Schimmel als optischer Mangel
Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Vermietende zur Instandhaltung und Instandsetzung der von ihnen vermieteten Mietsache verpflichtet. Wenn also Mängel auftreten, haben sie die Pflicht, diese zu beseitigen. Für den Zeitraum, in dem die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch herabgesetzt ist, sind Mietende zur Minderung berechtigt. Das ist auch der Fall, wenn es sich um rein optische Mängel handelt, also solche, die alleine den Geltungswert der Mietsache mindern. Das Landgericht Hamburg hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Schimmel als optischer Mangel zur Minderung berechtigt.
Der Ausgangsstreit – Im Schlafzimmer einer Wohnung tritt Schimmel auf
Die Parteien waren über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden. In der Wohnung trat im Schlafzimmer Schimmel auf. Die Vermieter waren der Meinung, die Schimmelbeseitigung sei aufgrund einer Klausel im Mietvertrag auf die Mieterin abgewälzt worden. Das Amtsgericht sprach der Mieterin ein Recht zur Minderung zu, da die Instandsetzung nicht wirksam auf sie abgewälzt worden sei.
Die Entscheidung – Berechtigt Schimmel auch als rein optischer Mangel bereits zur Minderung?
Das Landgericht Hamburg bestätigt das erstinstanzliche Urteil. Die Mieterin sei zur Minderung der Miete berechtigt.
Mithilfe eines Gutachtens sei eindeutig festgestellt worden, dass im Schlafzimmer ein Schimmelbefall vorliege. Dieser sei zum einen durch mangelhaftes Außenmauerwerk entstanden, zum anderen durch das Aufstellen eines Schrankes an der Ostaußenwand. Der entscheidende Mangel liege jedoch, so der Sachverständige, in der unterlassenen Bauerhaltung seit Errichtung des Gebäudes 1958. Der Schimmelbefall sei daher nicht von der Mieterin zu vertreten.
Die Vermieter hätten zudem fälschlicherweise angenommen, sie könnten die Instandhaltungspflicht umfassend auf die Mieterin überbürden. Die Instandhaltungspflicht sei eine Kardinalpflicht, sie präge gemäß § 535 Abs. 1 BGB den Inhalt des Mietverhältnisses. Eine Abwälzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sei grundsätzlich nur in eingeschränktem Umfang mit überschaubarem Risiko für Mietende und unter summenmäßiger Beschränkung möglich. Andernfalls sei die Klausel, wie in diesem Fall, unwirksam.
Schimmel kann auch dann zur Minderung berechtigen, wenn er nur eine optische Beeinträchtigung darstellt
Da die Vermieter ihrer Pflicht zur Instandhaltung der Wohnung nicht nachkämen und sie einen Mangel aufweise, der gemäß § 536 Abs. 1 BGB ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich mindere, sei die Mieterin zur Minderung berechtigt. Hierbei sei es irrelevant, ob die Schimmelbildung mehr oder weniger gesundheitsschädlich sei oder sich infolge ihrer Geringfügigkeit gar nicht auf die Gesundheit auswirke. Es genüge die Tatsache, dass es sich bei dem Schimmel um einen optischen Mangel handele, so das Landgericht. Selbst wenn die optische Beeinträchtigung der von Schimmel befallenen Flächen nicht „besonders“ sei. Das gelte auch bezüglich der hygienisch unangenehmen Begleiterscheinungen durch Schimmelbildung. Dass die Mieterin zudem den Schrank stets von der Wand abgerückt halten müsse, würde sich nachteilig auf den Gesamteindruck des Raumes auswirken. Die optische Beeinträchtigung werde dadurch noch verstärkt.
Die angemessene Minderungsquote liege bei 5 % von Mai bis September und bei 10 % von Oktober bis April. Ausschlaggebend sei auch die Tatsache, dass es sich um eine relativ kleine Wohnung handele. Die Mangelhaftigkeit in einem Zimmer würde sich stärker auf den Wohnwert auswirken als bei einer größeren Wohnung. Allerdings bezieht das Landgericht in die Berechnung nicht allein die Tatsache ein, dass der Geltungswert durch den Schimmel gemindert sei, sondern auch, dass der Funktionswert dadurch beeinträchtigt sei, dass die Mieterin den Schrank von der Wand abgerückt halten müsse sowie dass die Fenster sich in einem mangelhaften Zustand befänden.
Praxistipp – Schon allein die optische Beeinträchtigung durch Schimmel kann ein Recht zur Minderung begründen
Wenn Schimmel in der Wohnung auftritt, ist es für die Möglichkeit der Minderung nicht notwendig, dass dieser auch tatsächlich die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigt oder den Funktionswert des Raumes mindert. Es genügt bereits die nicht unerhebliche Beeinträchtigung des Geltungswerts eines Raumes, wie das Urteil zeigt.
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- In dem Beitrag Optische Mängel können Sie mehr über das Thema erfahren.
- Ist abbröckelnder Außenputz ein optischer Mangel, welcher ein Recht zur Minderung begründet? Zu dieser Frage hat das Amtsgericht Köpenick entschieden.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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