Umlage von Betriebskosten im Gewerberaummietrecht
Mit Urteil vom 26.09.2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) darüber entschieden, in welchem Umfang eine Umlage von Betriebskosten im Gewerberaummietrecht auf Mietende möglich ist. Konkret beurteilt der BGH in seiner Entscheidung Regelungen zur Umlage von Betriebskosten für Versicherungen, den Centermanager, den Hausmeister, die Instandhaltung von Gemeinschaftsanlagen sowie für die Verwaltung.
Der Ausgangsstreit – Mieterin weigert sich nach Abrechnung Betriebskosten nachzuzahlen
Die Parteien sind über einen Mietvertrag für ein Ladenlokal in einem Nahversorgungszentrum verbunden. Nach dem Vertrag leistet die Mieterin Vorauszahlungen auf die Betriebskosten über die die Vermieterin jährlich abrechnet. In dem Vertrag heißt es zu den umgelegten Betriebskosten unter anderem:
„§ 8/II
1. Sämtliche Nebenkosten des Nahversorgungszentrums, insbesondere alle Kosten des Betriebes und der Instandhaltung der technischen Anlagen werden von allen Mietern anteilig getragen. Nebenkosten werden in ihrer tatsächlich nachgewiesenen Höhe ohne Beschränkungen auf die in Anl. 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung aufgeführten Kosten auf die Mieter umgelegt. Insbesondere sind dies Kosten für:
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- Heizung, darin enthalten die Kosten des Betriebs, der Wartung und Pflege und die Instandhaltung sowie des Energieverbrauchs aller Enrichtungen, die Heizungs- und Lüftungsanlage betreffend …
- Hausmeister, Betriebspersonal, Centermanager und Verwaltung …
- die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes …
- Versicherungen …“
Die Vermieterin rechnete dann über die von der Mieterin geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2004, 2005 und 2006 ab. Die Mieterin weigerte sich, nachdem ihr die Abrechnungen zugegangen waren, diese in voller Höhe auszugleichen.
Auf die Klage der Vermieterin verurteilte das Landgericht die Mieterin dazu, 61.388,90 € an die Vermieterin zu zahlen. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil ab und verurteilte die Mieterin alleine zur Zahlung von 17.924,76 €. Hiergegen ging die Vermieterin in Revision.
Die Entscheidung – Was gilt für die Umlage von Betriebskosten im Gewerberaummietrecht?
Auf die Revision hebt der BGH das Urteil des Berufungsgerichts teilweise auf. Zum Teil bestätigt es aber die Entscheidung des Oberlandesgerichts. Mit der Entscheidung zeigt der BGH die Grenzen auf, innerhalb der sich im Gewerberaummietrecht eine Umlage von Betriebskosten auf den Mieter zu bewegen hat.
Verstoß gegen das Transparenzgebot – Kosten der Versicherungen und des Centermanagers
Soweit mit dem Mietvertrag die Kosten für „Versicherungen“ und den „Centermanager“ auf den Mieter umgelegt werden sollen, verstößt dies gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine solche unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Bei der Übertragung von Mietnebenkosten habe dieses Transparenzgebot aber eine besondere Bedeutung, so der BGH. Ein Mieter könne die Angemessenheit und Marktgerechtigkeit der von ihm zu zahlenden Miete nur dann richtig beurteilen, wenn er sich anhand der ausdrücklichen und inhaltlich genügend bestimmten Umlagvereinbarung zumindest ein grobes Bild davon habe, welche Belastungen auf ihn zukommen.
Deshalb ist die Klausel im Hinblick auf die Umlage der Kosten für Versicherungen unwirksam. Denn die Bezeichnung als Kosten der Versicherung ist inhaltlich unklar. Sie bietet dem Mieter keine Anhaltspunkte, für eine wirtschaftliche Kalkulation der auf ihn zukommenden Versicherungskosten.
