Schriftformverstoß durch Anpassung der Vorauszahlungen
Soll ein Mietvertrag für mehr als ein Jahr abgeschlossen werden, muss er die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB einhalten. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen. In der Gewerberaummiete können beide Parteien den Mietvertrag dann ohne Grund ordentlich kündigen. Wie schnell es zu einem Schriftformverstoß kommen kann, zeigt ein Urteil des brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) aus dem Jahr 2020. Hier hatten die Vertragsparteien eines Gewerberaummietvertrages durch Anpassung der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten einen Schriftformverstoß begangen.
Der Ausgangsstreit – Anpassung der Vorauszahlung der Betriebskosten durch einfache Schreiben
Die Parteien waren über einen Mietvertrag aus dem Jahr 2003 miteinander verbunden. Das Mietverhältnis war auf 25 Jahre fest abgeschlossen. Mit Schreiben vom 19.03.2014 und 05.05.2014 haben sich die Parteien auf die Reduzierung der monatlichen Vorauszahlungen auf die Betriebskosten von 200,00 € auf 50,00 € geeinigt.
Mit Schreiben vom 09.07.2015 kündigte die Mieterin das Mietverhältnis dann außerordentlich fristlos. Als Grund nannte sie, dass es zu regelmäßigen Wassereintritten in das Mietobjekt gekommen war. Deshalb sah sich die Mieterin zur außerordentlich fristlosen Kündigung berechtigt.
Die Vermieter machen mit ihrer Klage die Leistung von Miete durch die Mieterin geltend. Sie sind der Ansicht, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung der Mieterin nicht beendet wurde. Das Landgericht hat der Klage der Vermieter stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Mieterin.
Die Entscheidung – Schriftformverstoß durch die Anpassung der Vorauszahlungen?
Das OLG hebt auf die Berufung der Mieterin das erstinstanzliche Urteil weitgehend auf. Durch die Anpassung der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten sei es zu einem Schriftformverstoß gekommen, so das OLG. Die außerordentlich fristlose Kündigung der Mieterin aufgrund der Wassereintritte habe das Mietverhältnis zwar nicht beendet. Aufgrund des Schriftformverstoßes konnte die Mieterin das Mietverhältnis aber ordentlich zum 31.03.2016 kündigen.
Außerordentlich fristlose Kündigung war unwirksam
Zunächst einmal verwirft das OLG die außerordentlich fristlose Kündigung der Mieterin. Grundsätzlich können Mietende bei einem erheblichen Mangel das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen. Dann liegt nämlich ein Fall des Entzugs des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache vor (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Allerdings ist es vor einer Kündigung regelmäßig notwendig, den Vermieter aufgrund des Mangels abzumahnen. Nach Ansicht des OLG war der Mangel hier schon nicht erheblich. Hierauf komme es aber nicht an, so das OLG, da die Mieterin vor der Kündigung keine Abmahnung erklärt hatte.
Aber die ordentliche Kündigung führt zur Beendigung
Die außerordentlich fristlose Kündigung beinhaltet als Minus auch die zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werdende ordentliche Kündigung. Diese hat das Mietverhältnis nach der Entscheidung ordentlich zum Ende des Monats März 2016 beendet.
Durch die im Jahr 2014 vereinbarte Anpassung der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten war es zu einem Schriftformverstoß gekommen. Nach § 550 BGB muss ein für mehr als ein Jahr abgeschlossener Mietvertrag die Schriftform einhalten. Hält er diese Anforderung nicht ein, gilt der Vertrag als auf unbefristete Zeit abgeschlossen. Im Gewerberaum ist ein unbefristet abgeschlossener Vertrag jederzeit ohne Begründung mit einer Frist von 6 bis 9 Monaten kündbar (§ 580a Abs. 2 BGB). Auch nachträgliche Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages unterliegen den Anforderungen des § 550 BGB. Die wesentlichen Vertragsbedingungen (insbesondere Mietgegenstand, Miete, Dauer und Parteien des Mietverhältnisses) müssen sich aus der von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergeben. Ist ein Nachtrag nicht formgerecht abgeschlossen, führt dies dazu, dass auch der unter Beachtung der Form geschlossene Vertrag die Schriftform nicht einhält.
Die Höhe der Miete ist in jedem Fall ein wesentlicher Vertragsbestandteil. Jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der Höhe der Miete, die sich nicht aus dem Mietvertrag ergibt, muss daher in einer der Schriftform genügenden Form dokumentiert werden. Hier hatten die Parteien die Verringerung der Vorauszahlung durch einfache Schreiben vom 19.03.2014 sowie vom 05.05.2014 vereinbart. Dies hat für die Einhaltung der Schriftform nicht ausgereicht.
Praxistipp – Schriftformverstoß kann Vertragslaufzeit erheblich verkürzen
Die Entscheidung des OLG zeigt, wie schnell Parteien durch eine nicht formgerechte Vereinbarung einen eigentlich auf lange Zeit angelegten Gewerberaumietvertrag zu einem ordentlich kündbaren Mietvertrag machen können. Wenn man als Partei eines Gewerberaummietvertrages an dem langfristigen Bestand des Vertrages interessiert ist, sollte man die Schriftform also immer beachten.
Auf der anderen Seite zeigt das OLG zwei Möglichkeiten auf, wie sich Mietende von einem nicht mehr gewollten Vertrag trennen können. Zum einen kann man prüfen lassen, ob ein Schriftformverstoß vorliegt. Zum anderen besteht die Möglichkeit, auszunutzen, dass eine Vielzahl von Verwaltern auf Mängelanzeigen im besten Fall schleppend reagiert. Durch eine mit einer Fristsetzung verbundene Mängelanzeige kann man bei einem erheblichen Mangel eine Kündigungsmöglichkeit schaffen.
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- Warum es so wichtig ist, die gesetzliche Schriftform einzuhalten, erkläre ich Ihnen in dem Beitrag Die Schriftform im Miet- und Pachtrecht.
- Wichtige Informationen zum Thema Gewerberaummietvertrag habe ich hier für Sie zusammengefasst.
- In diesem Beitrag erkläre ich ein Urteil des OLG Frankfurt am Main, in dem es um einen Schriftformverstoß aufgrund der Anmietung eines Kellers ging.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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