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Optische Mängel

  • RA Daryai
  • Gewerberaummietrecht Beiträge, Mieten Beiträge, Wohnraummietrecht Beiträge
Beitrag

Wenn Mängel im Mietobjekt auftreten, führt das nicht selten zu Streitigkeiten zwischen Mietenden und Vermietenden, insbesondere über die Zulässigkeit und Höhe der Minderung der Miete. Gerade wenn es um rein optische Mängel geht, führen Vermietende gerne an, dass solche allein noch nicht zur Minderung berechtigen würden. Einige Gerichtsurteile zeigen jedoch, dass auch bei optischen Mängeln die Minderung der Miete berechtigt sein kann. Entscheidend ist hier der Einzelfall.

1. Worum handelt es sich bei optischen Mängeln?

Optische Mängel sind solche, die den Geltungswert eines Mietobjekts beeinträchtigen. Das heißt, es treten Schäden im Mietobjekt auf, die nicht schön aussehen, jedoch keine oder nur sehr geringfügige Auswirkungen auf die Nutzung haben. So kann beispielsweise geringfügiger Schimmel, welcher keine gesundheitlichen Auswirkungen auf die Mietenden hat, ein rein optischer Mangel sein. Genauso ist es mit uneinheitlicher Verfliesung oder Feuchtigkeitsschäden an Wänden oder Fliesen.

Optische Mängel

2. Minderung wegen Mängeln

Grundsätzlich sind Mietende gemäß § 536 Abs. 1 BGB zur Minderung der Miete berechtigt, wenn in ihrem Mietobjekt erhebliche Beeinträchtigungen auftreten, die den vertragsgemäßen Gebrauch des Mietobjekts einschränken oder unmöglich machen. Das heißt bei Mängeln, die den Funktionswert des Mietobjekts beeinträchtigen, besteht die Möglichkeit zur Minderung. Ausführlichere Informationen hierzu bietet der Beitrag Minderung.

3. Minderung wegen optischen Mängeln

Sobald der Funktionswert des Mietobjekts durch den Mangel nicht beeinträchtigt ist, es demnach nur um den Geltungswert des Mietobjekts geht, spricht man von optischen Mängeln. Damit ein optischer Mangel, wie ein sonstiger Mangel auch, zur Minderung berechtigt, muss er eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen. Ob und in welcher Höhe die Minderung in diesen Fällen möglich ist, hängt von der Schwere der optischen Beeinträchtigung ab. Zumeist fällt die Minderung hier sehr gering aus.

4. Optische Mängel, welche zur Minderung berechtigen. Eine Auswahl an Gerichtsentscheidungen

Einige Gerichtsentscheidungen belegen, dass eine Minderung wegen optischen Mängeln möglich ist, sofern diese den Geltungswert eines Mietobjekts nicht unerheblich beeinträchtigen.

Optische Mängel

a. Schimmel als optische Beeinträchtigung

Gerade wenn Schimmel nur in sehr geringem Maße auftritt, führt er zu einer rein optischen Beeinträchtigung, beispielsweise durch verschimmelte Silikonfugen oder Flecken auf der Tapete. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1984 (s. LG Hamburg, Urteil vom 10.04.1984 – 16 S 211/83) hat das Landgericht Hamburg Mietenden die Möglichkeit zur Minderung wegen Schimmel als optischem Mangel zugesprochen. Der Schimmelschaden führe hier zwar nicht zu einer Beeinträchtigung des Funktionswerts des Raumes. Er führe aber zu einer Verminderung des Geltungswerts des Raums, selbst wenn es sich um einen optisch nicht auffälligen Schimmelschaden handele, so das Landgericht.

b. Unterschiedliche Verfliesung im Raum als optischer Mangel

In einem Urteil aus dem Jahr 1991 hat das Landgericht Kleve (s. LG Kleve, Urteil vom 05.02.1991 – 6 S 285/90) entschieden, dass es sich bei unterschiedlicher Verfliesung im Raum um einen optischen Mangel handele. In dem zu entscheidenden Fall wurde nach einem Wasserschaden das Badezimmer mit andersfarbigen Fliesen teilweise neu verfliest. Die Funktion des Badezimmers habe nicht gelitten, die teilweise Verfliesung führe jedoch dazu, dass das einheitliche Bild im Badezimmer gestört sei, so das Landgericht. Es sprach den Mietenden die Möglichkeit zur Minderung in Höhe von 5 % zu.

Auch das Amtsgericht Köln (s. AG Köln, Urteil vom 13.04.2012 – 201 C 481/10) gestand Mietenden eine Minderung von 3 % zu, weil in deren Badezimmer zerstörte grüne Fliesen durch weiße Fliesen ersetzt wurden, da die grünen nicht mehr im Handel verfügbar waren. Auch hier begründete das Amtsgericht die Entscheidung damit, dass das einheitliche Bild nunmehr zerstückelt und unruhig sei. Zudem lagen in diesem Fall zuvor unter Putz verlegte Rohre nach der Renovierung über dem Putz, was die optische Beeinträchtigung noch verstärke. Zur Begründung des geringen Minderungsbetrags führte das Amtsgericht an, dass die Funktion des Badezimmers nicht gelitten habe und dass allgemein ein Badezimmer im Gegensatz zu Hauptaufenthaltsräumen nur geringfügig genutzt werde.

c. Haarrisse in Räumen als optische Mängel

Wenn in einer deutlich überdurchschnittlich teuren, frisch renovierten Wohnung kurz nach der Überlassung in allen Räumen Haarrisse auftreten, berechtigt dies zur Minderung, so das Amtsgericht Mitte (s. AG Mitte, Urteil vom 15.02.2017 – 7 C 137/16). Es sei eine Minderung von 6 % angemessen. Bei der Entscheidung wurde berücksichtigt, dass es sich um eine sehr hochpreisige Wohnung handele. Zwar sei die Tauglichkeit zum Gebrauch der Wohnung durch die streitgegenständlichen Mängel nicht aufgehoben. Aufgrund der vorhandenen Haarrisse ergebe sich aber „eine beträchtliche optische Beeinträchtigung durch eine erheblich erscheinende Renovierungsbedürftigkeit“.

