Schriftform: Genaue Bezeichnung des Kellers
Mit Urteil vom 12.03.2008 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung des Landgerichts Gießen bestätigt, nach der im Wohnraummietrecht eine genaue Bezeichnung des Kellers – jedenfalls, wenn die Keller in dem Wohnhaus überwiegend gleichartig sind – zur Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich ist.
Der Ausgangsstreit – Verlängerte Kündigungsfrist und Eigenbedarfskündigung
Die Parteien sind über einen Mietvertrag über eine Wohnung aus dem Jahr 1979 miteinander verbunden. Die Mietsache ist in dem Mietvertrag wie folgt beschrieben: „1. Obergeschoss…4 Zimmer, 1 Küche, 1 Diele (Flur), 1 Bad/Duschraum…1 Keller… .“
Weiter regelt der Mietvertrag, dass sich der Mietvertrag um jeweils 12 Monate verlängert, wenn keine Partei ihn kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt weitere 12 Monate. Die Parteien wollten so sicher stellen, dass zwischen Kündigung des Vertrages und Ende des Mietverhältnisses mindestens 24 Monate liegen. Im Keller des Wohnhauses befanden sich vier Kellerräume, die zwischen 10 und 14 qm groß waren.
Mit Schreiben vom 30.09.2005 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis und verlangten die Räumung zum 30.06.2006, also innerhalb von 9 Monaten. Sie begründeten die Kündigung mit Eigenbedarf. Die Vermieter waren der Ansicht, dass die vertraglich geregelte Kündigungsfrist nicht wirksam ist, da der Mietvertrag die Schriftform nicht einhält.
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Vermieter abgewiesen, das Landgericht Gießen die Berufung der Vermieter zurückgewiesen.
Die Entscheidung – Genaue Bezeichnung des Kellers zur Einhaltung der Schriftform hier nicht notwendig
Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung das landgerichtliche Urteil, nach dem die Kündigung zum 30.06.2006 nicht wirksam war. In dem hier zu entscheidenden Fall war zur Einhaltung der Schriftform die genaue Bezeichnung des Kellers nicht notwendig. Die Kündigung hat das Mietverhältnis deshalb nicht zum 30.06.2006 beendet. Da inzwischen aber auch die lange Kündigungsfrist abgelaufen ist, muss das Landgericht erneut über die Sache entscheiden.
Die Gesetzeslage bis zum 31.08.2001
Die Wirksamkeit der im Fall streitentscheidenden Kündigungsfristen beurteilt sich noch nach dem alten, vor dem 01.09.2001 geltenden Recht (weshalb die Entscheidung aber auch heute noch von Interesse ist, erkläre ich weiter unten).
Nach § 565a Abs. 1 BGB alte Fassung bestand im Wohnraummietverhältnis die Möglichkeit durch Vereinbarung Kündigungsfristen zu verändern. Nach Ansicht der Vermieter soll aber die zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung gegen die bei befristeten Mietverhältnissen von mehr als einem Jahr gesetzlich zwingende Schriftform verstoßen.
Die in § 550 BGB gesetzlich geregelte Schriftform wird nur dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Vertragsbedingungen, u.a. der Mietgegenstand, die Höhe der Miete und die Parteien des Mietverhältnisses sich aus der Urkunde ergeben. Wird die Schriftform nicht eingehalten, gilt das Mietverhältnis als unbefristet abgeschlossen und ist dann „normal” innerhalb der gesetzlichen Fristen kündbar.
Hier kein Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform
Die Vermieter meinen, dass der Mietervertrag die Schriftform nicht einhalte, da aus dem Mietvertrag nicht nachvollziehbar sei, welcher der Keller der Wohnung zugeordnet ist. Dem widerspricht der BGH.
Zunächst teilt der BGH die Ansicht der Vermieter, dass aufgrund der langen Kündigungsfristen von mehr als einem Jahr die Schriftform eingehalten werden muss. Nach seiner Ansicht ist aber, unabhängig davon, ob die Parteien sich bei Abschluss des Mietvertrages bereits auf die Zuweisung eines bestimmten Kellerraums der vier im Wesentlichen gleichartigen Kellerräume geeinigt hatten oder nicht, die Schriftform gewahrt. Wurde noch kein bestimmter Kellerraum zugewiesen, habe der Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB, das regelmäßig keiner Form bedürfe. Haben sich die Parteien auf einen bestimmten Kellerraum geeinigt, sei dies deshalb nicht von Bedeutung, da im Wohnraummietverhältnis ein Keller allein eine untergeordnete Bedeutung für die Parteien habe.
Praxistipp – Schriftform kann auch in der Wohnraummiete von Bedeutung sein
Der weit überwiegende Teil der Wohnraummietverträge ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die im Gewerberaum wichtige Frage der Schriftform ist deshalb im Wohnraummietrecht (noch) von untergeordneter Bedeutung.
Interessant wird die Schriftform aber auch nach neuem Recht dann, wenn zwischen den Parteien eines Wohnraummietvertrages ein beidseitiger Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung vereinbart wurde oder der Vermieter auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung, bspw. wegen Eigenbedarfs, verzichtet hat (s. Urteil des BGH vom 04.04.2007 – VIII ZR 223/06). In beiden Fällen verlangt der BGH zur Wirksamkeit der Vereinbarung die Einhaltung der Schriftform.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Schriftform, selbst wenn eine Zuweisung vor Vertragsschluss erfolgte, als gewahrt anzusehen, kann diskutiert werden. Die Annahme, ein Keller sei nur von untergeordneter Bedeutung, wird wohl vom überwiegenden Teil der Mieter einer Wohnung nicht geteilt. Ist der Keller nicht nutzbar, werden von den Instanzgerichten häufig erhebliche Minderungen zwischen 5 – 10 % der Mietezugestanden. Im Fall der Aufteilung eines Wohnhauses zu Wohneigentum kann es, wenn die Zuweisung der Keller zum Sondereigentum nicht der Zuordnung zu den Mietverträgen folgt, zu sehr erheblichen Problemen kommen.
Wesentlich für die Entscheidung des BGH war es auch, dass die Keller „im Wesentlichen gleichartig“ waren. Ob er, wenn die Keller des Wohnhauses sich unterschieden hätten, genauso entscheiden würde, hat der BGH offen gelassen.
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