Wann sind hohe Temperaturen in Gewerberäumen ein Mangel?
Angesichts steigender Temperaturen während der Sommermonate gewinnt die Frage, wann hohe Temperaturen in Gewerberäumen ein Mangel sind, zunehmend an Bedeutung. Damit verbunden ist die Frage, wie der Mieter einen Mangel der Mietsache aufgrund von hohen Temperaturen in den Räumen nachweisen kann. Mit Urteil vom 05.03.2012 hat das Kammergericht Berlin sich hierzu positioniert.
Der Ausgangsstreit – Mieterin mindert die Mieterin wegen zu hohen Temperaturen
Da das Kammergericht in seiner Urteilsbegründung auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Landgerichts verweist, ist der Sachverhalt nur zum Teil bekannt. Das Mietverhältnis der Parteien ist beendet. Die Parteien waren über einen Mietvertrag für Büroräume verbunden. Unter anderem streiten sich die Parteien über die Frage, ob die Mieterin zur Minderung der Miete berechtigt war.
Die Mieterin minderte jeweils von Juni bis August der Jahre 2007 bis 2010 die Miete um 10 % monatlich. Sie begründete die Mietminderung damit, dass sich die Räumlichkeiten in den Sommermonaten tagsüber auf Temperaturen von deutlich oberhalb von 30 °C aufgeheizt hatten. Ihre Mitarbeiter hätten sich beschwert, so die Mieterin. Diese hätten sich auf die Arbeitsstättenverordnung berufen, nach der eine Temperatur von 26 °C nicht überschritten werden darf.
Das Landgericht hatte eine Minderung der Miete abgelehnt.
Die Entscheidung – Wann sind hohe Temperaturen in Gewerberäumen ein Mangel?
Das Kammergericht bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Nach Ansicht des Kammergerichts war die Mieterin nicht zur Minderung der Miete berechtigt. Nach Ansicht des Kammergerichts, ist die Frage, wann hohe Temperaturen in Gewerberäumen ein Mangel sind, anhand der baurechtlichen Normen zur Zeitpunkt der Errichtung zu beantworten.
Notwendiger Vortrag der Mieterin zum Mangel
Nach Ansicht des Kammergerichts hat die Mietern den Mangel „überhöhte Temperaturen in den Büroräumen“ nicht ausreichend begründet und dargelegt. Der Mangel soll darin bestehen, dass der notwendige Abstand zwischen Außen- und Innentemperaturen nicht eingehalten wird. Deshalb sollen sich sich die Räume bei hohen Außentemperaturen zu sehr aufheizen.
Um einen solchen Mangel ausreichend zu beschreiben, hätte die Mieterin ein Temperaturprotokoll führen müssen, in dem die Raumtemperaturen und die korrespondierenden Außentemperaturen aufgeführt sind, so das Kammergericht. Die pauschale Behauptung, in jedem Sommer (von Juni bis August) hätten sich die angemieteten Räume auf Temperaturen von 30°C und mehr aufgeheizt, sei kein ausreichender Vortrag. Schon deshalb müsse die Mieterin die geminderte Miete nachzahlen.
Mangel anhand der baurechtlichen Normen zur Zeitpunkt der Errichtung zu bewerten
Ohne dass dies notwendig war, nimmt das Kammergericht dann aber noch zu der (umstrittenen) Frage Stellung, ob bereits dann ein Mangel vorliegt, wenn in Geschäftsräumen Temperaturen von 26°C regelmäßig überschritten werden.
Nach der Arbeitsstättenverordnung und der diese konkretisierende Arbeitsstättenrichtlinie, sowie der DIN 1946 sollen in Räumen, in denen sich Personen/Arbeitnehmer aufhalten, Temperaturen von 26°C – jedenfalls wenn die Außentemperaturen unter 32°C liegen – nicht überschritten werden. Es ist in Rechtsprechung und Literatur hoch umstritten, ob sich aus diesen Normen Verpflichtungen des Vermieters gegenüber dem Mieter herleiten lassen.
Das Kammergericht erklärt, dass es zu der Ansicht der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe tendiert. Nach diesen Entscheidungen soll es ausreichend sein, dass die Mieträume den baurechtlich zulässigen Zustand zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes einhalten. Hitze durch Sonneneinstrahlung in Gebäuden, die nach dem seinerzeit geltendem Baurecht errichtet sind, sei allgemeines Lebensrisiko des Mieters. Dieser müsste ggf. auf eigene Kosten Abhilfe durch Einbau einer Klimaanlage schaffen. Maßstäbe über die gebotene Innentemperatur könne man nicht aus arbeitsrechtlichen Regelungen zugunsten des Mieters herleiten.
Praxistipp – Mietende sollten Mängel stets gut dokumentieren
Die Frage, wann hohe Temperaturen in Gewerberäumen ein Mangel sind, ist höchst umstritten. Man kann auch argumentieren, dass Vermietende zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zusichern, dass die Räume zur Nutzung für den vereinbarten Mietzweck taugen. Dieser Mietzweck ist im Gewerberaummietrecht die zentrale Regelung, aus der sich insbesondere die Verpflichtungen Vermietender ergeben. Wenn sich aber aus arbeitsrechtlichen Normen ergibt, dass die Räume nicht so nutzbar sind, ist der Mietzweck nicht eingehalten.
In jedem Fall verdeutlicht das Urteil, dass Mietende, die Mängel der Mietsache geltend machen wollen, gut beraten sind, diese umfangreich zu dokumentieren. Um die sehr weitreichenden Anforderungen des Kammergerichts zu erfüllen, müssen Mietende in sämtlichen Räumen Temperaturmessungen durchführen. Die Messmethode muss dabei der Sachverständiger zumindest angenähert sein.
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- Eine andere Ansicht vertritt das OLG Rostock (OLG Rostock, Urteil vom 17.05.2018 – 3 U 78/16).
- Allgemeine Hinweise, was bei der Umsetzung einer Minderung zu beachten ist, finden Sie in dem Beitrag: Richtig die Miete mindern.
- Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Urteil.
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