Wirksame Vereinbarung der Indexmiete
Wenn in Mietverträgen sogenannte Indexklauseln vereinbart sind, ändert sich die Miethöhe mit dem Verbraucherpreisindex für Deutschland. Solche Klauseln finden sich vor allem in Gewerbemietverträgen, genauso aber in Mietverträgen für Wohnungen. In einem Urteil vom 26.05.2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) einige praktische Fragen dazu geklärt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine wirksame Vereinbarung der Indexmiete vorliegt.
Der Ausgangsstreit – Unter welchen Voraussetzungen liegt eine wirksame Vereinbarung der Indexmiete vor?
Die Parteien sind seit dem 01.05.2007 über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden. Zum Zeitpunkt des Mietbeginns betrug die monatliche Nettokaltmiete 900,00 €. In der Anlage des Mietvertrags ist eine Indexmiete gemäß § 557b BGB mit folgender Klausel vereinbart:
„Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex um mindestens 3 %, kann jeder Vertragspartner durch schriftliche Erklärung und unter Angabe der eingetretenen Indexänderung eine Anpassung der Miete um den entsprechenden Prozentsatz verlangen, sofern der Mietzins jeweils mindestens 1 Jahr unverändert bestand (…).“
Mit Schreiben vom 19.12.2017 machte der Vermieter eine Mieterhöhung um 120,00 € pro Monat geltend. Er begründete dies damit, dass sich der Verbraucherpreisindex zwischen dem 01.05.2007 und dem 30.11.2017 erhöht habe. Das entspreche einer Mieterhöhung von 13,5 %. Dem Schreiben fügte er den Verbraucherpreisindex des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg bei. Nachdem der Mieter weiterhin die bisherige Nettokaltmiete von 900,00 € zahlte, erhob der Vermieter Klage auf Zahlung des rückständigen Betrags und einer künftig um 120,00 € erhöhten Miete ab Januar 2019. Mit seiner Widerklage begehrte der Mieter die Feststellung, dass der Kläger nicht berechtigt sei, von ihm eine höhere Miete aufgrund der Indexklausel zu verlangen. Diese sei unwirksam. Das Amtsgericht gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Die vom Mieter eingelegte Berufung wies das Landgericht zurück. Mit der Revision zum BGH verfolgte der Mieter sein Klageabweisungsbegehren sowie sein Widerklagebegehren weiter.
Die Entscheidung – Es handelt sich um wirksame Vereinbarung der Indexmiete, da die Klausel nicht gegen das Transparenzgebot verstößt
Der BGH weist die Revision zurück. Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Vermieter ein Anspruch einer um 120,00 € erhöhten Miete zustehe. Sowohl die Vereinbarung einer Indexmiete gemäß § 557b Abs. 1 BGB als auch die konkrete Mieterhöhungserklärung nach § 557b Abs. 3 BGB seien wirksam.
Mithilfe einer Indexklausel können die Parteien vereinbaren, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland, den Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) bestimmt wird. Dieser misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke erwerben. Das haben die Parteien hier durch Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), gemäß § 305 Abs. 1 BGB getan. Voraussetzung für ihre Wirksamkeit ist, dass sie nicht gegen das Transparenzgebot verstößt. Die Frage, ob es sich um eine Preis(haupt)abrede handelt, wodurch die Prüfung nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB grundsätzlich eingeschränkt wäre, kann hier dahinstehen, da das zur Debatte stehende Transparenzgebot auch bei einer Preis(haupt)abrede (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB) zu prüfen ist.
Gegen eben dieses Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße die von den Parteien vereinbarte AGB-Klausel nicht, so der BGH. Danach sind Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und nachvollziehbar darzustellen, wirtschaftliche Nachteile und Belastungen müssen erkennbar sein. Die AGB sind so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der beidseitigen Interessen verstanden werden.
Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB fordert nicht, dass in der Indexklausel ein Basisjahr angegeben wird
Der BGH ist der Ansicht, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot hier nicht aufgrund dessen vorliege, weil die Angabe eines Basisjahrs fehle.
