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Sonderzahlungen im Mutterschutz

  • RA Daryai
  • Arbeiten, Individuelles Arbeitsrecht
Urteil // Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz // 2 Sa 358/19

Sind arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen auch im Mutterschutz zu leisten? Hierzu hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz zu entscheiden. Darüber hinaus beschäftigt sich das Urteil mit der Frage, wann die Frist einer Verfallsklausel zur Geltendmachung von Forderungen zu laufen beginnt.

Der Ausgangsstreit – Hat die Arbeitnehmerin im Mutterschutz Anspruch auf im Arbeitsvertrag vereinbarte Sonderzahlungen?

Die Parteien waren über einen Arbeitsvertrag vom 16.12.2011 miteinander verbunden. Die Arbeitnehmerin war als Mitarbeiterin in der Büroorganisation und der Weinpräsentation beschäftigt. In dem Arbeitsverhältnis ist unter anderem Folgendes geregelt:

§ 2 Vergütung
(3) Der Arbeitgeber übernimmt die bestehende Direktversicherung LV 1871 für den Arbeitnehmer mit einer jährlichen Sonderzahlung zum Jahresende von 1752,00 Euro ohne die Neuemission des Betrages, sozialabgabenfrei“.

Weiterhin war in § 10 des Vertrages geregelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen sind.

Arbeitnehmerin macht Sonderzahlung für das Jahr 2015 geltend

Ab dem 07.04.2015 befand sich die Arbeitnehmerin im Mutterschutz. Im Anschluss daran war sie bis Mitte Mai 2018 in Elternzeit. Das Arbeitsverhältnis endete dann durch Kündigung der Arbeitnehmerin zum 31.05.2018.

Die LV 1871 teilte der Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 19.04.2018 die Beiträge zu der Versicherung mit. Der Beitragsaufstellung war zu entnehmen, dass der Arbeitgeber nicht für die gesamte Zeit vor Beginn des Mutterschutzes für die Arbeitnehmerin die Jahresbeiträge entrichtet hat. Dies erklärte der Arbeitgeber dann auch selber mit E-Mail vom 23.04.2018. Sowohl die LV 1871 als auch der Arbeitgeber gehen dabei davon aus, dass die erste Zahlung des Arbeitgebers Ende 2012 für den Zeitraum Dezember 2012 bis November 2013 geleistet wurde. Offen wäre so noch der Jahresbeitrag seit Beginn der Tätigkeit der Klägerin bis einschließlich November 2012.

Mit E-Mail vom 25.04.2018 machte die Arbeitnehmerin gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung einer anteiligen Sonderzahlung von 1.022,00 € für das Jahr 2015 geltend. Sie war der Ansicht, dass die erste Zahlung des Arbeitgebers für das abgelaufene Arbeitsjahr erfolgt war. Für die Beschäftigungszeit im Jahr 2015 inklusive Mutterschutz stünde ihr so noch ein anteiliger Anspruch für sieben Monate und damit in Höhe von 1.022,00 € zu.

Da der Arbeitgeber nicht zahlte, erhob die Arbeitnehmerin Klage zum Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung.

Sonderzahlungen im Mutterschutz

Die Entscheidung – Der Klägerin steht der Anspruch auf die Sonderzahlungen im Mutterschutz zu

Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte die Beklagte Berufung ein. Diese hat jedoch keinen Erfolg. Das LAG bestätigt das erstinstanzliche Urteil, nach dem der Klägerin nach § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf die Sonderzahlung in Höhe von 1.022,00 € zusteht.

Bewertung von Sonderzahlungen im Mutterschutz

Bei der Vereinbarung in § 2 Absatz 3 Arbeitsvertrag handelt es sich nach dem Landesarbeitsgericht um eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung. Auf solche arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen sind Zeiten der Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG nicht anspruchsmindernd anzurechnen. Daher war die Sonderzahlung grundsätzlich für die Zeiten der Mutterschutzfristen bis Juli 2015 geschuldet. Insgesamt bestand deshalb ein anteiliger Anspruch in Höhe von 1.022,00 Euro.

Der Arbeitgeber hatte noch nicht auf die Sonderzahlung 2015 geleistet.

Dieser Anspruch war nicht durch Zahlung erloschen. Der Arbeitgeber war ja der Ansicht, dass er für das Jahr 2015 bereits geleistet hatte und noch die Forderung für 12/2011 bi 11/2012 offen war. Soweit der Versicherer und der Arbeitgeber die jeweils zum Ende des Jahres geleistete Zahlung auf das Folgejahr verrechnet haben, folgt Ihnen das Landesarbeitsgericht aber nicht.

Die Parteien haben in dem Arbeitsvertrag vereinbart, dass die jährliche Sonderzahlung zum Ende eines Jahres als Gegenleistung für die in dem Jahr erbrachte Arbeitsbelastung zu leisten ist. Gegenüber der Arbeitnehmerin war aus diesem Grund noch der Anspruch auf Leistung der Sonderzahlung für das Jahr 2015 offen und nicht die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Forderung auf Sonderzahlung ist auch nicht verfallen

Der Anspruch ist auch nicht verfallen. Die Verfallsklausel des § 10 Arbeitsvertrag greift nicht, so das Landesarbeitsgericht.

Ein Anspruch ist regelmäßig im Sinne einer Ausschlussfrist erst dann fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann. Die Forderung muss in Ihrem Bestand feststellbar sein und geltend gemacht werden können. Der Arbeitnehmerin war aber erst aufgrund des Schreibens der Versicherung vom 19.04.2018 und der E-Mail des Arbeitgebers vom 23.04.2018 bekannt, dass ihr Anspruch auf Leistung noch bestand. Erst mit dieser Mitteilung begann die Verfallsfrist zu laufen. Die Arbeitnehmerin hat diese dann eingehalten.

Praxistipp – Bei Streit Wirksamkeit der Klauseln des Arbeitsvertrags prüfen lassen

Wenn sich Arbeitnehmende und Arbeitgebende über die Fälligkeit von Sonderzahlungen streiten, kommt es häufig auf die genaue Formulierung der Klauseln des Arbeitsvertrages an. Sowohl Klauseln zu Sonderzahlungen aber auch Klauseln zum Verfall von Forderungen werden durch die Rechtsprechung auf Ihre Wirksamkeit genau kontrolliert. Dabei werden dann häufig zugunsten des Arbeitnehmenden ausgelegt.

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  1. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
  2. Hier finden Sie nützliche Beiträge zum Bereich des Arbeitsrechts.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

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