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Wirksame Indexklausel im Gewerbemietvertrag

  • RA Daryai
  • Gewerberaummietrecht Urteile, Mieten Urteile
Beschluss // Oberlandesgericht Schleswig // 12 U 69/23

Die Parteien eines Mietvertrages können zukünftige Veränderungen der Miethöhe durch die Vereinbarung einer Indexmiete bereits im Mietvertrag festlegen.  Bei einer Indexmiete steigt oder sinkt die Miethöhe mit dem sogenannten Verbraucherpreisindex (VPI). Dieser umfasst die durchschnittliche Preisentwicklung aller zu privaten Konsumzwecken gekauften Waren und Dienstleistungen. Doch wann liegt eine solche wirksame Indexklausel im Gewerbemietvertrag vor? Hierzu hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig mit Beschluss vom 05.02.2024 entschieden.

Der Ausgangsstreit – Indexklausel im Gewerbemietvertrag

Die Parteien sind über einen Gewerbemietvertrag vom 18.01.2017 miteinander verbunden. Der § 3 des Mietvertrages enthält eine Indexklausel mit folgendem Wortlaut:

„Die Parteien vereinbaren eine Anpassung des Mietzinses nach Ablauf eines Vertragsjahres an den Verbraucherpreisindex (VPI); steigt oder fällt dieser, kann die jeweils berechtigte Partei schriftlich entsprechende Mietzinserhöhung oder Senkung verlangen.“

Der Vermieter verlangte, nachdem er die Miete aufgrund der Indexklausel erhöht hatte, von dem Mieter rückständige Miete für die Monate Dezember 2021 bis Juni 2023 und erhob schließlich Klage beim Landgericht Kiel. Dieses gab der Klage ganz überwiegend statt. Der Vermieter könne die rückständige Miete geltend machen. Die der Klage vorangegangenen Erhöhungserklärungen beruhen auf einer wirksamen Indexklausel. Diese berechtige zu wiederkehrenden Mietanpassungen. Der Mieter legte dagegen Berufung ein.

Wirksame Indexklausel im Gewerbemietvertrag

Die Entscheidung – Wann liegt eine wirksame Indexklausel im Gewerbemietvertrag vor?

Die Berufung ist unbegründet, so das OLG. Das Landgericht habe die Indexklausel zutreffend gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend ausgelegt, dass die Miete jeweils nach Ablauf eines Jahres entsprechend der Änderung des VPI angepasst werden soll. Dies solle nach der Klausel nicht automatisch, sondern nur auf Anforderung der jeweils berechtigten Partei erfolgen.

Es sei weiter kein Verstoß gegen § 2 Preisklauselgesetz (PrKG) ersichtlich. Die vereinbarte Klausel lasse nicht nur Mieterhöhungen, sondern auch Mietsenkungen zu und führe auch nicht zu einer überproportionalen Erhöhung (s. § 2 Abs. 3 PrKG).

Auch gegen § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 PrKG verstößt die Klausel laut OLG nicht. Bei der Beurteilung des Inhalts der Klausel kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden an. Der Verwender der Klausel ist gehalten, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dazu gehört, die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen erkennbar zu machen. Es bestehe jedoch laut OLG keine Verpflichtung des Verwenders, jede Klausel mit einem Kommentar zu versehen. Der § 3 des Mietvertrages sei so zu verstehen, dass eine erneute Mietanpassung erst nach einem weiteren Jahr möglich sein dürfte. Die Verwendung des Wortes „jeweils“ in der Klausel wäre überflüssig gewesen, wenn die Parteien nur die einmalige Mietanpassung beabsichtigt hätten.

Der Mieter beanstandete schließlich, dass die Klausel keinen Ausgangswert enthalte, von dem aus sich der Basiswert für die Erhöhung der Miete ermitteln lasse. Da es sich hier jedoch um eine prozentuale Veränderung des Verbraucherpreisindexes handele, sei die Angabe eines Basiswerts nicht erforderlich, so das OLG. Dies zeige schon ein Urteil des Bundesgerichtshofs (s.  BGH, Urteil v. 26.05.2021 – VIII ZR 42/20). Die Angabe des Basisjahrs sei bei einer sogenannten Punkteklausel, nicht aber bei einer Prozenteklausel erforderlich. Die Parteien haben vereinbart mit der Prozenteklausel nicht den VPI nach einem fixen Basisjahr in Bezug zu nehmen, sondern den Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr. Durch die Formulierung, dass die Anpassung „entsprechend“ der Veränderung des VPI erfolge, sei zudem eindeutig, dass es sich bei der Klausel um keine Punkteklausel, sondern um eine Prozenteklausel handele.

