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Rechtstipps für die WG/Wohngemeinschaft

  • RA Kuo
  • Mieten Beiträge, Wohnraummietrecht Beiträge
Beitrag

I. Arten von Wohngemeinschaften (in mietrechtlicher Hinsicht)

Als Fachanwalt für Mietrecht werde ich oft mit den mietrechtlichen Themen in einer WG konfrontiert. Meist geht es dabei um die Kündigung und wie man jetzt wieder aus der Wohngemeinschaft „rauskommt“.

Vielen Mitgliedern einer WG ist nicht klar, „wie das jetzt mietrechtlich überhaupt ist“. Oft erreichen mich Fragen wie „wie komme ich aus dem Mietvertrag raus und welche Kündigungsfrist habe ich?“ Oder auch: „müssen denn dann alle kündigen und was ist denn, wenn die anderen der Kündigung nicht zustimmen?“. Und ich kann darauf zunächst nur die juristentypische Antwort „es kommt darauf an“ geben. Im folgenden Beitrag zeige ich auf, was möglichst schon vor Abschluss eines Mietvertrages bedacht werden sollte und welche rechtlichen Folgen sich aus den unterschiedlichen Varianten ergeben.

Es gibt drei denkbare (in der Praxis „zwei“) unterschiedliche Möglichkeiten, einen Mietvertrag unter/mit den „Mitgliedern“ einer WG abzuschließen. Davon hängt dann auch ab, wie man aus diesem Mietvertrag wieder „rauskommen kann“.

1. Alle Hauptmieter
Die erste Möglichkeit besteht darin, dass alle Mitglieder auch Hauptmieter werden. Jedes einzelne Mitglied tritt damit in eine vertragliche Beziehung mit dem Vermieter. Aber eben auch gemeinsam. Dies im Unterschied zur Variante 3, in welcher jeder Mieter einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter abschließt. Grafisch dargestellt:

Vermieter

|

Hauptmieter 1
2
3
usw.

2. Nur ein Hauptmieter
Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass nur ein WG-Mitglied Hauptmieter wird und die übrigen Untermieter werden. Die vertraglichen Beziehungen sind dann „gestuft“. Nur der Hauptmieter hat eine vertragliche Beziehung zum Vermieter. Der Vermieter hat eine Doppelfunktion inne, er ist Mieter und Vermieter zugleich:

Vermieter

|

Hauptmieter

|                                   \

Untermieter 1            2     usw.

3. Jeder für sich
Eine rechtlich denkbare, aber bei mir noch nicht aufgetretene dritte Variante ist folgende: Jedes WG-Mitglied schließt einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter ab. Dies dann für einzelne Zimmer, mit der Möglichkeit, die „Gemeinschaftsräume“ (also in der Regel Bad, Küche und ggf. Wohnzimmer) zu nutzen. Es besteht dann zwischen jedem einzelnen WG-Mitglied und dem Vermieter ein Mietvertrag:

Vermieter

|                                       \

Hauptmieter 1               2        usw.

II. Kündigungsmöglichkeiten

Aus dem gerade Dargestellten lässt sich gut ableiten, welche Regeln für die Kündigung in der jeweiligen Variante gelten.

1.
Hier gibt es die größten Schwierigkeiten, wenn ein Mitglied „aus dem Vertrag raus will“, denn:

Wenn auf einer Seite des Vertrages mehrere Personen beteiligt sind, dann kann das Mietverhältnis auch nur „durch alle“ gekündigt werden. Aus diesem Grund ist das einzelne WG-Mitglied auf die Mitwirkung der anderen Mitglieder angewiesen.

Aus diesem Grund gibt es aber auch gleichzeitig den Anspruch des einzelnen Mitglieds darauf, dass die anderen Mitglieder also ebenfalls die Kündigung erklären. Notfalls kann, sofern diese Mitwirkung verweigert wird, auch auf Abgabe dieser Willenserklärung geklagt werden. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, gilt diese Willenserklärung als abgegeben und die Kündigung als ausgesprochen. Allerdings kann sich ein solches Verfahren sehr lange hinziehen und kostet Nerven, Zeit und Geld. Auch aus diesem Grund sollte eine einvernehmliche Lösung versucht werden.

Die Kündigungsfrist ist dabei „die normale“ des § 573c I 1 BGB, sie beträgt grob gesagt drei Monate, das Gesetz bestimmt dabei etwas genauer:

„Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.“

Beispiel: Die Kündigung wird bis zum dritten Werktag des Januars erklärt und ist dann zum Ablauf
des März wirksam.

