Schönheitsreparaturklausel überschreitet zulässigen Umfang
Nach dem Gesetz sind Vermietende verpflichtet, die von ihnen vermietete Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB). Allerdings können Schönheitsreparaturen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf Mietende umgelegt werden. Eine solche Schönheitsreparaturklausel findet sich in vielen Mietverträgen. Trotzdem kommt es bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht selten zu Streit zwischen Vermietenden und Mietenden darüber, ob und wenn ja welche Schönheitsreparaturen von dem Mietenden vorzunehmen sind. Das Amtsgericht Hamburg hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem es um die Frage ging, ob die Schönheitsreparaturklausel ihren zulässigen Umfang überschreitet und damit unwirksam ist.
Der Ausgangsstreit – Vermieter begehrt Schadensersatz aus dem beendeten Mietverhältnis
Die Parteien waren über einen Mietvertrag vom 01.01.2013 für eine Wohnung miteinander verbunden. Der Mieter war mietvertraglich verpflichtet, während der Mietzeit die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung auszuführen. Konkret bezog sich das auf das Tapezieren, das Anstreichen der Wände und Decken, das Pflegen und Reinigen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und der Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung.
Bei der Rückgabe der Wohnung beanstandete der Vermieter verschiedenste Mängel sowie das Fehlen der Durchführung von Schönheitsreparaturen. Insbesondere seien die Wände ungeachtet vieler Bohrlöcher und Dübel nicht frisch gestrichen gewesen. Mit seiner Klage begehrt er Schadensersatz aus dem beendeten Mietverhältnis wegen des Rückgabezustands der von dem Mieter angemieteten Wohnung. Der Mieter beantragt mit seiner Widerklage die Erstattung der von ihm bei Mietbeginn geleisteten Mietkaution.
Die Entscheidung – Wann überschreitet eine Schönheitsreparaturklausel ihren zulässigen Umfang?
Das Amtsgericht Hamburg sieht die Klage als nicht begründet an. Ein Teil der Klageforderungen bestehe nicht, ein anderer Teil sei durch Aufrechnung erloschen. Es bestehe kein Anspruch des Klägers in Höhe von 9.168,16 € wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen (entspricht den Kosten der angefallenen Malerarbeiten). Der Mieter sei nicht verpflichtet gewesen, die Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses zu streichen. Vielmehr sei nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB der Vermieter verpflichtet, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie auch in diesem Zustand zu erhalten, so das Amtsgericht.
Eine wirksame Abwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter sei nicht erfolgt. Zum einen würde aus der Klausel nicht hinreichend deutlich, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind, zum anderen stehe der Wirksamkeit entgegen, dass der Mieter zum Streichen von Versorgungsleitungen verpflichtet wurde.
Klausel überschreitet zulässigen Umfang abwälzbarer Schönheitsreparaturen
Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. Berechnungsverordnung (BV) umfassen Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen. Schönheitsreparaturen umfassen also Renovierungsarbeiten innerhalb der Wohnung. Dagegen sei in der hier vereinbarten Klausel folgende Formulierung verwendet worden: „Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen“. Es werde nicht deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet sei, so das Amtsgericht. Nach der gemäß § 305c Abs. 2 BGB gebotenen, kundenfeindlichsten Auslegung enthalte die Klausel das Streichen der Fenster von außen. Das überschreite den Bereich der wirksamen abwälzbaren Schönheitsreparaturen. Schließlich gehe es nicht mehr um die Beseitigung einer typischerweise vom Mieter verursachten Abnutzung des dekorativen Erscheinungsbildes. Eine sprachliche Reduktion auf das zulässige Maß sei nicht möglich.
Das Amtsgericht stellt des Weiteren fest, dass § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV nur das Streichen der Heizrohre verlangt. Wenn also der Mietvertrag das Streichen der Versorgungsleitungen vorsieht, geht auch das über das zulässige Maß hinaus. Die Versorgungsleitungen muss der Mieter nicht streichen. Bereits geringfügige Überschreitungen des § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV verstoßen gegen das Übermaßgebot, so das Amtsgericht. Auch aus diesem Grund sei die Klausel unwirksam.
Schließlich seien auch die weiteren Voraussetzungen an einen Schadensersatzanspruch nicht gegeben. Es fehle eine hinreichende Fristsetzung. Der Vermieter habe zwar eine Frist gesetzt, er habe jedoch nicht spezifiziert aufgeführt, warum der Mieter welche Arbeiten vornehmen soll. Es sei daher nicht für den Mieter ersichtlich gewesen, welche Arbeiten im Einzelnen von ihm verlangt werden und was konkret beanstandet wird.
Praxistipp – Eine Überprüfung der Schönheitsreparaturklausel durch einen Rechtsanwalt kann sich lohnen
Gemäß § 535 BGB sind Vermietende zur Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands verpflichtet. Diese Pflicht kann mietvertraglich auf die Mietenden abgewälzt werden. Wenn Mietende dann ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht nachkommen, können Vermietende gemäß § 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Dafür muss zunächst eine Leistungsverzögerung eingetreten sein und den Mietenden muss dann eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Erst nachdem diese erfolglos verstrichen ist, besteht ein Schadensersatzanspruch. Mit dem Bestehen des Schadensersatzanspruches entfällt der Anspruch auf die Primärleistung, also die Durchführung der Schönheitsreparaturen. Wenn die Klausel jedoch unwirksam ist, die Leistungspflicht also nicht wirksam auf die Mietenden übertragen wurde, besteht auch kein Schadensersatzanspruch. Hier kann sich eine rechtsanwaltliche Beratung lohnen.
Anders verhält sich das, wenn Mietende die Mietsache durch einen nicht vertragsgemäßen Gebrauch beschädigen. In diesem Fall handelt es sich um die Verletzung einer mietvertraglichen Nebenpflicht, die sogenannte Obhutspflicht, wonach die Mieträume schonend zu behandeln sind. Für die Vermietenden ergibt sich dann ein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Das Fristsetzungserfordernis entfällt hier.
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