Schimmel ist auch im Altbau kein Standard
Mit Urteil vom 05.11.2015 hat das Landgericht Lübeck eine Vermieterin dazu verurteilt, Schimmelschäden in einer Mietwohnung zu beseitigen. Den Einwand der Vermieterin, die Wohnung liege in einem Altbau, ließ das Landgericht nicht gelten. Schimmel ist auch im Altbau kein Standard, so das Landgericht.
Der Ausgangsstreit – Mieter klagt auf Beseitigung von Schimmel
Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag verbunden. Die Wohnung liegt in einem Altbau. In der Wohnung sind in fast sämtlichen Zimmern sehr erhebliche Schimmelschäden aufgetreten.
Mit seiner Klage verlangt der Mieter die Beseitigung des Schimmels. Die Vermieterin verteidigte sich damit, dass die Wohnung nach dem damaligen Baustandard errichtet wurde. Die Parteien hätten eine unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete vereinbart, um einen Ausgleich für den Mangel der Mietsache herzustellen.
Die Entscheidung – Ist Schimmel auch im Altbau kein Standard?
Mit seinem Urteil gibt das Landgericht den Mietern Recht und verurteilt die Vermieterin zur Mängelbeseitigung.
Im Fall von technischen Standards gilt, dass die Mietsache in dem Zustand geschuldet wird, den die Parteien vereinbaren. Da die Parteien häufig keine konkrete Vereinbarung treffen, wird im Regelfall der Standard, der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes bestand, geschuldet. Hat der Vermieter das Haus oder das Bauteil später umfassend modernisiert, sind die Standards zum Zeitpunkt der Modernisierung heranzuziehen. Für bestimmte Bereiche macht die Rechtsprechung aber Ausnahmen. Dies gilt bspw. für Elektroleitungen und auch Schimmelschäden.
Auch ein Mieter von Altbauwohnungen kann verlangen, dass die Wohnung schimmelfrei ist, so das Landgericht. Dies gelte auch dann, wenn die Wohnung entsprechend dem damaligen Baustandard errichtet wurde und zum Errichtungszeitpunkt die Ursachen der Entstehung von Schimmelbefall noch nicht hinreichend bekannt waren. Ohne weitere vertragliche Vereinbarung muss also auch eine Altbaumietwohnung zumindest den Mindeststandard des zeitgemäßen Wohnens erfüllen. Schimmel ist daher auch im Altbau kein Standard.
Praxistipp – Kein Mangel bei bloßer Gefahr der Schimmelbildung
Nach der Gefahrkreistheorie des Bundesgerichtshofs (BGH) obliegt es zunächst dem Vermieter nachzuweisen, dass Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen ist. Erst wenn der Vermieter diesen Beweis erbracht hat, ist durch den Mieter nachzuweisen, dass er ordentlich geheizt und gelüftet hat. Kann auch der Mieter diesen Nachweis erbringen, bleibt der Vermieter zur Mängelbeseitigung verpflichtet.
Aber: Die bloße Gefahr einer Schimmelbildung ist nach Ansicht des BGH kein Mangel der Mietsache (BGH, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 67/18).
Will man als Vermieter eine Wohnung vermieten, die schimmelgefährdet ist, sollte man in jedem Fall individuell mit dem Mieter vereinbaren, dass der Mieter eine erhöhte Verpflichtung zum Heizen und Lüften hat. Die inzwischen häufig beigefügten Merkblätter „Richtig heizen und lüften“ werden durch die Gerichte nicht als Vereinbarung der Parteien akzeptiert, sondern als bloßer Hinweis verstanden.
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- Weitere Informationen zu Mieterrechten bei Schimmel finden Sie in dem Beitrag Schimmel: Ansprüche und Rechte des Mieters.
- Hier finden Sie weitere Informationen zu der Entscheidung des Landgerichts Lübeck.
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