Zulässige Miethöhe eines möblierten WG-Zimmers
Die Vermietung an eine Wohngemeinschaft (WG) kann auf unterschiedliche Art erfolgen. Früher haben Vermietende im Regelfall die gesamte Wohnung an einen oder mehrere Mietende vermietet. Eine andere Möglichkeit ist es, jeweils einzelne Zimmer der Wohnung mit einem eigenen Mietvertrag an einen Mieter zu vermieten. Auch in diesen Fällen müssen sich die Vermietenden an die Vorschriften der §§ 556d ff. BGB (Mietpreisbremse) halten. Doch wie bestimmt sich die zulässige Miethöhe eines möblierten WG-Zimmers? Wie muss die Möblierung im Mietvertrag festgehalten sein? Hierzu hat das Landgericht (LG) Berlin entschieden.
Der Ausgangsstreit – Mieter rügt Verstoß gegen die Berliner Mietpreisbremse
Die Parteien sind über einen Mietvertrag für ein Zimmer in einer WG miteinander verbunden. In der Wohnung befinden sich weitere Zimmer mit fünf weiteren WG-Mitbewohnern. Das Zimmer des Mieters wurde einzeln an ihn vermietet. Der Mieter rügte einen Verstoß der Miethöhe gegen die Berliner Mietpreisbremse und erhob schließlich Klage. Das Amtsgericht Kreuzberg verurteilte die Vermieterin daraufhin zur Rückzahlung überzahlter Miete. Von der monatlich gezahlten 429,00 € Nettokaltmiete seien lediglich 181,14 € geschuldet gewesen.
Die Vermieterin legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein.
Die Entscheidung – Was gilt nach der Berliner Mietpreisbremse für die zulässige Miethöhe eines möblierten WG-Zimmers?
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Amtsgericht habe die zulässige Höchstmiete im Ergebnis zutreffend ermittelt. Diese ergebe sich gemäß § 556d Abs. 1 BGB aus der nach dem Berliner Mietspiegel 2021 berechneten ortsüblichen Vergleichsmiete. Das LG widerspricht jedoch der Annahme des Amtsgerichts, dass sich das Mietverhältnis auf ein „möbliertes Zimmer“ innerhalb der von sechs Personen bewohnten Wohnung beziehe.
Tatsächliche Möblierung ist nicht maßgeblich für die Einordnung als möblierte Vermietung
Eine möblierte Vermietung liege nur dann vor, wenn Vermietende die Möblierung als vertragsgemäßen Zustand schulden; wenn sie also für deren Instandhaltung und Instandsetzung verantwortlich sind. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben, so das LG. Die Möbel seien im Vertragstext nur beispielhaft mit anschließendem etc. erwähnt („mögliche Möbel“). Sie sollen nur „sofern vorhanden“ „Inhalte der Mietsache sein“. Ob vertragliche Pflichten bestehen oder nicht, müsse aber konkret vereinbart sein. Sie müssen inhaltlich bestimmt vereinbart werden. Nur so könne beurteilt werden, ob das, was tatsächlich vorhanden ist, vertragsgemäß sei. Wenn Parteien dagegen bei Vertragsschluss offenlassen, ob den Mietenden außer der Nutzungsbefugnis auch bewegliche Gegenstände überlassen werden und wenn (noch) nicht vorhandene Möbel auch nicht von den Vermietenden zur Verfügung gestellt werden müssen, könne von den Mietenden nicht verlangt werden, die Miete auch für solche „etwaigen“ Gegenstände zu zahlen. Denn hierfür müsste eine ausreichende Konkretisierung der gemeinten Gegenstände ermittelbar sein, so das LG.
Maßgeblich sei also nicht, welche Gegenstände zur Zeit des Vertragsschlusses rein tatsächlich in der Mietsache vorhanden waren. Was im vorliegenden Fall tatsächlich vorhanden war, sei weder bestimmt noch angedeutet noch aus dem Vertragstext ermittelbar. Rechtsgeschäftlich bindende Erklärungen für eine Leistung, die aus „irgendetwas“ bestehen soll, seien laut LG nicht möglich. Die konkrete Möblierung sei nicht Inhalt des Mietverhältnisses geworden. Der Zuschlag auf die Miete für die Möblierung sei nicht rechtmäßig. Außerdem gehöre die Mietsache nicht zum eigenständigen Teilmarkt für „möblierte WG-Zimmer“ außerhalb der im Berliner Mietspiegel versammelten Daten für die ortsübliche Vergleichsmiete.
