Grund rate ich dringend dazu, bereits vor Ausübung der Option über die Höhe der neuen Miete zu verhandeln und diese gegebenenfalls zusammen mit dem ausgeübten Optionsrecht in einem Nachtrag festzuhalten. Alternativ können sich Mietende ein Sonderkündigungsrecht nach Festsetzung der neuen Miete einräumen lassen, um gegebenenfalls wieder aus dem Vertrag herauszukommen.
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