Übersicherung durch Bürgschaft wenn Mieter volljährig
Mit Urteil vom 26.10.2015 hat das Amtsgericht Charlottenburg die Klage von Vermietern abgewiesen, die Forderungen aus einem beendete Mietverhältnis gegen den Vater der Mieterin geltend gemacht haben. Das Amtsgericht nimmt eine Übersicherung durch eine abgegebenen Bürgschaft an, wenn ein Mieter volljährig ist, einen eigenen Haushalt hat und über ein eigenes Einkommen verfügt.
Der Ausgangsstreit – Vermieterinnen machen Forderungen gegenüber Mietbürgen geltend
Die Klägerinnen bilden eine Erbengemeinschaft und waren durch Erbschaft in das Wohnraummietverhältnis eingetreten. Den Mietvertrag hatten ein Vorvoreigentümer und die Tochter des Beklagten abgeschlossen.
In der Annonce der Maklerin war angegeben, dass bei Anmietung der Wohnung eine Kaution in Höhe von drei Monatsnettokaltmieten zu leisten ist. Auf die Annonce meldete sich unmittelbar die Tochter des Beklagten bei der Maklerin. Bereits am nächsten Tag unterzeichnete der Vater der Mieterin eine Bürgschaftserklärung, in der er selbstschuldnerisch unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage für alle finanziellen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis die Haftung übernahm.
Am 19./22.08.2002 schlossen dann die Mieterin und der Vorvoreigentümer einen Mietvertrag für die Wohnung. In dem Mietvertrag war die Leistung einer Kaution in Höhe von drei Monatsnettokaltmieten vereinbart. Andere Sicherheitsleistungen sollte es nicht geben.
Im Folgenden kam es im Jahr 2006 zum Verkauf der Wohnung an den Voreigentümer. Schließlich verstarb dieser. Deshalb traten die Klägerinnen als Erben gem. § 566 Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag ein.
Das Mietverhältnis endete dann zum 30.04.2014. Nach Ansicht der Klägerinnen gab die Mieterin die Wohnung in einem nicht vertragsgerechten Zustand zurück. In der Wohnung soll es, so die Klägerinnen, extrem nach Nikotin und Hundeurin gerochen haben.
Mit ihrer Klage verlangen die Klägerinnen von dem Vater der Mieterin 21.881,22 € nebst Zinsen. Neben den Kosten für umfangreiche Sanierungsarbeiten sind in der Forderung noch Nutzungsentschädigung, Rechtsanwalts- und Gerichtkosten für ein selbständiges Beweisverfahren enthalten.
Die Entscheidung – Wann liegt eine Übersicherung durch eine Bürgschaft vor?
Das Amtsgericht Charlottenburg weist die Klage ab. Unter anderem ist es der Ansicht, dass eine Übersicherung durch eine von einem Elternteil abgegebene Bürgschaft dann vorliegt, wenn der Mieter volljährig ist, einen eigenen Haushalt hat und über ein eigenes Einkommen verfügt. Insgesamt scheitert nach Ansicht des Amtsgerichts die Forderung aus der Bürgschaft gegen den Vater der Mieterin aus drei Gründen.
Schon kein wirksamer Bürgschaftsvertrag
Bereits der Vortrag der Klägerinnen zum Abschluss des Bürgschaftsvertrages sei nicht ausreichend, so das Amtsgericht. Um dieses Argument nachvollziehen zu können, muss man zunächst einen Schritt zurück gehen.
Grundsätzlich bestimmt § 551 Abs. 1 BGB, dass von Mietern von Wohnungen alleine eine Mietsicherheit in Höhe von drei Nettokaltmieten gefordert werden darf. Nach § 551 Abs. 4 BGB ist es nicht erlaubt, hiervon abzuweichen.
Von dieser klaren gesetzlichen Regelung lässt der Bundesgerichtshof jedoch eine Ausnahme zu. Nach der Rechtsprechung des BGH soll der Schutzzweck des § 551 Abs. 1 BGB dann nicht betroffen sein, wenn Eltern für ihre Kinder – an Stelle einer Anmietung im eigenen Namen – von sich aus dem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall des Vertragsschlusses zusagen (BGH, Urteil vom 20.04.1989 – IX ZR 212/88). Voraussetzung sei aber auch, dass mit einer solchen Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen des Mieters verbunden sind (BGH, Urteil vom 07.06.1990 – IX ZR 16/90).