Da es sich vorliegend um Wohnraum im Sinne von § 556d Abs. 1 BGB handele, seien die Vorschriften der Berliner Mietpreisbremse anzuwenden. Das LG bestätigt an dieser Stelle deren Wirksamkeit. Auch deren Begründung sei rechtzeitig veröffentlicht worden, wie ein Urteil des BGH zeigt.
Anteil an der Gemeinschaftsfläche bestimmt sich nach Anzahl der Nutzenden
Das Amtsgericht habe auf Grundlage dessen zutreffend den Berliner Mietspiegel 2021 angewendet. Das Merkmal der Merkmalgruppe 5, „Bevorzugte Citylage“, liege hier jedoch nicht wohnwerterhöhend vor. Bevorzugte Citylage bedeute, dass die Wohnung in einem zentral gelegenen Teilraum der Großstadt Berlin liegen muss, welcher eine über die typische Infrastruktur eines Wohngebiets hinausgehende Bedeutung und Anziehungskraft ausübe. Etwa auch für Besucher und Touristen, so das LG. Dafür sei schon ein rein räumlich enger Bezug zu einem Zentrum Berlins erforderlich. An diesem fehle es, wenn ein zentraler Punkt der Stadt (Bspw. Unter den Linden/Alexanderplatz oder Kurfürstendamm/Breitscheidplatz) in einer größeren Entfernung als 2 km liege (s. Landgericht Berlin beschreibt bevorzugte Citylage). Dies sei hier der Fall.
Die für die ortsübliche Vergleichsmiete zu berücksichtigende Fläche sei laut LG die im Mietvertrag ausgewiesene Fläche von 22,62 m². Die Forderung der Vermieterin, trotz der insgesamt sechs Bewohner der WG im Fall des Mieters einen Anteil von 50 % der Gemeinschaftsflächen zu berücksichtigen, sei der Versuch einer wirtschaftlichen Verdreifachung der Gemeinschaftsfläche. Dieser überzeuge nicht. Denn damit müssten sechs Nutzer sich jeweils 50 % der Gemeinschaftsfläche kalkulatorisch zuschreiben lassen. Im Falle der Vermietung derselben Wohnung an eine 6-köpfige Familie können selbstverständlich ebenfalls nicht 300 % der vorhandenen Gemeinschaftsflächen genutzt und vergütet werden. Bei der Vermietung einzelner Räume an Einzelpersonen ohne familiäres Näheverhältnis entstehe zudem keine bessere oder weitergehende Nutzungsmöglichkeit der Flächen als bei einer Familie. Eher im Gegenteil.
Das LG erklärt, dass bei der Vermietung von Zimmern einer Wohnung an einzelne WG-Mitbewohner durch jeweils eigenständige Verträge im Regelfall die Gemeinschaftsflächen der Wohnung mit dem Anteil zugerechnet werden, welcher der Anzahl der insgesamt in der Wohnung vorhandenen Zimmer entspricht. Hier also ein Sechstel.
Praxistipp – Lassen Sie sich rechtsanwaltlich beraten, wie sie am besten an eine WG vermieten
Die Vermietung an Wohngemeinschaften ist heutzutage gerade in Großstädten keine Seltenheit mehr. Daraus folgen Rechtsstreitigkeiten sowie Fragen, welche Art der Vermietung in diesen Fällen gewählt werden sollte. So können WG-Zimmer beispielsweise, wie hier, einzeln an einzelne Mietende vermietet werden. Oder aber die Wohnung wird mit nur einem Mietvertrag an mehrere Personen auf Mieterseite vermietet. Schließlich kann die Wohnung auch an einen oder mehrere Hauptmietende vermietet werden und diese vermieten wiederum einzelne Zimmer an Untermietende. Zu der Frage, was für Ihre Wohnung die beste Möglichkeit ist, können wir Sie sehr gerne rechtsanwaltlich beraten.
Mietende und Vermietende sollten weiter beachten, dass die zulässige Miethöhe von WG-Zimmern von den Gerichten bisher nicht einheitlich entschieden wird. So hat beispielsweise das Amtsgericht Stuttgart in Bezug darauf, welcher Anteil der Gemeinschaftsflächen bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete hinzugezogen werden soll, anders entschieden als hier das LG Berlin .Die Ansicht des LG Berlin ist wohl die überzeugendere. Mietende und Vermietende sollten sich bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete jedoch möglichst rechtsanwaltlich beraten lassen, da diese im Einzelfall nicht immer leicht zu ermitteln ist.
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- Das Landgericht Gießen hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Vermieterin die Mieterhöhung für ein WG-Zimmer anhand von Einzimmerwohnungen als Vergleichswohnungen begründen wollte.
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