Der Vorteil für den Vermieter und ein Nachteil für den Mieter ist, dass der Vermieter hier die gesamte Miete von jedem WG-Mitglied verlangen kann. Das Stichwort lautet „gesamtschuldnerische Haftung“. Der einzelne Mieter kann dann zwar wiederum den Ausgleich von „den anderen“ verlangen, aber das bedeutet oft, dass er dann „seinem Geld hinterher rennt“. Aus diesem Grund („mehrere Schuldner“ nebst möglicherweise bürgenden Eltern) wird diese Variante von den Vermietern oft bevorzugt. Ebenso kann der Vermieter damit (zur Ausnahme gleich noch) verhindern, dass die Mieter wechseln, denn er hat ja mit allen Mietern einen Vertrag geschlossen (und sich diese ausgesucht als Vertragspartner) und ein Austausch der Mieter ist daher grundsätzlich nicht so leicht möglich.

2.
Wenn nur eine(r) aus der WG Hauptmieter ist, dann ergibt sich die rechtliche Konsequenz im Grunde genommen aus dem oben dargestellten Schaubild. Angesichts der jeweils eigenen Vertragsverhältnisse können diese grundsätzlich „normal“ gekündigt werden, ohne dass besondere Bestimmungen (zu den Ausnahmen sogleich noch) zu berücksichtigen wären. Dies meint:

a) Kündigung durch den Untermieter
Jeder Untermieter kann seinen Mietvertrag mit dem Hauptmieter ohne Angaben von Gründen (und völlig unabhängig von den anderen Untermietern) unter Einhaltung der bereits gerade eben dargestellten Kündigungsfrist des § 573c Abs.1 S.1 BGB ordentlich kündigen.

b) Kündigung des Hauptmietvertrages durch den Hauptmieter
Hier gilt das zu a) gesagte, der Hauptmieter kann das Hauptmietverhältnis ohne Angaben von Gründen unter Einhaltung der bereits gerade eben dargestellten Kündigungsfrist des § 573c Abs.1 S.1 BGB ordentlich kündigen. Er hat dann allerdings möglicherweise das Problem, dass er selbst wiederum seine vertraglichen Pflichten gegenüber dem/den Untermieter(n) nicht erfüllen kann. Denn da es (außer es wird vertraglich geregelt) keine automatische Verknüpfung zwischen den unterschiedlichen Verträgen gibt, hat das Ende des einen Vertrages erst einmal keine Auswirkungen auf das Bestehen des anderen Vertrages. Will sagen: der Hauptmieter tut gut daran, darauf zu achten, dass auch die Untermietverträge entsprechend beendet sind/werden. Ansonsten hat er nämlich nicht nur ein Problem mit seinen Untermietern (deren Verträge ja erst einmal weitergelten), sondern auch mit seinem Vermieter, der dann die Rückgabe der gesamten Wohnung verlangt. Also auch der Zimmer, in denen dann im schlimmsten Fall noch die Untermieter „sitzen“.

c) Kündigung der Untermietverhältnisse durch den Hauptmieter
Da das Gesetz von einem „Machtgefälle“ zwischen Vermieter und Mieter ausgeht und den Mieter für schützenswert ansieht, benötigt ein Vermieter (ähnlich wie im Arbeitsrecht der Arbeitgeber) für eine Kündigung grundsätzlich einen Grund. Wohingegen der Mieter (siehe oben) ohne Angaben von Gründen mit einer jeweils recht kurzen Frist (die sich auch nicht per Gesetz, (anders als für den Vermieter, mit zunehmender Dauer des Mietverhältnisses) verlängert) kündigen kann.

Aber auch von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme, nämlich dann, wenn der Hauptmieter die Wohnung selbst bewohnt. Dann gibt es für ihn ein Sonderkündigungsrecht (573a Abs. 2 BGB), wonach der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum innerhalb der von ihm selbst bewohnten Wohnung ordentlich kündigen kann, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 BGB bedarf. In diesem Fall – sozusagen als Ausgleich zugunsten des Mieters dafür, dass der Vermieter keinen Grund braucht – verlängert sich allerdings die Kündigungsfrist um weitere drei Monate (zu der üblichen Frist).

Dem Vermieter ist es allerdings auch möglich, die Wohnung (zusätzlich oder hilfsweise) mit Angabe von Gründen ordentlich (fristlos natürlich bei Vorliegen der Gründe sowieso immer) zu kündigen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. So z.B. im Falle von (schweren) Verstößen des Mieters gegen seine vertraglichen Verpflichtungen oder im Falle von Eigenbedarf.