Ebenfalls unwirksam ist die Klausel, wenn sie die Kosten des Centermanagers auf den Mieter umlegen soll. Denn der Begriff des Centermanagers ist unklar. Die Klausel lasse darum nicht erkennen, welche Kosten sie umfasst und welche Leistungen der Centermanager erbringt.
Abweichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung – Kosten des Hausmeisters und der Instandhaltung
Ebenfalls unwirksam ist die Klausel des Mietvertrags, wenn mit ihr die Kosten des Hausmeisters sowie der Instandhaltung und Instandsetzung der Allgemeinflächen auf den Mieter umgelegt werden sollen.
Gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dann anzunehmen, wenn eine Vereinbarung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht. Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem vertragsgerechten Zustand zu erhalten. Die Wartung der Mietsache und Reparatur von Mängeln ist eine sogenannte Hauptleistungspflicht des Vermieters, daher ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung.
Der BGH hat bereits entschieden, dass bei der Umlage von Betriebskosten im Gewerberaummietrecht zwar von diesem Grundgedanken abgewichen werden kann. Die Übertragung der Verpflichtung zu Instandhaltung und Instandsetzung setzt aber voraus, dass sie sich entweder auf Schäden beschränkt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Wenn der Mieter nach der Vereinbarung Kosten für die Erhaltung von Gemeinschaftsflächen tragen soll, muss die Umlage in ihrer Höhe beschränkt sein.
Demnach ist die Vereinbarung zur Übertragung der Kosten des Hausmeisters auf den Mieter unwirksam. Hausmeister führen regelmäßig auch Arbeiten der Instandhaltung und Instandsetzung auf den Gemeinschaftsflächen durch. Im Wohnraummietrecht sind solche Kosten von der Umlage auf den Mieter zwar ausdrücklich ausgeschlossen. In dem zweiten Einleitungssatz zu § 8/II Nr. 1 Mietvertrag wird aber erklärt, dass diese Beschränkung ausdrücklich nicht gelten soll. Daher findet sich in der Umlage der Kosten des Hausmeisters nicht die notwendige höhenmäßige Beschränkung.
Die Umlage der Kosten der „Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes“ ist deshalb ebenfalls unwirksam. Auch hier sieht der Mietvertrag keinerlei höhenmäßige Begrenzung für die Umlage dieser Kosten vor.
Wirksame Umlage der Kosten der Verwaltung
Allerdings ist die Regelung zur Umlage der Kosten der Verwaltung auf den Mieter wirksam, so der BGH. Die Regelung ist hinreichend transparent, so dass sie nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt. Den Umfang der Tätigkeit des Verwalters kann man § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung oder § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV entnehmen.
Praxistipp – Umlage von Betriebskosten im Gewerberaummietrecht kann unwirksam sein
In Gewerberaummietverträgen finden sich häufig sehr weitreichende Regelungen zur Umlage von Betriebskosten auf den Mieter. Nicht selten schießen diese Regelungen aber über das Ziel hinaus. Folge der Unwirksamkeit der Regelungen in dem hier entschiedenen Fall ist, dass die Vermieterin überhaupt keine Kosten für Hausmeister und Versicherungen auf die Mieterin umlegen kann. Für Mieter von Gewerberäumen bietet es sich daher an, zumindest einmal eine Betriebskostenabrechnung auf die Wirksamkeit der Umlage überprüfen zu lassen.
Der BGH erklärt richtig, dass sich der Mieter anhand der vertraglichen Regelung ein grobes Bild von den finanziellen Belastungen machen sollte. Meine Erfahrung ist aber, dass viele Mieter bei Abschluss des Mietvertrags die in Vertragsbedingungen verborgenen weiteren Belastungen nur schwer einschätzen können. Nicht selten finden sich im Gewerberaummietrecht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade bei der Umlage von Betriebskosten erhebliche Kostenpositionen. Aus diesen Gründen empfehle ich vor Abschluss von Mietverträgen im Gewerbe dringend, diese von einem spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen, s. den Beitrag Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss.
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