Für den Mieter sei erkennbar, wie die Mieterhöhung zu berechnen sei. Es sei der zum Zeitpunkt der Erhöhungserklärung veröffentlichte VPI maßgebend. Aus diesem würden Indexpunkte entnommen und die prozentuale Mietsteigerung errechnet werden. Auch die Ansicht des Mieters, die Formulierung „nach Ablauf eines Vertragsjahres“ sei unverständlich, überzeugt laut OLG nicht. Das Datum für die Berechnung einer möglichen ersten Mietanpassung sei der Beginn des Mietverhältnisses, ohne dass es einer weiteren ausdrücklichen Bestimmung bedürfe.

Unwirksamkeit der Indexklausel nach dem Preisklauselgesetz erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit

Das OLG führt weiter aus, dass selbst wenn ein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz zu bejahen wäre, dies weder zur Unwirksamkeit der Indexklausel noch der darauf gestützten Mietanpassungen führen würde. Denn sofern nichts anderes vereinbart ist, tritt nach § 8 PrKG die Unwirksamkeit einer Indexklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit der Klausel ein. Sowohl Vermietende als auch Mietende können die Klausel daher so lange anwenden, bis ein rechtskräftiges Urteil die Unzulässigkeit bestätigt. Bis dahin ist von der Wirksamkeit der Indexklausel auszugehen.

Schließlich könne sich der Mieter auch nicht auf eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen. Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht klar und verständlich ist. Es könne hier laut OLG offen bleiben, ob die Klausel überhaupt der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB unterliegt oder gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei ist. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheide schon deswegen aus, weil auch kein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz erkennbar ist. Dies bestätigt der BGH in seiner Rechtsprechung. Dass hier weitergehende Maßstäbe angesetzt werden müssten, sei nicht ersichtlich.

Des Weiteren sei noch nicht einmal eindeutig, ob überhaupt eine AGB vorliegt. Denn AGB sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, und die eine Vertragspartei, der Verwender, der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 BGB). Der Mieter habe jedoch nicht vorgetragen, ob die Klausel dazu bestimmt war, mehrfach verwendet zu werden. Auch sei der Vermieter nicht alleiniger Verwender der Klausel, so das OLG

Praxistipp – Problem unterschiedlicher Rechtsfolgen, wenn Indexklausel gemäß § 8 PrKG als auch gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist

Klarheit zum Verhältnis von § 8 PrKG zu § 307 BGB wird es erst geben, wenn der BGH entscheidet. Diese erste bekannte Entscheidung eines OLG ist jedoch insofern erstaunlich, weil die Ausführungen des OLG zu dem Verhältnis für die Entscheidung nicht einmal notwendig waren.

Allgemein Aufschluss über die Indexmiete gibt unser Übersichtsbeitrag. Die Parteien eines Gewerbemietvertrages sollten stets beachten, dass hier nicht das gleiche gilt, wie für die Wohnraummiete. So ist beispielsweise schon der § 557b BGB nicht anwendbar. Stattdessen unterfallen Indexklauseln in der Gewerberaummiete dem Preisklauselgesetz.

Genaueres zur Indexmiete finden Sie im Beitrag Indexmieterhöhung in der Gewerberaummiete. Wenn eine als AGB vereinbarte Indexklausel sowohl gemäß § 8 PrKG als auch gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, stellt sich das Problem unterschiedlicher Rechtsfolgen. So gilt grundsätzlich, dass aufgrund von unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksame AGB von Beginn an unwirksam sind. Danach können Mietende nicht nur der Mieterhöhung widersprechen, sondern auch zu viel gezahlte Miete zurückverlangen. Dagegen folgt aus § 8 PrKG die Unwirksamkeit erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit. Danach müssen Mietende die Unwirksamkeit zunächst durch ein Gericht feststellen lassen und können im Anschluss erst ab dem Zeitpunkt der Feststellung die tatsächlich geschuldete, niedrigere Miete leisten. Welcher Ansicht hier gefolgt werden sollte, ist streitig. Sie sollten sich in diesem Fall rechtsanwaltlich beraten lassen. Aufgrund der besprochenen Entscheidung muss man derzeit empfehlen, zeitnah die Feststellung der Unwirksamkeit durchzusetzen.

Vorsicht bei Klauseln, nach denen die Mietparteien eine Mietanpassung verlangen können! Die Mietanpassung muss in einem schriftformkonformen Nachtrag festgehalten werden. Ansonsten ist die Schriftform des Mietvertrages zerstört (s. BGH, Urteil vom 11.04.2018 – XII ZR 43/17). Die Parteien können den Mietvertrag dann ohne Grund mit einer Frist von 6 bis 9 Monaten kündigen.

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  1. Näheres zur Schriftform in Mietverträgen finden Sie in diesem Beitrag.
  2. Wann ist eine Prüfung des Gewerbemietvertrags vor Abschluss notwendig? Hier erhalten Sie einen Überblick.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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