Vortrag zum Härtefall bei Kündigung
Wenn wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, werden durch den Mieter inzwischen regelmäßig eine Vielzahl von Härtegründen geltend gemacht. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat in einem Urteil aus dem April 2018 entschieden, wie konkret der Vortrag zum Härtefall bei einer Kündigung sein muss, damit er von dem Gericht zu beachten ist.
Der Ausgangsstreit – Vermieterin kündigt wegen Eigenbedarf, Mieter wendet Härtefall ein
Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag aus dem Jahre 2002 verbunden. In der Wohnung lebt der Mieter zusammen mit seiner Lebensgefährtin.
Mit Abschluss des Mietvertrages wurde durch die Parteien auch eine Vereinbarung über umfangsreiche Sanierungsarbeiten getroffen. Der Anteil des Mieters an den Sanierungskosten betrug etwa 17.000,00 €. Weiter vereinbarten die Parteien, dass bei einer Beendigung des Mietvertrages innerhalb der ersten fünf Jahre die Vermieterin dem Mieter die Kosten bzw. eines Teils der Kosten abgestuft nach der Länge des Mietverhältnisses erstattet.
In dem Rechtsstreit behauptet der Mieter außerdem, dass er im Jahr 2016 in der gesamten Wohnung neues Laminat verlegt hätte.
Mit Schreiben vom 28.11.2016 erklärte die Vermieterin dem Mieter die ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs für ihren Enkel. Dieser studiere in Berlin Jura und benötige eine Wohnung für die weitere Examensvorbereitung sowie für die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen.
Der Mieter widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 25.01.2017. Er erklärte, dass er 64 Jahre alt und herzkrank sei. Der 70 Jahre alte Vater seiner Lebensgefährtin bewohne eine Unterkunft in einem Seniorenheim in der unmittelbaren Umgebung. Durch die räumliche Nähe werde die Betreuung erheblich erleichtert. Als weiteren Härtegrund machte der Mieter den Verlust seiner erheblichen Investitionen in das Objekt geltend. Aufgrund der angespannten Marktlage sei es auch außerordentlich schwierig, im unmittelbaren Umfeld des Seniorenwohnheims bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Die Vermieterin kündigte erneut mit Schreiben vom 20.07.2017 und unterbreitete gleichzeitig ein Vergleichsangebot. Hierauf reagierte der Mieter mit Schreiben vom 10.08.2017 und erklärte, dass er sich eine Einigung bei Zahlung eines Abstandbetrages in Höhe von 25.000,00 € vorstellen könne. Eine Einigung kam nicht zustande.
Die Entscheidung – Notwendiger Vortrag zum Härtefall bei Kündigung
Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt den Mieter und seine Lebensgefährtin zur Räumung. Zunächst einmal sieht das Amtsgericht den von dem Mieter bestrittenen Eigenbedarf für den Enkel als erwiesen an. Der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung gem. § 574 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Kündigung eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellt, ist nach Ansicht des Gerichts nicht begründet. Die Entscheidung verdeutlicht welchen Vortrag die Gerichte bei einer Kündigung zum Härtefall erwarten.
Soweit der Mieter den Verlust der von ihm getätigten Investitionen geltend machte, verweist das Amtsgericht darauf, dass diese nach der Vereinbarung der Parteien innerhalb von fünf Jahren abgewohnt seien. Ein Verlust der Wohnung sei deshalb keine Härte für den Mieter. Die von dem Mieter behauptete Komplettverlegung mit Laminat in der gesamten Wohnung im Jahr 2016 sei von dem Mieter nicht nachgewiesen worden. Weiterhin sei es auch nicht ersichtlich, dass dem Mieter aufgrund seines Alters oder seiner Krankheit der Umzug unzumutbar wäre. Hiergegen spreche auch, dass der Mieter selber die Bereitschaft erklärte, gegen Zahlung eines Betrages von 25.000,00 € umzuziehen.
Auch seine Behauptung, dass angemessener Ersatzwohnraum nicht zur Verfügung stehe, habe der Mieter nicht nachvollziehbar dargelegt. Die in einem Schriftsatz aufgelisteten Objekte lägen überwiegend nicht im räumlichen Bereich der klägerischen Wohnung. Weiterhin hätte der Mieter nach Ansicht des Gerichtes Aufträge bei verschiedenen Immobilienportalen vorlegen oder aussichtslose Bemühungen eines Maklers vortragen müssen.
Praxistipp – Als Vermieter auf zukünftige Räumung klagen
Es fällt auf, dass nach dem Aktenzeichen des Amtsgerichts die Klage wohl erst nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31.08.2017 eingereicht wurde. Tatsächlich hätte der Vermieter aufgrund der Erklärung des Widerspruchs durch den Mieter mit Schreiben vom 25.01.2017 auf zukünftige Räumung gem. § 259 ZPO klagen können. So kann man als Vermieter die Wartezeit, bis die Wohnung tatsächlich herausgegeben wird, verkürzen.
Mietern wird deswegen geraten, den Härtefallwiderspruch erst kurz vor Ablauf der Frist für den Härtefallwiderspruch zu erklären (es sei denn, der Mieter möchte eine schnellstmögliche Erklärung Frage erreichen). Insbesondere zu dem Härtefallgrund „kein ausreichender angemessener Ersatzwohnraum“ muss der Mieter konkret vortragen. Hier sollte man von Beginn an sämtliche Bemühungen konsequent protokollieren. Läuft der Rechtsstreit erst einmal, ist es ungemein schwierig, ein solches Protokoll aus dem Gedächtnis nachzuholen.
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- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
- Was Sie aus meiner Sicht als Fachanwalt für Mietrecht als Vermieter bei der Geltendmachung von Eigenbedarf beachten sollten, erkläre ich in dem Beitrag Kündigung wegen Eigenbedarf als Vermieter.
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