Ich darf noch kurz auf eine weitere Ausnahme hinweisen, nämlich auf die Regelung des § 573c III BGB, hier beträgt die Kündigungsfrist sowohl für den Hauptmieter wie auch den Untermieter dann nur rund zwei Wochen, denn dann kann jede Partei den Vertrag bis spätestens zum 15. eines Monats zum jeweiligen Ende des Monats kündigen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um „Wohnraum handelt, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum dem Mieter nicht zum dauernden Gebrauch mit seiner Familie oder mit Personen überlassen ist, mit denen er einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt“.

3.
In der dritten Variante gelten die „normalen Kündigungsregeln“, denn die Mietverhältnisse sind ja jeweils völlig unabhängig voneinander.

III. Vereinbarungen / Austauschmöglichkeit und -recht

Die Kündigung ist immer das schärfste Schwert. Diese sollte ein Mieter nur erklären, wenn sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt. Natürlich sollte diese, falls Fristen gewahrt werden sollen, zunächst vorsorglich erklärt werden.

Die Parteien des Mietvertrages können natürlich jederzeit vereinbaren, dass z.B. ein Mitglied aus dem Vertrag ausscheidet und ein neues in den Mietvertrag aufgenommen wird.

Aber was passiert, wenn der Vermieter dem gewünschten „Austausch“ nicht zustimmt?

Grundsätzlich bleibt dann nur – wie schon dargestellt – die Kündigung aller Mitglieder, es sei denn, die Wohnung wurde nicht an die einzelnen Personen, sondern an „die Wohngemeinschaft“ vermietet. Dann ist der Vertrag so auszulegen, dass die Mitglieder der Gemeinschaft ihre Entlassung aus dem Vertrag vom Vermieter verlangen können und dass zumutbare Personen anstelle der Ausscheidenden als neue Mieter in den Vertrag eintreten. Der Vermieter muss dann zwar immer noch zustimmen, aber er ist gleichzeitig auch verpflichtet, diese Zustimmung zu erteilen. Auch diese ist (analog zu dem vorgesagten bei der Kündigung durch alle Hauptmieter) im Notfall dann durch eine Klage geltend zu machen.

IV. Fazit, Praxistipp und Bitte um Anregungen

1. Fazit
Die Wahl des Vertragstyps nimmt also entscheidende Weichenstellungen dahingehend vor, wie der jeweilige Vertrag beendet werden kann. Also wie man „aus der WG wieder rauskommt“. Gleichzeitig habe ich„nur“ die gesetzlichen Regelungen (und diese auch nur in Grundzügen) dargestellt, es ist natürlich möglich, hiervon (soweit gesetzlich zulässig), abweichende Vereinbarungen zu treffen, also z.B. zu den Kündigungsmöglichkeiten und -fristen. Sofern also eine „WG-Gründung“ ansteht, sollte man sich fachlichen Rat einholen und die Dinge (ähnlich wie beim Ehevertrag) regeln, solange alle Beteiligten sich noch gut verstehen. Ist die Stimmung erst einmal „gekippt“ oder kommt Streit auf, ist es dafür oft zu spät. Gleiches gilt sinngemäß für die Beendigung eines Mietvertrages oder den Austausch eines WG-Mitbewohners. Bevor Sie die Kündigung erklären, sollte nach Möglichkeit eine gütliche Einigung herbeigeführt werden. Hierbei ist die Beauftragung (sofern eigene Versuche nichts gebracht haben) oft sinnvoll, um die Auseinandersetzung und Angelegenheit wieder zu versachlichen.

2. Beratungshilfe
Oft sind die Einkommensverhältnisse in dieser Phase des Lebens ja noch überschaubar, sodass Sie sich einen Beratungshilfeschein holen können. Dann müssen Sie lediglich einen Eigenanteil von derzeit 15,00 EUR zahlen.Wenn Sie einen solchen Schein vorlegen, (er wird durch das Amtsgericht ausgestellt, Fragen hierzu beantworten wir gerne) sind die Beratung und die vorgerichtliche Vertretung (also Schreiben an die Gegenseite etc.) durch Zahlung des Eigenanteils abgedeckt.

3. Fragen Sie nach!
Dieser Artikel erhebt natürlich weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann er eine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Sofern Sie also Anregungen dazu haben, welche rechtlichen Themen für „eine WG“ interessant sind/sein könnten, freue ich mich über Ihre Rückmeldung oder auf Ihre Fragen. Ich werde diese Aspekte dann, je nach Umfang und Geeignetheit, in diesen Artikel einarbeiten oder einen neuen Beitrag erstellen.

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Simon Guang-Ming Kuo

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Kuo berät Sie zu den Themen Wohnraummietrecht, Immobilienrecht und Wohnungseigentumsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Kuo vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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