Angemessener Ausgleich für Schönheitsreparaturen
Ein Urteil der 63. Kammer des Landgerichts Berlin beschäftigt sich mit der Frage, was ein angemessener Ausgleich dafür ist, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen übernimmt, obwohl die Wohnung bei Übergabe renovierungsbedüftig war. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gilt, dass eine Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrages dann unwirksam ist, wenn die Wohnung bei der Übergabe an den Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig war. Ausnahmsweise ist dies jedoch möglich, wenn der Mieter hierfür einen angemessenen Ausgleich erhalten hat (siehe BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14). Die 63. Kammer des Landgerichts Berlin hat in seinem Urteil vom 02.10.2015 nun entschieden, dass ein Mietnachlass von einer Monatsmiete als Ausgleich genügen kann.
Der Ausgangsstreit – Parteien streiten über die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel
Die Parteien waren über einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Die Mieter verweigerten bei Beendigung des Mietverhältnisses die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Dies begründeten sie damit, dass sie die Wohnung unrenoviert übernommen haben. Die Vermieterin machte daraufhin einen Schadensersatzanspruch gegen die Mieter wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen geltend.
Die Mieter hatten außerdem behauptet, dass aufgrund des Zustands der Wohnung noch keine Schönheitsreparaturen notwendig waren. Die regelmäßigen Fristen für die Durchführung von Schönheitsreparaturen waren allerdings bereits abgelaufen.
Das Amtsgericht hatte die Mieter zur Zahlung verurteilt.
Die Entscheidung – Ist eine Nettokaltmiete ein angemessener Ausgleich für Schönheitsreparaturen?
Das Landgericht bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die von der Vermieterin als Ausgleich geleistete Nettokaltmiete, sei ein angemessener Ausgleich für die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch die Mieter.
Das Urteil des Landgerichts Berlin knüpft an die Entscheidung des BGH vom 18.03.2015 an. Nach der Entscheidung ist eine Schönheitsreparaturklausel dann unwirksam, wenn die Wohnung bei Vertragsbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird und der Mieter hierfür keinen angemessenen Ausgleich erhält.
Das Landgericht führt aus, für die Beurteilung der Renovierungsbedürftigkeit sei maßgeblich, ob die Wohnung Gebrauchsspuren des Vormieters aufweise. Die Mietsache muss also nicht übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt sein, um eine Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung anzunehmen. Letztlich käme es darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermittelten. Das Landgericht kommt so zu dem Ergebnis, dass es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung um eine renovierungsbedürftige Mietsache gehandelt hat.
Im Anschluss erklärt die Kammer dann aber, dass die Schönheitsreparaturklausel hier wirksam sei. Denn die Wohnung soll nach Ansicht des Gerichts bloß geringfügig renovierungsbedürftig gewesen sein. Deshalb sei ein Mietnachlass in Höhe von einer Nettokaltmiete ein angemessener Ausgleich für die Überbürdung der Schönheitsreparaturen. Dies stelle den Mieter so, als hätte er eine renovierte Wohnung angemietet.
Das Landgericht erklärt weiterhin, dass die Mieter die Darlegungs- und Beweislast tragen, wenn sie behaupten, dass eine Renovierung der Mietsache trotz Ablauf der regelmäßigen Renovierungsfrist nicht notwendig ist. Die Mieter hätten darlegen müssen, dass sie die Wohnung während der Mietdauer nur eingeschränkt genutzt hätten.
Praxistipp – Richtige Höhe eines angemessenen Ausgleichs bleibt offen
Mit Hinweisbeschluss vom 04.06.2015 – 67 S 140/15 hatte die 67. Kammer des Landgerichts Berlin die Renovierungsbedürftigkeit einer Wohnung bereits aufgrund der zum Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung an den Mieter nicht frisch gestrichenen Fenster angenommen. Die 67. Kammer hielt die Lackabplatzungen an den Fenstern für nicht unerheblich und verneinte daher, dass die Wohnung den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung geboten hatte.
In dem hier besprochenen Urteil vom 02.10.2015 hat nunmehr die 63. Kammer des Landgerichts Berlin dagegen eine geringfügige Renovierungsbedürftigkeit angenommen, obwohl sowohl der Holzfußboden, die Scheuerleisten als auch die Türen sich zum Zeitpunkt der Übergabe an den Mieter in einem zu überarbeitendem Zustand befanden, die Wände in Bad und Küche nicht tapeziert waren und die Heizungsrohre nicht gestrichen waren. Aufgrund der nur „geringen Renovierungsbedürftigkeit“ ließ die 63. Kammer des Landgerichts Berlin einen Ausgleich von einer Nettokaltmiete als angemessenen Ausgleich genügen. Die Frage, wie hoch ein Ausgleich sein muss, damit dieser im Sinne der Rechtsprechung des BGH angemessen ist, kann also recht unterschiedlich beantwortet werden. Hier ist die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.
Darüber hinaus sollte erwähnt werden, dass die 63. Kammer des Landgerichts in seinem Urteil hohe Anforderungen für den Fall aufstellt, dass der Mieter behauptet, dass die Wohnung trotz Ablauf der regelmäßigen Renovierungsfrist einer Renovierung ausnahmsweise entbehrlich sei. Der Mieter trägt hier grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Das Landgericht Berlin führt in seinem Urteil jedoch aus, dass es nicht genügt, wenn der Mieter pauschal behauptet, dass die Wohnung in einem sehr guten Zustand ist (und hierfür Beweis anbietet). Der Mieter muss zusätzlich darlegen und beweisen, warum aufgrund der konkreten Nutzung der Wohnung keine Schönheitsreparaturen notwendig sind.
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- In dem Beitrag Schönheitsreparaturen in Mietverträgen – Unwirksame Klauseln erkläre ich, welche Klauseln die Gerichte bereits für unwirksam erklärt haben.
- Der Beitrag Wie wehre ich mich gegen Forderungen des Vermieters am Ende des Mietvertrages? beschäftigt sich allgemein mit Einwendungen des Mieters gegen Forderungen des Vermieters.
- Hier finden Sie weitere Links zu dem Urteil des Landgerichts.
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