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Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Bundesgerichtshof // VIII ZR 133/10

Mit Urteil vom 10.06.2015 hat der Bundesgerichtshof (BGH) strenge Anforderungen an eine Vereinbarung über den Verzicht auf Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf in einem Prozessvergleich gestellt. Der Rechtsstreit wurde zur weiteren Verhandlung an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Der Ausgangsstreit – Vermieter kündigt weil er die Wohnung angeblich für einen neuen Hausmeister benötigt

Die Parteien waren über einen Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 2008 miteinander verbunden. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis, weil er angeblich die Wohnung für einen neuen Hausmeister benötigte.

Nachdem die Räumungsklage in der 1. Instanz erfolglos geblieben war, wurden von der 2. Instanz die von dem Vermieter benannten Zeugen gehört. Auf Grundlage der Beweiserhebung schlug das Berufungsgericht einen Räumungsvergleich vor. In dem Vergleich verpflichtetet sich der Mieter, die Wohnung innerhalb von etwas mehr als sechs Monaten zu räumen, die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs zu tragen und auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften zu verzichten. Er sollte bis zum Auszug und zur Übergabe der Wohnung Miete zahlen. Nachdem der Mieter ausgezogen war, zog dann aber nicht der neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine Familie.

Mit seiner Klage machte der Kläger nun Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf geltend. Er verlangte von dem Vermieter den Ersatz der Umzugskosten, der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden sind, der erhöhten Wegkosten zu seiner Arbeit sowie den Ersatz der entstandenen Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits.

Die Klage war in der 1. Instanz gescheitert. In der 2. Instanz wurde die Berufung durch das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte der Mieter Revision zum BGH ein.

Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf

Die Entscheidung – Wann kann Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf verlangt werden?

Auf die Revision hin hebt der BGH das Berufungsurteil auf und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück. Der Bundesgerichtshof erklärt in seinem Urteil, dass mit den vom Berufungsgericht gegebenen Gründen ein Anspruch auf Leistung von Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf nicht abgelehnt werden durfte.

Das Berufungsgericht war der Meinung, dass schon aufgrund des Räumungsvergleichs kein Zusammenhang mehr zwischen dem Auszug des Klägers und dem vorgetäuschten Eigenbedarf bestand. Der Kläger habe sich mit dem Vergleich mehr oder weniger freiwillig zur Räumung verpflichtet. Dem widerspricht der Bundesgerichtshof.

Er stellt in seinem Urteil zunächst klar, dass ein Vermieter im Fall einer schuldhaften unberechtigten Kündigung dem Mieter gegenüber gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist. Ein Verzicht auf Schadenersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf wäre nur durch Einigung der Parteien möglich.

Eine konkrete Vereinbarung hierzu gab es nicht in dem Vergleich. An einen von dem Berufungsgericht angenommenen stillschweigenden Verzicht sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss der Verzichtswille des Mieters unmissverständlich sein. Umstände, die auf einen Verzichtswillen hinweisen, können z.B. in einer Verpflichtung zu einer substantiellen Gegenleistung des Vermieters (Abstandszahlung, Verzicht auf Schönheitsreparaturen) zu sehen sein.

Die Vereinbarung der Parteien in dem hier zu entscheidenden Fall würden aber kein solches substantielles Entgegenkommen darstellen, so der BGH. Die sechsmonatige Räumungsfrist wäre dem Mieter, der in der Vorinstanz noch erfolgreich gewesen war, wahrscheinlich sowieso zuzubilligen gewesen. Die übrigen Bestimmungen des Räumungsvergleichs waren für den Kläger nur nachteilig.

Praxistipp – Achten Sie bei einem Vergleich darauf, ob hier der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf abgegolten sein soll

Die Entscheidung zeigt, dass Mietparteien sich in Zukunft bei einem Vergleich nach einer Eigenbedarfskündigung auch Gedanken über die Frage machen sollten, ob auch der Anspruch des Mieters auf Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf mit dem Vergleich abgegolten sein soll. Hierzu sollte in dem Vergleich eine klare Regelung vorgesehen sein. Ansonsten muss ein Richter darüber entscheiden, ob der Vergleich einen stillschweigenden Verzicht beinhaltet.

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  1. Weitere Entscheidungen zum Thema Eigenbedarf finden Sie hier.
  2. Vermieter finden Tipps zur Eigenbedarfskündigung in dem Beitrag Kündigung wegen Eigenbedarf als Vermieter.
  3. Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.

 

Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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