Optische Mängel

d. Risse in Wänden und Wandkacheln und Feuchtigkeitsschäden als optische Mängel

In einem durch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zu entscheidenden Fall waren in einer Zahnarztpraxis Risse in den Wänden und Wandkacheln sowie Feuchtigkeitsschäden aufgetreten (s. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.1989 – 10 U 154/88). Das OLG sprach den Mietenden eine Minderung von 10 % zu. Der Betriebsablauf der Zahnarztpraxis war nicht gestört, es sei jedoch zu optischen Mängeln gekommen.

e. Verkalkungen, Risse in der Decke und Ablösung der Tapete als optische Mängel

Über verschiedene kleinere Mängel urteilte das Landgericht Berlin in einer Entscheidung aus dem Jahr 2004 (s. LG Berlin, Urteil vom 13.01.2004 – 64 S 334/03). So sprach es für eine verkalkte Toilette 1 % Minderung zu, für ein verkeimtes und verkalktes Bad 5 %, die Funktion des Bads sei gewährleistet gewesen, es handele sich auch hier um einen optischen Mangel. Für Risse in der Wohnzimmerdecke sah das Landgericht 0,5 % Minderung als angemessen an, für eine lose Steckdose in der Küche ebenfalls 0,5 %, genauso wie für die Ablösung der Deckentapete im Flur nach einem Wasserschaden.

f. Herausbröckelnder Putz als optischer Mangel

Das Amtsgericht Stuttgart hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020 (s. AG Stuttgart, Urteil vom 14.02.2020 – 32 C 1562/19) Mietenden einer Wohnung eine Minderung von 5 % zugesprochen, für die Beschädigung einer Wand im Schlafzimmer in der Größe von zwei DIN A4 Seiten mit herausbröckelndem Putz. Das Amtsgericht führt in seiner Begründung an, der Mangel habe zwar nicht zu schweren Gebrauchsbeeinträchtigungen geführt, er war aber geeignet, nicht nur das optische und ästhetische Wohlbefinden zu stören. Vielmehr sei durch die erhebliche und fortdauernde Verschmutzung durch den Putz das Wohlgefühl der Mietenden allgemein beeinträchtigt worden.

g. Bröckelnder Außenputz an der Fassade als optischer Mangel

Laut dem Amtsgericht Berlin Köpenick (s. AG Köpenick, Urteil vom 15.08.2007 – 8 C 129/07) haben Mietende einen „Anspruch auf Herstellen eines einwandfreien, optisch ansprechenden Außenputzes an dem Gebäude“. In dem zu entscheidenden Fall bröckelte Außenputz an der Fassade ab. Das Amtsgericht sprach den Mietenden eine Minderung zu, da die Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit für die Wertschätzung einer Wohnung wesentlich sei. Das zeige auch der Berliner Mietspiegel, bei dem sich die äußerliche Verfassung oder das unmittelbare Umfeld der Wohnung, also ob sie sich in einem hoch angesehenen Stadtquartier befindet, direkt auf die Miethöhe auswirkt.

Optische Mängel

h. „Eindruck einer Baustelle“ als optischer Mangel

Wenn im Treppenhaus großflächig Wände aufgeschlitzt und Elektrokabel nur provisorisch befestigt sind, so würde der „Eindruck einer Baustelle“ bestehen, für beispielsweise Besuchende, so das Amtsgericht Köln (s. AG Köln, Urteil vom 16.04.1997 – 207 C 14/97). Ein optischer Mangel läge vor. Zudem lasse ein solcher Zustand keine gründliche Reinigung des Treppenhauses zu. Das Amtsgericht setzte daher eine Minderung von 10 % als angemessen an.

5. Optische Mängel berechtigen zur Minderung

Die dargestellten Gerichtsentscheidungen zeigen, dass optische Mängel, also solche, die den Geltungswert eines Mietobjekts beeinträchtigen, durchaus zur Minderung berechtigen können. Gerade die, häufig gering ausfallende, Höhe der Minderung ist jedoch stark vom Einzelfall abhängig. Mietende sollten sich daher unbedingt von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen, bevor sie die Miete mindern. Zudem ist es sinnvoll, nicht gleich zum Instrument der Minderung zu greifen, sondern vorerst die Miete unter Vorbehalt zu zahlen, damit keine Kündigung wegen Zahlungsverzugs droht. So können Mietende, nachdem sie eine wirksame Minderung durchgesetzt haben, die unter Vorbehalt zu viel gezahlte Miete zurückfordern.

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  1. In dem Beitrag Minderung liefern wir einen allgemeinen Überblick zu Thema.
  2. Wichtige Informationen zum Thema Schimmel bietet der Beitrag Schimmel – wer muss was beweisen?
  3. Die bloße Gefahr von Schimmel ist kein Mangel, so der BGH. Unser Beitrag fasst das Urteil für Sie zusammen.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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