Die Preisentwicklung im Verbraucherpreisindex wird jeweils als Indexzahl mit Bezug auf ein Basisjahr angegeben. In der Regel alle fünf Jahre wird der Verbraucherpreisindex auf ein neues Basisjahr umgestellt. Dann ersetzen die neu berechneten Ergebnisse die zuvor veröffentlichten Zahlen. Die nach einem alten Basisjahr berechneten Indexreihen verlieren rückwirkend ihre Gültigkeit. Der Wortlaut des § 557b Abs. 1 BGB erfordere in der Indexklausel keine Festlegung auf ein Basisjahr, so der BGH. Zudem gehe die Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Geltung einer Indexmiete dahin, mit der Prozenteklausel nicht den Verbraucherpreisindex nach einem fixen Basisjahr heranzuziehen, sondern den Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr.
Selbst ein in der Vereinbarung einer Indexmiete genanntes Basisjahr wäre daher für die Berechnung der Mietänderung unerheblich, wenn der Verbraucherpreisindex für Deutschland zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung bereits auf ein neues Basisjahr umgestellt wurde. Für den Mieter sei aufgrund der Bezugnahme der Parteien auf den aktuellen Verbraucherpreisindex auch ohne ausdrückliche Angabe des Basisjahrs erkennbar, wie die Mieterhöhung zu berechnen sei. Hier war der zum Zeitpunkt der Erhöhungserklärung vom 19.12.2017 veröffentlichte Verbraucherpreisindex maßgebend. Anhand diesem wird der gesamte Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017 berechnet. Alte (2007 geltende) VPI-Zahlen seien nicht mehr mit den neuen vergleichbar und könnten daher auch nicht herangezogen werden, so der BGH.
Das Transparenzgebot verlangt nicht, dass sämtliche Rechte der Vertragsparteien vollständig oder ausdrücklich geregelt werden
Des Weiteren sei die Indexklausel auch nicht deshalb intransparent, weil in ihr der Anknüpfungspunkt der Wartefrist des § 557b Abs. 2 Satz 1 BGB nicht genannt ist. Danach muss die Miete während der Geltung einer Indexmiete, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB einmal abgesehen, mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Eine Angabe des Beginns der Wartefrist sei nicht notwendig, so der BGH. Denn bei der Wartefrist handele es sich um eine gesetzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der konkreten Änderungserklärung, nicht jedoch um eine Voraussetzung für die eigentliche Vereinbarung einer Indexmiete gemäß § 557b Abs. 1 BGB. Das Transparenzgebot verlange nicht, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrags folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln.
Der BGH führt weiter aus, dass auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot bestehe, weil nicht angegeben wurde, ob sich die Anpassung der Miete nach dem Jahres- oder dem Monatsverbraucherpreisindex ändere. Eine eindeutige Auslegung ergebe hier den Monatsverbraucherpreisindex, da auch die Mietzahlungen monatlich entrichtet werden. Gleiches gelte für die Tatsache, dass nicht ausdrücklich angegeben sei, ob sich die Bruttomiete oder die Nettokaltmiete ändere. Da hier eine Nettokaltmiete mit abzurechnenden Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart wurde, sei auch lediglich die Nettokaltmiete von der Indexierung erfasst. Die Betriebskostenvorauszahlungen würden nicht an der Änderung nach dem Index teilnehmen, so der BGH.
Schließlich sei unerheblich, dass der Vermieter den falschen Index beigefügt habe. Dieser hatte den Index vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, nicht den Verbraucherpreisindex für Deutschland angefügt. Für den Mieter sei jedoch anhand der Klausel klar erkennbar gewesen, dass der Verbraucherpreisindex für Deutschland gemeint war.
Praxistipp – Das Urteil klärt wichtige Fragen, auch für die Gewerbemiete
Das Urteil wurde von dem für Wohnraummietrecht zuständigen Senat des BGH zu Indexklauseln gefällt. Ob dies genau so auch von dem für Gewerberaum zuständigen Senat entschieden werden wird, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich lassen sich aber die praktischen Fragen, die in dem Urteil abschließend geklärt wurden, auf die Gewerbemiete übertragen. Hier wird man jedoch gegebenenfalls auch gegen das Urteil argumentieren müssen. Außerdem noch nicht durch den BGH geklärt ist die Frage von Leistungsvorbehaltsklauseln (in Gewerberaummietverträgen) mit einer Indexveränderung als Erhöhungsmaßstab. Also ob eine solche Leistungsvorbehaltsklausel auch eine Herabsetzung der Miete vorsehen muss.
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- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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