Die Klägerinnen haben aber zu der Frage, wie der Bürgschaftsvertrag zustande gekommen ist, keinerlei Angaben gemacht. Vielmehr haben sie sich auf die Behauptung zurückgezogen, dass von der Mieterin zu keinem Zeitpunkt eine Bürgschaft gefordert wurde. Da auch ein Bürgschaftsvertrag durch Angebot und Annahme (§§ 145ff. BGB) zustande kommt, fehle es deshalb am Vortrag, wie das Angebot des Vaters der Mieterin auf Abschluss einer Bürgschaft, durch den Vorvoreigentümer angenommen wurde, so das Amtsgericht.
Keine Übertragung des Bürschaftsvertrages durch den Vorvorvermieter
Darüber hinaus scheitert die Forderung gegenüber dem Vater der Mieterin auch daran, dass die Bürgschaft nicht übertragen wurde.
Im Regelfall erfolgt der Übergang von Rechten und Pflichten aus der Mietsicherheit nach § 566a Abs. 1 BGB. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt aber voraus, dass es sich um eine Forderung aus dem Mietvertrag handelt. Hier hatten die Parteien aber selber in dem Mietvertrag erklärt, dass die einzige Sicherung die von der Mieterin geleistete Kaution ist. Die Bürgschaft sei daher nicht Teil der mietvertraglichen Rechten und Pflichten und deshalb nicht gem. § 566a Abs. 1 BGB auf die Klägerinnen übergegangen.
Übersicherung durch Bürgschaft
Wie erklärt, ist nach dem Gesetz die Höhe der Mietsicherheit, die ein Vermieter verlangen kann, auf drei Nettokaltmieten begrenzt (§ 551 Abs. 1 BGB). Der BGH lässt nur in Ausnahmefällen eine zusätzliche Sicherung durch die Bürgschaft eines Dritten zu. Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BGH dann aber, dass mit einer solchen Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen des Mieters verbunden sind. Dies sei hier aber der Fall, so das Amtsgericht. .
Nach Ansicht des Amtsgericht, sei durch die zusätzliche Sicherheit Bürgschaft ein Vermieter dann übersichert, wenn der Mieter volljährig ist, in einem eigenen Haushalt lebt und über ein eigenes Einkommen verfügt. Denn eigentlich liegen dann sämtliche Voraussetzungen vor, um einen Mietvertrag mit der Mieterin selber abzuschließen. Aus der Abgabe der Bürgschaft durch ihren Vater folge für die Mieterin deshalb eine besondere familiäre Belastung und damit ein erheblicher Nachteil.
Praxistipp – Regelmäßige Prüfung, ob Inanspruchnahme aus Bürgschaft noch möglich ist
Die Bürgschaft als Mietsicherheit ist vor allem im Gewerberaummietrecht von Bedeutung. Immer häufiger werden aber auch im Wohnraummietrecht die Forderungen des Vermieters durch Bürgschaft abgesichert.
Aufgrund der gesetzlichen Anforderungen an die Bürgschaft ist sie aber ein besonders gefährliches Sicherungsmittel. Für den Bürgen ist sie mit großen Risiken verbunden, da er mit einer einfachen Erklärung die Haftung für sehr hohe mögliche Forderungen übernimmt. Für Vermietende besteht die Gefahr, dass im Laufe des Vertragsverhältnisses der Schutz aus der Bürgschaft unerkannt verfällt.
Sollten Sie als Bürge aus einer von Ihnen abgegebenen Bürgschaft in Anspruch genommen werden, lohnt sich regelmäßig die Prüfung, ob eine solche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft überhaupt noch möglich ist.
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- Weitere Entscheidungen zum Thema Bürgschaft finden Sie hier.
- Zum Thema Kaution finden Sie auch einen Beitrag des Rechtsanwalts und Fachanwalts für Mietrecht Kuo – Die häufigsten Fragen zur Mietkaution.
- Die häufigsten Einwendungen gegen Forderungen des Vermieters bei Mietende habe ich in dem Beitrag Forderungen des Vermieters bei Mietvertragsende besprochen.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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